Zusammenfassung
Im Mittelpunkt der Debatte um das Gendern steht seit Anbeginn das generische Maskulinum, das von der feministischen Sprachkritik als „ungerecht“ bezeichnet wird. Gerechtigkeit ist aber keine Kategorie, mit der sich grammatische Strukturen einer Sprache beschreiben lassen. Sprachen müssen in erster Linie funktionieren als Werkzeug der Kommunikation.
„Der Vorwurf, dass sich Menschen, die sich dem konstruierten gerechten Sprachgebrauch nicht anschließen, diskriminierend verhalten, zeugt von übertriebener Selbstgewissheit. (…) Die sprachliche Bevormundung stellt das politische Anliegen über die Natur der Sprache.“
(Kaehlbrandt 2016, S. 128)
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Notes
- 1.
Etwa: der Lehrer, die Lehrer, das Lehrer. Oder: der Lehrer (m), die Lehrer (w).
- 2.
Im Themenkomplex Gendersprache lassen sich einige Elemente finden, die auch für Religionen konstituierend sind: Eine zentrale Erzählung (Mythos von der unsichtbaren Frau), die Identifikation des Bösen (generisches Maskulinum/der Patriarch), eine gemeinsame Praxis als Distinktionsmerkmal (Nutzung gendergerechter Sprache), die scharfe Gegenüberstellung von In-Group (Befürworter) und Out-Group (Kritiker), das Inszenieren der eigenen Wahrheit als absolut und unhinterfragbar, das Belegen von Kritik mit einem Tabu.
- 3.
Prof. Lobin ist u. a. Vorsitzender des Leibniz-Instituts für Deutsche Sprache (IDS) in Mannheim sowie Mitglied im Deutschen Rechtschreibrat.
- 4.
Prof. Nübling ist u. a. Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Deutsche Sprache sowie Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats des Instituts für deutsche Sprache (IDS).
Literatur
Kaehlbrandt, R. (2016). Logbuch Deutsch. Wie wir sprechen, wie wir schreiben. Frankfurt a. M.: Vittorio Klostermann.
Lobin, H., & Nübling, D. (7. August 2018). Genus, Sexus, Nexus. Süddeutsche Zeitung, S. 11.
Scholten, D. (2018). Das Genus ist dem Sexus sein Nexus. Die empirische Forschung der feministischen Linguistik. Belles Lettres. Deutsch für Dichter und Denker. https://www.belleslettres.eu/content/deklination/gender-nubling-lobin-sueddeutsche.php. Zugegriffen: 9. Nov. 2020.
Stefanowitsch, A. (2018). Eine Frage der Moral. Warum wir politisch korrekte Sprache brauchen. Berlin: Dudenverlag.
Stegemann, B. (2018). Die Moralfalle. Berlin: Für eine Befreiung linker Politik.
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Payr, F. (2021). Moral und Moralisten. In: Von Menschen und Mensch*innen. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33127-6_16
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