Der Aufstieg von arXiv: Netzwerkeffekte und wissenschaftliche Kommunikation

Zusammenfassung

Arianna Borrelli wendet sich in ihrem Beitrag Selbsthistorisierungen wissenschaftlicher Akteure zu und stösst dabei auf die Paradoxie, dass hier eine computerbasierte Utopie wissenschaftlicher Kommunikation formuliert wurde, die sich selbst als „Archiv“ beschreibt. ArXiv bietet freien und kostenlosen Zugang zu Artikeln, die von den Autorinnen und Autoren selbst hochgeladen werden. Erkenntnisse können schnell veröffentlicht werden, weil kein Peer Review stattgefunden hat. In den Begleittexten zu ArXiv entdeckt Borrelli ein Selbstbild, das den Austausch in der Wissenschaft technisch idealisiert, indem es eine Utopie beschwört und ihre Verwirklichung als moralischen Imperativ darstellt. ArXiV wird seit 1991 in der Physik, Mathematik, Informatik und in einigen Bereichen der Biologie, der Ingenieurwissenschaften und des Finanzwesens genutzt, um Forschungsergebnisse zu zirkulieren und Netzwerkeffekte anzuregen. Seit Jahrzehnten mobilisieren die Betreiber ein Gegenbild: die elitäre Fachzeitschrift. „ArXiv scheint die technologische Utopie eines kostenlosen, globalen, transparenten und demokratischen Wissensaustausches zu verkörpern, die bereits in den 1960er- und ‘70er-Jahren mit dem Aufkommen von Computern in Verbindung stand.“ Borrellis Analyse fokussiert auf die Begründungen, die den Betrieb von ArXiv und einer Vielzahl früherer analoger und digitaler Preprint-Verteiler seit mittlerweile fünfzig Jahren begleiten. Die Beschwörungen des Epochemachenden, so Borrelli, verengen dabei den Reflexionsraum wissenschaftlicher Kommunikation. Borrelli kritisiert abschliessend, dass ArXiv 2004 Änderungen eingeführt hat, die etablierte Gruppen und Forschungsrichtungen bevorzugen und die zwischen wissenschaftlichen und unwissenschaftlichen Beiträgen unterscheiden.