Zusammenfassung
In diesem Beitrag steht das für die Dokumentarische Methode charakteristische vergleichende Vorgehen im Fokus. Ausgehend von methodologischen Überlegungen zur Bedeutung einer vergleichenden Perspektive werden der Ertrag sowie das forschungspraktische Vorgehen beim Vergleichen anhand zweier Schulleitungsinterviews exemplarisch demonstriert. Die beiden Interviews zur Umsetzung von Inklusion werden in den Schritten der Formulierenden und Reflektierenden Interpretation vergleichend analysiert. Abschließend werden die zentralen Erkenntnisse sowie der Mehrwert eines vergleichenden Modus herausgestellt.
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Notes
- 1.
In der Dokumentarischen Methode wird hier im Gegensatz zur Konversationsanalyse („Paarsequenzen“ (Nohl 2013, S. 281)) von einem Dreischritt ausgegangen, dessen Schritte einen „homologen Rahmen“ (ebd.) aufspannen, bei dem im letzten Schritt die Spezifik ratifiziert wird.
- 2.
Damit ist noch nicht die Fallspezifik gemeint, die erst über fallexterne Vergleiche zu bestimmen ist. Allerdings gilt auch, dass auch wenn kein zweiter Fall hinzugezogen wird, der Erfahrungshorizont der Interpret*innen als impliziter Vergleichshorizont fungiert, der dann nicht methodologisch kontrollierbar ist (vgl. Bohnsack 2014).
- 3.
Zur methodologischen (Leit-)Unterscheidung der beiden Ebenen vgl. z. B. Bohnsack (2014).
- 4.
Für die genaue Beschreibung von Diskursverläufen vgl. z. B. Przyborski (2004).
- 5.
- 6.
Die Forschungsgruppe wird von Prof. Dr. Beate Wischer geleitet und ist an der Universität Bielefeld angesiedelt.
- 7.
Eine Gesamt- und eine Grundschule mit Inklusionsprofil.
- 8.
Hier wird deutlich, dass der Vergleich schon vor dem Schritt der Formulierenden Interpretation beginnt, da auch solche formalen Aspekte für die Spezifik eines Falls und im Besonderen auch für die Typenbildung entscheidend sein können, indem sich bspw. durch Hinzunahme weiterer gleicher und verschiedener Schulformen eine Schulformspezifik herausstellen könnte.
- 9.
Hier sieht man auch schon die Standortabhängigkeit der Auswertung: Je nachdem welches Thema die Interpret*innen interessiert, werden andere Themen auffällig, die fehlen. Da dieses Projekt zur Erforschung von Inklusion an Schulen entstanden ist, richtet sich auch der Fokus auf Inklusion. Genauso kann aber bspw. auch auffallen, dass Am gar keine Aufgaben der Schulleitung nennt.
- 10.
Diese Andersgelagertheit der Adressierung im Erzählimpuls passt zur von Am in seiner eigenen Vorstellung aufgeworfenen Distanz und könnte darüber hinaus auch durch die Tatsache bedingt sein, dass es syntaktisch schwieriger ist, Einzelpersonen aktivisch im Sinne eines Kollektivs mit der Schule zu adressieren.
- 11.
Diese Distanziertheit spiegelt zum einen den bereits in seiner Vorstellung verwendeten Duktus wider, zum anderen passt dies aber auch mit dem Einstiegsimpuls zusammen, indem er eben nicht als aktiv involvierter Akteur, sondern eher als außenstehender Beobachter adressiert wurde.
- 12.
Die B-Schule trifft dieses Dilemma dann im besonderen Maße, da sie als Gesamtschule, und damit historisch starker Vertreterin der Werte einer heterogenen Schülerschaft, die an sie durch Inklusion herangetragenen Anforderungen nicht zurückweisen kann (wie etwa Gymnasien dies mit einem Verweis auf ihre Funktion als Förderer einer Elite tun können).
Literatur
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Aytekin, V., Brunk, M., Giesen, R., Katenbrink, N. (2021). Zum Vergleichen in der Dokumentarischen Methode – Am Beispiel zweier Schulleitungsinterviews zur Umsetzung von Inklusion. In: Graalmann, K., Jäde, S., Katenbrink, N., Schiller, D. (eds) Dokumentarisches Interpretieren als reflexive Forschungspraxis. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33515-1_7
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