Zusammenfassung
Bodyhacking ist ein Phänomen, das verstanden werden muss, und ein Trend, der immer mehr Bereiche erfasst. Der vorliegende Beitrag liefert zunächst einen Überblick über die zentralen Begriffe, die im Umfeld von Biohacking und Bodyhacking eine Rolle spielen, und thematisiert ausgewählte Beispiele. Es wird deutlich, wie die Konzepte zusammenhängen und dass andersartige Informationssysteme entstehen. Auf dieser Grundlage findet eine kurzgefasste philosophische und speziell ethische Diskussion zu Bodyhacking statt. Dabei wird nach der Verantwortung der Wirtschaftsinformatik gefragt, die in diesem Bereich involviert sein kann und sich bisher anderen soziotechnischen Systemen gewidmet hat. Zusammenfassung und Ausblick bilden den Schlusspunkt. Es zeigt sich, dass Bodyhacking Chancen mit sich bringt. So vermag es überkommene Konventionen aufzubrechen und eine neue Sicht auf den Körper und seine Umwelt zu verschaffen, wovon auch die Wirtschaftsinformatik profitieren kann. Es birgt freilich ebenso Risiken moralischer und gesundheitlicher Art.
Überarbeiteter Beitrag basierend auf dem Artikel „Überlegungen zu Bio- und Bodyhacking“ von Oliver Bendel, HMD Heft 333, Stefan Reinheimer, Kristin Weber (Hrsg.): Faktor Mensch, Juni 2020, S. 480–492.
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Notes
- 1.
Bodyhacking wird als eine Do-it-yourself-Bewegung angesehen. Aber was bedeutet Do-it-yourself überhaupt? Es kann sich auf den Bau von Geräten beziehen, zudem auf die individuelle Anpassung und den individuellen Gebrauch der Geräte. Deshalb wird das nächste Kapitel, in dem Beispiele gegeben werden, nicht zu streng in dieser Hinsicht sein. Auch moderne Prothesen und intelligente Kontaktlinsen werden erwähnt.
- 2.
Insbesondere werden NFC-Chips implantiert. Auch das Aufbringen von 2D-Codes auf die Haut ist üblich – zumindest legen das die vielen Bilder im Internet nahe –, und in Zukunft vielleicht das Zeichnen von Schaltkreisen.
- 3.
Es kann hinzugefügt werden, dass es DIY-Projekte für einfachere Prothesen gibt, zum Beispiel in Ländern mit einem schwachen Gesundheitssystem. 3D-Drucker spielen hier eine Rolle.
- 4.
Man kann wiederum diskutieren, ob diese Verfahren dem Bodyhacking zuzurechnen sind. Es fällt auf, dass Elon Musk an einer Vereinfachung des Eingriffs interessiert ist, und er hat einen autonomen Roboter geschaffen, der ihn vornehmen kann. Es ist durchaus nicht unrealistisch, dass auch DIY-Bewegungen eines Tages einen solchen einsetzen werden.
- 5.
Man kann darüber streiten, ob es sich dabei um Bodyhacking im engeren Sinne handelt. Die Chips werden bei Tieren in der Regel von Ärzten oder Experten platziert. Kaum jemand experimentiert zurzeit mit seiner Katze oder seinem Hund. Animal Enhancement ist sicherlich betroffen, und die Chips scheinen sowohl dem Tier als auch dem Menschen zu nützen. Grundsätzlich muss man sehen, dass Bodyhacking in Zukunft durchaus auf Tiere ausgedehnt werden könnte. Die Bereitschaft, mit eigenen und anderen Tieren etwas auszuprobieren, könnte zunehmen, insbesondere wenn man Vorteile für das Tier oder für sich selbst erwartet.
- 6.
Intelligente Kontaktlinsen oder Datenlinsen werden kaum von einer Gruppe von Laien hergestellt. Aber diese können sie in der gewünschten Größe oder im gewünschten Design bestellen, sie einfärben und modifizieren, sie auf bestimmte Weise verwenden und mit Brillen und Gadgets kombinieren.
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Bendel, O. (2022). Bodyhacking als Phänomen und Trend. In: Weber, K., Reinheimer, S. (eds) Faktor Mensch. Edition HMD. Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34524-2_9
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