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Image editing und image building. Zur Rolle der Bearbeitung von Bildporträts bei der Vermittlung biografischen Wissens am Beispiel von Darstellungen zu Leben und Werk der Amalie Dietrich

Image Editing and Image Building. On the Role of Editing Image Portraits in Conveying Biographical Knowledge Using the Example of Depictions of the Life and Work of Amalie Dietrich

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Eine Naturforscherin zwischen Fake, Fakt und Fiktion

Zusammenfassung

Die Bebilderungen, die den zahlreichen Texten über Amalie Dietrich beigegeben werden, stehen in enger Verbindung mit den pädagogischen Absichten der Texte und den vielfältigen, auch gegenteiligen Vereinnahmungen. Die an authentischen Vorlagen ausgerichteten Gesichtsporträts bedienen sich zu diesem Zwecke klassischer Verfahren des image editing, wie dem Zuschnitt, der Retusche, der Vignettierung oder Kolorierung. Bei den frei gestalteten Handlungsporträts lassen sich durch die Rekonstruktion der Bildstruktur und durch den Vergleich mit dem umgebenden Text Entsprechungen, aber auch Spannungen zu den Textintentionen nachweisen. Die Nutzung der Biografie der Amalie Dietrich, als positives Vorbild wie auch als abschreckendes Beispiel fragwürdigen Verhaltens, baut ein Image der Person auf, das sich nicht auf den verbalen Diskurs beschränkt, sondern stärker als gewöhnlich wahrgenommen von Bildern und ihrer Bearbeitung bestimmt ist.

Abstract

Illustrations as part of numerous texts about Amalie Dietrich are closely linked with educational purposes and various appropriations. Face portraits based on authentic photographs are edited with the help of cuts, retouches, vignetting or colouring. By reconstructing content and structure of illustrations showing the naturalist in action und by comparing them with the surrounding text, it is possible to show whether the pictures are in accordance to the texts intentions or whether they contain alternative interpretations. The analysis of portraits of Amalie Dietrich indicates that the building of her image, whether idealizing or demonizing her life and work, is achieved not only by verbal discourse, but also with the help of images and their editing.

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Notes

  1. 1.

    Zur Relevanz der Bildwissenschaft für die Erziehungswissenschaft vgl. Schäffer (2005) und Nolda (2011).

  2. 2.

    Quelle: Bischoff (1909), Frontispiz und Titelblatt.

  3. 3.

    Durch den Wechsel des Mediums von der Fotografie zur Zeichnung handelt es sich bei einigen der Bilder um die interpiktoriale Praktik der Transposition (vgl. Isekenmeier, 2013, S. 64).

  4. 4.

    So auch populäre Darstellungen zur Körpersprache (vgl. etwa Wirth, 2008).

  5. 5.

    Diese Empfehlung wird auch von Wirth (1980, S. 33) aufgegriffen, allerdings geschlechtsübergreifend formuliert.

  6. 6.

    Im Bericht einer australischen Studentin zitiert diese die ehemalige Leiterin der Kindertagesstätte: „Concerned that the children might find her appearance somewhat stern Frau Bärsch asked that the artist make her look a bit friendlier” (McPherson, 2009, S. 8).

  7. 7.

    Vgl. auch den Beitrag von Jens Oliver Krüger in diesem Band.

  8. 8.

    Die asymmetrische Anordnung des geraden Kragens suggeriert eine sportliche Lässigkeit, die der Originalvorlage fehlt.

  9. 9.

    Siehe zur Auseinandersetzung mit dem Graffiti auch den Beitrag von Jens Oliver Krüger in diesem Band.

  10. 10.

    Es handelt sich dabei um die Technik des photo blending, wobei zwei oder mehrere Fotos als Ebenen mit reduzierter Opazität übereinandergelegt werden.

  11. 11.

    Das Verfahren entspricht dem Trailer zur Krimi-Fernsehserie „Tatort“, wo zunächst ein umherblickendes Augenpaar zu sehen ist, dass als vergrößerter Ausschnitt bedrohlich wirkt. Eine weiterreichende Interpretation des Vorspanns sieht in dem Bild im Anschluss an Levinas eine „tiefgreifende Verunsicherung und Herausforderung des eigenen Daseins“ (Eilenberger, 2014, S. 46).

  12. 12.

    Der gleiche Effekt einer Kriminalisierung kann auch sehr viel einfacher erreicht werden: In der Illustration eines Artikels zur Dämonisierung von Amalie Dietrich (vgl. Sumner, 2019) ist lediglich das Originalbild mit einem Zusatz versehen worden, der aus dem Portrait einen mug shot macht. Im unteren Bereich des Portraits ist nämlich in gut lesbarer altertümlicher Plakatschrift der Name Amalie Dietrich angebracht – so wie man es in Verbrecherkarteien zu tun pflegt(e).

  13. 13.

    In der Biografie werden die ohne biblischen Kontext (Offenb. 2, 10) unverständlichen Worte der sterbenden Amalie Dietrich wiedergegeben („Mutter! – Mutter! – Wer überwindet – Krone – des Lebens. – Nun darf ich doch – zu dir kommen!“ (Bischoff, 1980, S. 360), die darauf schließen lassen, dass Amalie Dietrich an Auferstehung glaubte. Auch in dem von ihr überlieferten Spruch „Besser ein schweres Leben als ein leeres Leben“, der an der Stelle ihres Vaterhauses in Siebenlehn angebracht ist und mit dem von der Stadt Leer für eine touristische Veranstaltung unter Leitung einer als Amalie Dietrich verkleideten Führerin geworben wird (vgl. Stiftung Het Tuinpad Op/In Nachbars Garten o. J.), sind biblische Anklänge erkennbar (Psalm 90, 10) – Spuren einer religiösen Erziehung durch Schule und Kirche, wie sie für die Zeit typisch sind.

  14. 14.

    Die Silhouette der Originalvorlage ist mit dünnen, die Silhouetten der Bearbeitungen sind mit dicken Strichen kenntlich gemacht.

  15. 15.

    Quellen: Abb. 2: Petzsch (1948, S. 478); Abb. 3: Uhlmann (1956, S. 323).

  16. 16.

    Quelle: Sigrid Nolda (eigene Darstellung).

  17. 17.

    Quellen: Abb. 4: Lucht & Lucht (o. J., o.S.); Abb. 5; o. V. (o. J.a, o.S).

  18. 18.

    Quelle: Sigrid Nolda (eigene Darstellung).

  19. 19.

    Quellen: Abb. 6: Studio 13 Sprechkontakt (o. J., o.S.); Abb. 7: Glaubrecht (2013, o.S).

  20. 20.

    Quelle: Sigrid Nolda (eigene Darstellung).

  21. 21.

    Quellen: Abb. 8: Bischoff (1922, Kap. 12; Abb. 9); Sumner (1993), Buchvorderseite (vgl.: https://www.amazon.de/Woman-Wilderness-Amalie-Dietrich-Australia/dp/0868401978. Zugegriffen: 14. November 2020).

  22. 22.

    Quelle: Sigrid Nolda (eigene Darstellung).

  23. 23.

    Dies unterscheidet das Foto von den Bildnissen bekannter Wissenschaftler der damaligen Zeit, die mit ihren Arbeitsgeräten dargestellt wurden – z. B. Hermann von Helmholtz mit dem von ihm entwickelten Augenspiegel oder Rudolph von Virchow mit einem Kraniometer (vgl. Werner, 2001).

  24. 24.

    Das Bild erinnert an das Portrait der Märchen erzählenden Marktfrau Dorothea Viehmann, das in vielen Ausgaben von Grimms Märchen als Frontispizbildnis abgedruckt ist. Zur Bedeutung dieses Portraits für die Stilisierung der Viehmann zur idealen Märchenerzählerin vgl. Murayama (2019).

  25. 25.

    Quellen: Abb. 10: Wikipedia (2020, o.S.); Abb. 11: peoplepill.com (o. J., o.S).

  26. 26.

    Quelle: Sigrid Nolda (eigene Darstellung).

  27. 27.

    Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Zeichner genau dies im Blick hatte, als er Amalie Dietrich portraitierte.

  28. 28.

    Siehe zur Bedeutung Amalie Dietrichs für die Erforschung der Flora von Australien den Beitrag von Eberhard Fischer in diesem Band.

  29. 29.

    Welch weitreichende Konsequenzen das Zuschneiden von Fotografien haben kann, zeigt nicht zuletzt Didi-Hubermans Studie über Auschwitz-Fotos und die daran anschließende Diskussion (vgl. Lawless, 2014).

  30. 30.

    Die Reihe „Natur und Technik“ trägt den Untertitel „Halbmonatsschrift für alle Freunde der Wissenschaft, Forschung und Praxis“.

  31. 31.

    Hier ist nicht gemeint, dass das Leben von Amalie Dietrich als Deutungsweisen transformierender Bildungsprozess im Sinne neuerer und klassischer Bildungstheorien (vgl. Meyer-Ladich, 2019) bezeichnet werden kann. Es geht vielmehr um den Wissenserwerb der allzeit lernwilligen Autodidaktikerin.

  32. 32.

    Nicht zu unterschätzen ist in diesem Zusammenhang der Einfluss durch die in der DDR hochangesehene Anna Seghers, die berichtet, wie stark sie das Bild der Frau mit dem hochbeladenen Hundekarren beeindruckt hat, die von Stadt zu Stadt zog (vgl. Wirth, 1980, S. 321). Die Faszination, die das Bild auch später noch ausgeübt hat, könnte auch auf einer Ähnlichkeit mit dem Bild der Mutter Courage beruhen. Das Szenenbild aus der Brecht-Inszenierung mit der herben Helene Weigel auf dem Holzwagen war weit verbreitet und fand sich sogar auf einer Briefmarke der DDR.

  33. 33.

    In Siebenlehn ist ein Straßenschild angebracht, auf dem eine entsprechende Abbildung (wahrscheinlich aus Holz gefertigt) montiert ist, in der dortigen Gedenkstätte ist eine (ganz und gar nicht Amalie Dietrich ähnelnde) Schaufensterpuppe aufgestellt, die einen einfachen Holzkarren zieht.

  34. 34.

    Quelle: Petzsch (1948, S. 482).

  35. 35.

    Quelle: Sigrid Nolda (eigene Darstellung).

  36. 36.

    Der Blick der Frau zu der Ortschaft am Horizont könnte so gedeutet werden – zumal dann, wenn man die Ähnlichkeit der Silhouette mit der von Siebenlehn bedenkt.

  37. 37.

    Denkbar wäre als Bildunterschrift (im Stil des Textes) etwa „Begleitet von ihrem treuen Hund, wandert Amalie Dietrich über Land“.

  38. 38.

    Vgl. die DDR-comics „Amalie Dietrich – eine Frau in Australien“, erschienen in dem Magazin für ältere Schüler bzw. Thälmannpioniere „Trommel“ (Altenburger & Kluge, 1965) und „Amalie setzt sich durch“, erschienen in der Frauenzeitschrift „Für Dich“ (Günther, 1978).

  39. 39.

    Ein Beispiel dafür ist auch die sozialistisch gefärbte Interpretation der Hundewagenepisode durch Anna Seghers, die vermutlich in dieser Weise nicht von Bischoff beabsichtigt war.

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Nolda, S. (2021). Image editing und image building. Zur Rolle der Bearbeitung von Bildporträts bei der Vermittlung biografischen Wissens am Beispiel von Darstellungen zu Leben und Werk der Amalie Dietrich. In: Hoffmann, N., Waburg, W. (eds) Eine Naturforscherin zwischen Fake, Fakt und Fiktion. Frauen in Philosophie und Wissenschaft. Women Philosophers and Scientists. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-34144-2_4

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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