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Globaler Kapitalismus und Multiethnizität: Max Weber vor hundert Jahren und heute

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Kapitalismus, Herrschaft und Max Weber. Ausgewählte Aufsätze

Part of the book series: Studien zum Weber-Paradigma ((SZWP))

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Zusammenfassung

Mein theoretisches Interesse besteht darin, Webers Verständnis von Kapitalismus und Nationalität (im heutigen Sinn von Ethnizität) und deren Verhältnis zueinander zu untersuchen und zu fragen, inwieweit es heutigen Verhältnissen noch angemessen ist.

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Notes

  1. 1.

    In der Freiburger Antrittsrede von 1895 verwendet Weber das Wort „Nationalität“ im heutigen Sinne von Ethnizität, wenn auch mit anderer Begründung. Die Rede lautete ursprünglich „Die Nationalität in der Volkswirtschaft“ und wurde erst im Druck in „Der Nationalstaat und die Volkswirtschaftspolitik“ geändert. Siehe Max Weber Gesamtausgabe (MWG), I/4: 537. Mitte der neunziger Jahre führte Weber Nationalität noch auf „physische und psychische Rassenqualitäten“ (548) zurück, wie sie vielleicht „im Verlaufe generationslanger Züchtungsprozesse“ (554) über Jahrtausende hinweg entstanden sind. In Wirtschaft und Gesellschaft näherte er sich dann der heutigen Begründung als Fiktion: „Die ‚Nationalität‘ teilt mit dem ‚Volk‘ im landläufigen ‚ethnischen‘ Sinn wenigstens normalerweise die vage Vorstellung, daß dem als ‚gemeinsam‘ Empfundenen eine Abstammungsgemeinschaft zugrunde liegen müsse, obwohl in der Realität der Dinge Menschen, welche sich als Nationalitätsgenossen betrachten, sich nicht nur gelegentlich, sondern sehr häufig der Abstammung nach weit ferner stehen, als solche, die verschiedenen und feindlichen Nationalitäten sich zurechnen“ (WG, 5. Aufl., 1972, 242).

  2. 2.

    In den westeuropäischen Sozialstaaten (und Australien) ist diese Autonomie nicht oder noch nicht so weit gediehen. Aber das sozialstaatliche Prinzip steht nicht nur unter kapitalistischem Druck, sondern unterminiert sich selbst durch einen Generationstransfer von Sozialleistungen, der demographisch und ökonomisch unhaltbar ist.

  3. 3.

    Timothy Garton Ash hat von der Entwicklung vom „Leninismus zum Tangentopolismus im italienischen Stil“ gesprochen. Siehe ‚„Neo-Pagan‘ Poland,“ New York Review of Books, 11. Jan. 1996, 12.

  4. 4.

    Über Kapitalismus und autoritäre Regime im pazifischen Raum, siehe besonders Bruce Cumings, „The World Shakes China“, The National Interest, Nr. 43, spring 1996, 28–41.

  5. 5.

    Siehe den großen Rechenschaftsbericht in der Reichstagswahlrede am 20. Okt. 1881, „Magdeburger Zeitung,“ 21. Okt. 1881. Ich danke Hubert Treiber für die mühevolle Beschaffung der „Magdeburger Zeitung“.

  6. 6.

    Siehe meinen Band Politische Herrschaft und persönliche Freiheit (Frankfurt: Suhrkamp, 1987), Kap. 3.

  7. 7.

    Zu Krupp siehe die berühmten Memoiren Wilhelm Mühlons, Ein Fremder im eigenen Land. Erinnerungen und Tagebuchaufzeichnungen eines Krupp-Direktors 1908–1914. Bremen: Donat Verlag, 1989. Zur gegenwärtigen Situation siehe den Ausschluß für fünf Jahre von Siemens und vier anderen großen Firmen von Regierungsaufträgen in Singapore; die Firmen hatten einen deputy chief executive des Public Utility Board, der 14 Jahre Gefängnis erhielt, mit fast $ 10 Mio. bestochen („New York Times“, 14. Feb. 1996).

  8. 8.

    Zur kasuistischen Einordnung von Bestechung und Erpressung in kapitalistischen und sozialistischen Systemen siehe WG, 114–120.

  9. 9.

    Siehe Johannes Haller, Lebenserinnerungen (Stuttgart: Kohlhammer, 1960), 114. Auch Fabrikinvestitionen waren gewöhnlich unrentabel – die Bielefelder und Oerlinghausener Textilunternehmer wußten, warum sie sich so lange gegen die Mechanisierung wehrten. Schon auf der ersten Seite von Dirk Käslers: Einführung in das Studium Max Webers (München: Beck, 1979) lesen wir falsch, der Onkel David Carl Weber habe „die Fabrik in Oerlinghausen“ übernommen, wo er sich doch immer geweigert hatte, sie zu bauen; sie wurde erst nach 1900 erstellt.

  10. 10.

    Selbstzitat aus meinem Besprechungsessay „Zwischen Weltmarkt und Ostmark: Max Weber vor hundert Jahren“, Soziologische Revue, 17 (1994), 124. Vgl. Stanley Chapman, Merchant Enterprise in Britain. From the lndustrial Revolution to World War 1 (Cambridge: Cambridge University Press, 1992).

  11. 11.

    Bestand Max Weber-Schäfer, Deponat BSB München, Ana 446. Ein Jahrzehnt später kam Weber in der „Psychophysik“ noch einmal auf seine spanischen Beobachtungen zurück, um klarzustellen, daß inhaltliche Unterschiede zwischen Katholizismus und Protestantismus bei der Domestizierung der modernen Arbeiterschaft „vermutlich“ keine überragende Bedeutung haben. Hubert Treiber machte mich auf die in der Literatur übersehene Stelle aufmerksam:

    „Dabei ist, wie schon bei anderer Gelegenheit, in aller Schärfe zu wiederholen, daß für die moderne Fabrik-Arbeiterschaft heute vermutlich nicht die Konfession als solche, wie dies in den Zeiten des Frühkapitalismus für die Welt des Bürgertums der Fall gewesen zu sein scheint, Unterschiede konstituiert, sondern die Intensität, mit der sie, heiße sie nun Katholizismus oder Protestantismus, im Einzelfall die Lebensführung überhaupt beeinflußt. Daß der heutige, in dieser Hinsicht nach Maß und Richtung des Einflusses vom Mittelalter sehr stark verschiedene Katholizismus ein genau ebenso brauchbares Domestikationsmittel ist wie nur irgend eine ‚protestantische Askese‘, zeigen u. a. gewisse neuere Erscheinungen in Nordspanien, wo die Jesuitenschulen ganz planmäßig von den Unternehmern als solches benutzt werden. Näheres über diese Frage ein anderes Mal.“

    MWG I/11, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Schriften und Reden 1908–1912, Hg. Wolfgang Schluchter mit Sabine Frommer. Tübingen: Mohr 1995, 362, Fn. 95.

  12. 12.

    Vgl. die oben (Fußnote 5) erwähnte Reichstagswahlrede von Max Weber senior am 20. Okt. 1881.

  13. 13.

    Weber leistet sich jedoch den Seitenhieb: „Möchte doch unser Neo-Aristokratismus, der den Großbesitz und -betrieb durch Fideikommisse und Getreidezölle stützt, aus dem, was in den Ostseeprovinzen vor sich geht, lernen, wie wenig, heute, für die Behauptung einer Position für eine Nationalität, das Vorhandensein ‚aristokratischer‘ Schichten, speziell einer Gutsbesitzerklasse, bedeutet“ (151).

  14. 14.

    Siehe Bernard Wasserstein, Vanishing Diaspora. The Jews in Europe Since 1945 (London: Hamish Hamilton, 1995).

  15. 15.

    Trotz allem blieb er Amerika gegenüber optimistisch. Trotz der Korruption der Arbeiterführer, der Bestechlichkeit der Abgeordneten und der Trustbildung war sein Fazit 1904: „Dennoch ist es ein wunderbares Volk, und nur [!] die Frage der Neger und die entsetzliche Einwanderung bilden die großen schwarzen Wolken“ (Lebensbild, 315). Marianne Weber bewunderte die Anstrengungen gebildeter amerikanischer Frauen, Einwanderer in den settlements zu kultivieren und amerikanisieren. Siehe ihren Reisebericht „Was Amerika den Frauen bietet“, „Zentralblatt des Bundes deutscher Frauenvereine“, VI: 23, 1. März 1905, 128.

  16. 16.

    Vergleiche Webers Begründung seiner alten Polenpolitik mit seinem durch die militärische und politische Lage erzwungenen Meinungswandel, „Frankfurter Zeitung“, 25. Feb. 1917, MWG, I/15, 200. In der Planung massiver Aus-und Umsiedlungen hielt sich Weber mehr als sein Bruder, Max Sering und Friedrich Meinecke zurück. Vgl. Eberhard Demm, Ein Liberaler in Kaiserreich und Republik. Der politische Weg Alfred Webers bis 1920 (Boppard: Boldt, 1990), 193 ff.

  17. 17.

    Die populären Schlagworte sind lean management, reengineering, dumbing down, just-in-time-production, just-in-time-employment und die global hiring hall. Die multinationalen Firmen verlieren mehr und mehr ihre frühere nationale Identität. Wie lange noch bleibt die Deutsche Bank deutsch? In London heißt sie jetzt schon Deutsche Morgan Grenfell. Swiss Bank Corporation geht mit Warburg, die Dresdner mit Kleinwort. Rothschild und Schroder mischen mit – alles alte Firmennamen, deren deutsche Herkunft längst vergessen ist. Und wer wußte schon noch, daß Barings, die von Nick Leeson in Singapore versenkte, 232 Jahre alte Bank, einmal aus Bremen kam?

  18. 18.

    Zur theoretischen Begründung des neuen ökonomischen Nationalismus, über die Rhetorik von Patrick Buchanan und Ross Perot hinaus, siehe Michael Lind, The Next American Nation. The New Nationalism und the Fourth American Revolution (New York: The Free Press, 1995).

Literatur

  • Ash, Timothy Garton, 1996: „Neo-Pagan' Poland,“ New York Review of Books, 11. Jan., 12 Chapman, Stanley, 1992, Merchant Enterprise in Britain. From the Industrial Revolution to World War 1, Vambridge: Cambridge University Press

    Google Scholar 

  • Cumings, Bruce, 1996, „The World Shakes China“, In: The National lnterest, Nr. 43, 28–41

    Google Scholar 

  • Demm, Eberhard, 1990, Ein Liberaler in Kaiserreich und Republik. Der politische Weg Alfred Webers bis 1920, Boppard: Boldt

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  • Haller, Johannes, 1960, Lebenserinnerungen, Stuttgart: Kohlhammer

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  • Käsler, Dirk, 1979, Einführung in das Studium Max Webers, München: Beck

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  • Lind, Michael, 1995, The Next American Nation. The New Nationalism und the Fourth American Revolution, New York: The Free Press

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  • Mühlon, Wilhelm, 1989, Ein Fremder im eigenen Land. Erinnerungen und Tagebuchaufzeichnungen eines Krupp-Direktors 1908–1914, Bremen: Donat Verlag

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  • Roth, Günther, 1987, Politische Herrschaft und persönliche Freiheit. Heidelberger Max Weber Vorlesungen 1983, Frankfurt a. M.: Suhrkamp

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  • Roth, Guenther, 1994, Essay: „Zwischen Weltmarkt und Ostmark: Max Weber vor hundert Jahren“, in: Soziologische Revue 17, 123–130

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  • Wasserstein, Bernard, 1995, Vanishing Diaspora. The Jews in Europe Since 1945, London: Hamish Hamilton

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  • Weber, Marianne, 1984, Max Weber. Ein Lebensbild (LB), Tübingen: J.C .B. Mohr (Paul Siebeck)

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  • Weber, Max, 1972, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie (WG), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) (5. Aufl.)

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  • Weber, Max, 1973, Gesammelte Aufsätze zur Wissenschaftslehre (WL), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) (4. Aufl.)

    Google Scholar 

  • Weber, Max, 1984, Zur Politik im Weltkrieg. Schriften und Reden 1914–1918, Band I/15 der Max Weber Gesamtausgabe (MWG, I/15), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)

    Google Scholar 

  • Weber, Max, 1989, Zur russischen Revolution von 1905. Schriften und Reden 1905–1908, Band I/10 der Max Weber Gesamtausgabe (MWG, I/10), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)

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  • Weber, Max, 1993, Landarbeiterfrage, Nationalstaat und Volkswirtschaftspolitik. Schriften und Reden 1892–1899. Band I/4 der Max Weber Gesamtausgabe (MWG, I/4), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)

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  • Weber, Max, 1994, Briefe 1909–1910. Abteilung II Band 6 der Max Weber Gesamtausgabe (MWG, I/6), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)

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  • Weber, Max, 1995, Zur Psychophysik der industriellen Arbeit. Schriften und Reden 1908- 1912. Band I/11 der Max Weber Gesamtausgabe (MWG, I/11), Tübingen: J.C.B. Mohr (Paul Siebeck)

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Roth, G. (2021). Globaler Kapitalismus und Multiethnizität: Max Weber vor hundert Jahren und heute. In: Sigmund, S. (eds) Kapitalismus, Herrschaft und Max Weber. Ausgewählte Aufsätze. Studien zum Weber-Paradigma. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33939-5_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-33939-5_6

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