Auf der Grundlage der in der vorliegenden Arbeit beschriebenen Befunde können nun zahlreiche weitere (linguistische) Aspekte christlicher Predigten in den Blick genommen werden:

  1. 1.

    Prosodische Aspekte und Predigerton. Dieser auf der Ebene der Binnenstruktur anzusiedelnde Aspekt konnte in der vorliegenden Arbeit nur gestreift werden, etwa bei der Betrachtung der Beendigungsphase und der intonatorischen Realisierung von Beendigungsmarkern wie der Formel ‚Amen‘. Weiterführende Forschungen zur speziellen Charakteristik des Predigertons können hier ansetzen.

  2. 2.

    Sprachliche Phänomene. Die vorliegende Arbeit hat den Schwerpunkt der Untersuchung auf den multimodalen und interaktiven Charakter der Predigt und des Wortbeitrags gelegt. Auf der Grundlage der hier gewonnenen Erkenntnisse können im Anschluss daran sprachliche-rhetorische Phänomene wie Metaphern, Gleichnisse, religiöse Sprache etc. genauer in den Blick genommen und in ihrer Funktion als Element des Wortbeitrags untersucht werden.

  3. 3.

    Umgang mit der Bibel. Die hier durchgeführte Analyse hat den Fokus auf den Umgang mit biblischen Texten im Zusammenhang mit der Wissensvermittlung gelegt. Weiterführend kann nun gefragt werden, welchen Stellenwert das Objekt der Bibel im Wortbeitrag hat und in welchen medialen Erscheinungsformen es sowohl vom Prediger als auch von den anwesenden Personen genutzt wird. In diesem Zusammenhang kann ein genauer Blick auch auf Formen der Zitation von Texten und der Redewiedergabe geworfen werden. Die vorliegende Arbeit hat hier einen ersten Schritt getan, indem sie sich Formen der Veranschaulichung angesehen hat.

Auf der Ebene des Korpus und der untersuchten Daten sind ebenfalls Anschlussforschungen an die hier durchgeführte Analyse wünschenswert:

  1. 1.

    Verkündigungsformate, die von den beteiligten Personen selbst nicht als Predigten bezeichnet werden. Eine weiterführende Forschung kann an dieser Stelle ansetzen und Ereignisse mit ähnlicher Struktur, aber abweichender Gattungsbezeichnung untersuchen (z. B. ‚Andachten‘, ‚geistliche Impulse‘, ‚Bibelarbeiten‘). Ziel könnte es dann sein, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zur Gattung der Predigt herauszuarbeiten und so eine größere Typologie von Verkündigungsformaten zu entwickeln.

  2. 2.

    Verkündigungsformate anderer Religionen. Aufgrund der Forschungsziele und des Erkenntnisinteresses der vorliegenden Arbeit hat sich die Analyse auf eine synchrone Betrachtung christliche Predigten im deutschsprachigen Raum konzentriert. Aufgrund auch der geschichtlichen und religiösen Verwobenheit besteht das Potenzial, die Struktur und die kommunikativ(n) Funktion(en) christlicher Predigten mit jüdischen Synagogalpredigten zu vergleichen. Auch ein weiterführender interreligiöser Vergleich mit z. B. islamischen Freitagspredigten wäre aufschlussreich.

  3. 3.

    Mediale Vermittlung von Predigten. Immer mehr Prediger nehmen ihre Wortbeiträge selbst auf, um sie einer medialen Verbreitung (auf der Gemeindehomepage, YouTube oder anderen Streamingdiensten) zur Verfügung zu stellen. Die Frage ist, ob und wie die Mediatisierung Einfluss auf die Gestaltung der Wortbeiträge hat oder nicht.

  4. 4.

    Weibliche Predigerinnen. Die hier untersuchten Predigten wurden alle von männlichen Predigern gehalten. Weiterführend wäre nun zu fragen, ob sich sowohl argumentative als auch strukturelle Verschiebungen beobachten lassen, wenn Frauen den Wortbeitrag gestalten, ob man zwischen einem weiblichen und einem männlichen Predigtstil unterscheiden kann und inwiefern dies die Gattung der Predigt als solche beeinflusst.

Mit der vorliegenden Arbeit und dem in ihr gewählten Zugriff auf die Betrachtung der kommunikativen Gattung der christlichen Predigt ist der Wunsch verbunden, dass an sie anschließende Forschungen das disziplinenübergreifende Potential einer angewandten Forschung erkennen und eine neue und stärkere Zusammenarbeit der (Interaktionale) Linguistik, der (Wissens- und Religions-)Soziologie und der (Praktischen) Theologie entsteht.