Skip to main content

Soziales Handeln in Rollen und Institutionen

  • Chapter
  • First Online:
Soziologische Handlungstheorie
  • 5487 Accesses

Zusammenfassung

Talcott Parsons hat, aufbauend auf den soziologischen Klassikern Max Weber und Emile Durkheim, die voluntaristische Handlungstheorie entwickelt und in den 1950er Jahren zu der strukturell-funktionalen Theorie ausgebaut. Kulturell verankerte Normen und Werte sind sozial durch Rollen institutionalisiert und in der Persönlichkeit internalisiert. Etwas früher als Parsons hat George Herbert Mead eine Theorie der symbolvermittelten Interaktion und der Identitätsbildung ausgearbeitet, die durch die kreative Komponente des Individuums populär wurde. Der Neo-Institutionalismus versteht sich als Nachfolger des alten Institutionalismus von Parsons und ist insbesondere in der Organisationsforschung erfolgreich angewendet worden.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 34.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 44.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Zur Geschichte der Rollentheorie vgl. Wiswede (1977). Wir werden uns im nachfolgenden Text auf einen Auszug aus Lintons „The Cultural Background of Personality“ (1973) in deutscher Übersetzung beziehen.

  2. 2.

    Vorlesungsmitschriften von 1927 und 1930 wurden 1934 nach dem Tode Meads von dessen Schüler C.W. Morris publiziert: Mead (1978).

  3. 3.

    In seiner Auswertung von Daten zum französischen Bildungssystem zeigt Boudon folgenden paradoxen Effekt auf: Selbst unter der Annahme einer rein meritokratischen Gesellschaftsform führt die Zunahme von höheren Bildungsabschlüssen nicht dazu, dass mehr Kinder aus unteren sozialen Schichten in höhere Positionen aufsteigen (Boudon 1979, S. 85). Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass die Zunahme von höheren Ausbildungsabschlüssen nicht mit einer Vermehrung höherer Berufspositionen einherging.

  4. 4.

    Diese Merkmale werden später von Parsons zu den Pattern Variables weiterentwickelt: „diffus versus spezifisch“, „affektiv versus affektiv neutral“, „partikularistisch versus universalistisch“, „qualitativ versus performativ“ und „selbstorientiert versus kollektivorientiert“ (Miebach, 1984, S. 172–184).

  5. 5.

    Nach Dahrendorf beruht die Verbindlichkeit der Rollenerwartungen auf der Art der Sanktionen, die bei der Verletzung der Rollenerwartungen zu befürchten sind (1974, S. 35–42).

  6. 6.

    Zusammenfassungen dieser Studie finden sich in Wiswede (1977) und Claessens (1974).

  7. 7.

    Wie Joas herausstellt, beruft sich Tenbruck in seiner Argumentation primär auf Parsons. Der Vorwurf, dass Tenbrucks Position „ein orthodoxer Parsonianismus“ (Joas, 1981, S. 151) sei, ist allerdings übertrieben, da Tenbruck bereits wichtige Elemente der sich später entwickelnden interaktionistischen Rollentheorie vorwegnimmt.

  8. 8.

    Der Begriff Leitdifferenz wird hier nicht wie bei Luhmann als Unterscheidung innerhalb einer Theorie, sondern als zentrales Unterscheidungskriterium zur Darstellung unterschiedlicher Handlungstheorien verwendet. Die Informationen, die durch die Leitdifferenz gesteuert werden, beziehen sich nicht auf soziale Objekte, sondern auf unterschiedliche soziologische Modelle. Damit handelt es sich um eine Leitdifferenz auf der Ebene der Metatheorie.

  9. 9.

    In Klammern werden die englischen Originalbegriffe aus Mead 1962 angegeben, weil in den deutschen Texten die Originalbegriffe unterschiedlich übersetzt werden.

  10. 10.

    Der wichtigste Vertreter der Analogie zwischen biologischem Organismus und Gesellschaft ist Herbert Spencer (1820–1906). Ein kurzer Überblick über Spencers Werk findet sich z. B. in Kiss (1977, S. 253–294).

  11. 11.

    Die klassische Studie von Piaget (1979) zur Moralentwicklung von Kindern wurde von Kohlberg (1977) erweitert. Veith (1996) enthält einen Überblick über den Stand der Sozialisationsforschung.

  12. 12.

    Der Ausdruck „Ablösbarkeit“ wird von Berger und Luckmann (1982, S. 39) übernommen, wo er zusammen mit dem Begriff der „Objektivation“ einen wichtigen Stellenwert in dem Paradigma der Wissenssoziologie einnimmt (Abschn. 5.1).

  13. 13.

    Die Theorie des Behaviorismus ist eine Verallgemeinerung des elementaren Reiz-Reaktions-Schemas (Skinner 1978). Meads Sozialbehaviorismus unterscheidet sich vom Behaviorismus vor allem durch den Einbezug von handlungsleitendem Sinn, der auf der Übernahme der Haltungen anderer beruht.

  14. 14.

    Die deutschen Übersetzungen von „Me“ sind unterschiedlich. Die hier zitierte Ausgabe von Meads Hauptwerk verwendet „ICH“ mit Großbuchstaben.

  15. 15.

    Dieses Modell könnte auch als Handlungsmodell bezeichnet werden, da es soziales Handeln in Situationen beschreibt. In der Tradition Webers ist der Begriff im strengen Sinne auf Modelle bezogen, die sich nur auf den Akteur und nicht auf Handlungsketten eines Akteurs mit anderen beziehen. Daher bevorzugen wir hier den Begriff der Interaktion. Wie Joas betont, verfügt Mead über ein Handlungsmodell im strengen Sinne, das sich aus den folgenden vier Komponenten zusammensetzt: „Handlung besteht demnach aus den Stadien des Handlungsimpulses, der Wahrnehmung, der Manipulation und der bedürfnisbefriedigenden Handlungsvollendung (‚consummation‘)“ (Joas, 1980, S. 146).

  16. 16.

    Das „I“ wird in der deutschen Ausgabe mit „Ich“ übersetzt.

  17. 17.

    Eine genauere Darstellung der phänomenologischen Soziologie von Alfred Schütz sowie deren methodischer Umsetzung durch die Ethnomethodologie findet sich in Abschn. 3.2.

  18. 18.

    Der Begriff des alten Institutionalismus wurde erst durch den Neo-Institutionalismus kreiert. Parsons verwendete den Begriff Institutionalismus zur Bezeichnung seiner Theorie nicht. Stattdessen spricht er von strukturell-funktionaler Theorie und funktionaler Analyse.

  19. 19.

    Diese ökonomische Grundannahme wird einige Jahrzehnte später mit der Rational Choice Theorie als soziologisches Paradigma weiterentwickelt (Abschn. 6.3).

  20. 20.

    Parsons‘ theoretische Orientierung und sein komplizierter Sprachstil haben ihm bei seinen amerikanischen Kollegen den Ruf eingebracht, weniger ein amerikanischer als ein europäischer Soziologe zu sein. Hinzu kam, dass Parsons in Heidelberg 1927 promoviert hat, wodurch er seine Nähe zur europäischen Theorietradition auch biografisch dokumentiert hat (Schluchter, 1980, S. 9).

  21. 21.

    Nach Whitehead bedeutet eine solche Gleichsetzung den Reifikationsfehler der „fallacy of misplaced concreteness“ (1967, S. 51). Die eleganteste Formulierung hat Luhmann (1984, S. 16) gefunden, indem er den Satz „es gibt Systeme“ so interpretiert, wie es dem analytischen Realismus entspricht. Das komplette Zitat findet sich in Abschn. 1.1.1.

  22. 22.

    Parsons verwendet in diesem Artikel noch den Begriff „Institutionen“, den er später durch den Begriff „Institutionalisierung“ ersetzt (Abschn. 2.3.2). Der Begriff Institutionalisierung wird im weiteren Text zur Abgrenzung von dem allgemeineren Begriff Institution verwendet.

  23. 23.

    Der Begriff „legitim“ bedeutet eine allgemeine Akzeptanz des normativen Musters als gerechtfertigte soziale Ordnung.

  24. 24.

    In welchem Ausmaß die Bevölkerung von der Familie solche Funktionen erwartet und wie die Familie sie ausfüllt, ist Gegenstand der Familiensoziologie (Hill & Kopp, 1995).

  25. 25.

    In der amerikanischen Soziologie hat Kenneth D. Bailey (1994) mit der „Social Entropy Theory“ eine alternative soziologische Systemtheorie entwickelt, die auf der „Living Systems Theory“ des Psychologen James G. Miller aufbaut. Trotz des unterschiedlichen theoretischen Bezugsrahmens stellt nach Bailey die Theorie autopoietischer Systeme Luhmanns eine wertvolle und hochentwickelte („valuable and sophisticated“) Theorie sozialer Autopoiesis dar (1994, S. 317).

  26. 26.

    Parsons hat 1951 zusammen mit seinem Kollegen Edward Shils eine generelle Handlungstheorie entworfen, wo beide Autoren mit den Dimensionen „kognitiv“, „kathektisch“ und „evaluativ“ die motivationalen Orientierungen der Akteure klassifizieren (Parsons & Shils, 1976, S. 67–71; Miebach, 1984, S. 176–7). Es ist Parsons allerdings nicht gelungen, sich mit diesem allgemeinen Theorieansatz durchzusetzen. Stattdessen wurde (und wird) seine Theorie mit dem systemtheoretischen Vier-Funktionen-Paradigma identifiziert.

  27. 27.

    Einen Überblick zur Entwicklung des Neo-Institutionalismus geben Brinton und Nee (1998), Krücken (2002), Hasse und Krücken (2005b), Maurer und Schmid (2002), Senge und Hellman (2006) und Walgenbach (2002). Das Thema des Institutionalismus hat sich mittlerweile als ein zentrales Thema in Soziologie, Wirtschaftswissenschaft und Politikwissenschaft etabliert (Abschn. 2.3.5).

  28. 28.

    Walgenbach stellt 25 Jahre nach Erscheinen des Artikels von J.W. Meyer und Rowan fest, dass die Entkopplung des technisch-operativen Bereichs von den institutionellen Elementen „ein bisher wenig untersuchter Bereich“ ist, der weiterhin „konzeptionelle Probleme“ aufweist (2002, S. 193).

  29. 29.

    Diesen wichtigen Aspekt des organisationalen Lernens hat als erster Hedberg (1981) mit der Betonung des Verlernens („unlearn“) herausgearbeitet.

  30. 30.

    Diese Argumentation ist konträr zu Luhmanns These, dass persönliche Beziehungen und Vertrauen besser im Bezugsrahmen der Systemtheorie zu erklären sind als mit der Rational-Choice-Theorie (Abschn. 4.2.6).

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Bernhard Miebach .

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2022 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Miebach, B. (2022). Soziales Handeln in Rollen und Institutionen. In: Soziologische Handlungstheorie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34422-1_2

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-34422-1_2

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-34421-4

  • Online ISBN: 978-3-658-34422-1

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics