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Die emotionale Qualität der Idee Rente mit 67

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Der lange Weg der Rente mit 67
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Zusammenfassung

Den Ausführungen von Cox/Béland (2013) folgend werde ich in diesem Kapitel die emotionale Qualität der Idee Rente mit 67 bestimmen. Hierzu werde ich die Geschichte der Rente mit 67 bzw. die historischen Entwicklungen, die hin zur Rente mit 67 geführt haben, und damit den Lebenszyklus der Idee beschreiben.

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Notes

  1. 1.

    Stellvertretend hierfür ein Zitat aus dem Abschlussbericht der Kommission „Fortentwicklung der Rentenversicherung“ (1997: 18 f.): „Eine Anhebung der Regelaltersgrenze […] über das 65. Lebensjahr hinaus wird von der Kommission auf absehbare Zeit nicht für erforderlich gehalten. Eine Minderheit würde allerdings die Berücksichtigung der demografischen Entwicklung über eine Anhebung der Altersgrenzen vorziehen [diese Minderheit war Winfried Schmähl, MZ].“

  2. 2.

    Die Altersgrenze in der DDR lag bei 65 Jahren für Männer und 60 Jahren für Frauen.

  3. 3.

    Ich möchte stellvertretend auf Schmähl (2018), ein Werk, dass die Schriften des Autors aus der Reihe Geschichte der Sozialpolitik in Deutschland zur deutschen Rentenpolitik von 1945 bis 1998 bündelt, sowie auf Hockerts (2011), wo ein Überblick über die sozialpolitische Geschichte Deutschlands von 1945 bis 2000 zu finden ist, verweisen. Bei Schmähl (2011a), Hinrichs (2017) und Schulze/Jochem (2007) lassen sich darüber hinaus ausführlich aufbereitete Darstellungen zur neueren Geschichte der deutschen Rentenpolitik finden.

  4. 4.

    Vgl. hierzu auch das Konzept der Ideen als Waffen und als Blaupausen bei Blyth (2001: 3 f.)

  5. 5.

    Vgl. hierzu auch die Ausführungen bei Hall (1993) und dem Konzept der Ideen als Cognitive Locks bei Blyth (2001: 4 f.). Hall (1993: 279) versteht unter einem Paradigma „a framework of ideas and standards that specifies not only the goals of policy and the kind of instruments that can be used to attain them, but also the very nature of the problems they are meant to be addressing“.

  6. 6.

    Allem voran auf Bateson ([1972] 1978), auf dessen Definition von Frame sich Goffman ([1974] 1986: 7) laut eigenen Aussagen stützt.

  7. 7.

    Als weitere frühe Arbeit, welche vor allem versucht, die verschiedenen Verständnisse und Formen des Begriffes zu ordnen und vorzustellen, sei auf Tannen (1993) verwiesen.

  8. 8.

    Ich verwende diese Begriffe im Folgenden als feststehende Begriffe ohne Anführungszeichen.

  9. 9.

    In ähnlicher Form auch bei Sabatier (1988, 1993) sowie Jenkins-Smith/Nohrstedt et al. (2014).

  10. 10.

    Ich verwende diese Begriffe im Folgenden als feststehende Begriffe ohne Anführungszeichen.

  11. 11.

    Der Einfachheit halber werde ich im weiteren Verlauf dieser Arbeit weiterhin von der Idee Rente mit 67 sprechen, wobei der/die Leser*in im Hinterkopf behalten sollte, dass es sich um die spezifische Form Programm bzw. policy solution einer Idee handelt.

  12. 12.

    Dieser Zeitraum ist nach unten pragmatisch gesetzt worden. Ich bin einfach so lange in der Zeit zurückgegangen, bis die Suchergebnisse keine Treffer mehr enthielten. Vor 2000 wurde das Thema in der Öffentlichkeit quasi nicht besprochen (nur zwei Zeitungsartikel mit einem konkreten Bezug in 1999); selbst im Jahr 2000 konnten lediglich vier Artikel mit einem konkreten Bezug zum Thema identifiziert werden (vgl. auch die Tabelle mit allen untersuchten Zeitungsartikeln im Anhang in Kapitel 6.3 (siehe Online-Anhang)). Nach oben ist der Zeitraum dadurch begründet, dass mich vor allem die Diskussion bis zur Verabschiedung des Gesetzes, die am 9. März 2007 erfolgte, interessiert hat und ich dann, um die Diskussion im Anschluss noch ein wenig nachvollziehen zu können, die Suche bis zum Ende jenes Jahres ausgeweitet habe.

  13. 13.

    In diesem Rahmen sei erwähnt, dass auch die Altersgrenze für Beamte auf 65 Jahre zu dieser Zeit festgesetzt wurde. Allerdings wurde laut Schmähl (2018: 281) (im Gegensatz zur GRV) hier intensiv über eine Anhebung diskutiert.

  14. 14.

    So sprachen sich Meinhold (26, am angegebenen Ort), Wannagat (28 f., a. a. O.) und Holler (32 f., a. a. O.) für einen „gewissen Anreiz“ aus. Braeß (29 f., a. a. O.) befürwortete sogar eine doppelte so hohe Anrechnung der Zeiten nach dem 65. Lebensjahr. Sowohl Heubeck (35 f., a. a. O.) als auch Bogs (37, a. a. O.) waren hingegen aus diversen Gründen dafür, keinen Anreiz zu schaffen. Heubeck war darüber hinaus auch gegen Abschläge, wenn man früher in Rente gehen wollte.

  15. 15.

    Siehe a. a. O. Heubeck (26 f.), Wannagat (28 f.) und Münke (29 f.).

  16. 16.

    Siehe a. a. O. Heubeck (26 f.), der sowohl gegen Ab- als auch Zuschläge war (35.f).

  17. 17.

    Siehe a. a. O. Heubeck (26 f.) und Albers (27), andere Meinung: Meinhold (26) und Elke (34), der sich aber auf Meinhold offenbar bezieht.

  18. 18.

    Siehe a. a. O. Münke (29), Braeß (29 f.) und Seiler (31).

  19. 19.

    Siehe a. a. O. Seiler (31), Eichler (33 f.) und Heubeck (35 f.), andere Meinung: Wannagat (28 f.).

  20. 20.

    Siehe a. a. O. Münke (29), auch Seiler (31).

  21. 21.

    Siehe a. a. O. Liefmann-Keil (30 & 36), andere Meinung Holler (32 f.).

  22. 22.

    Siehe a. a. O. Behrends (32), Elke (34), Bogs (37).

  23. 23.

    Siehe a. a. O. Rohde, 27, Seiler (31), Elke (34) und Liefmann-Keil (36).

  24. 24.

    Siehe a. a. O. Meinhold (26), Albers (27), Wannagat (28 f.), Münke (29), Braeß (29 f.), Liebing (33), Elke 34), Heubeck (35 f.) und Bogs (37).

  25. 25.

    Siehe a. a. O. Meinhold (26), Liefmann-Keil (36), Bogs (37).

  26. 26.

    Rückblickend betrachtet erwiesen sie sich als wahrer als vielleicht selbst von Brück (1978, 1977) gedacht. Die von ihm prognostizierte Abkehr von der dynamischen Rente sollte jedoch noch weitere 24 Jahre auf sich warten lassen und erst mit der Einführung der quasi-obligatorischen privaten Vorsorge durch das RRG 2001 erfolgen (vgl. hierzu auch Hockerts 2011: Kapitel 13; Schmähl 2011a; ähnlich: Marschallek 2004).

  27. 27.

    Wenn ich in diesem Kapitel auch vor der Wiedervereinigung von Deutschland spreche, so meine ich stets West-Deutschland. Dort wo ich von der Deutschen Demokratischen Republik spreche, mache ich dies kenntlich.

  28. 28.

    Die Spannungen zwischen den Koalitionspartner SPD und FDP in sozial- und wirtschaftspolitischen Fragen bestanden bereits vor diesem Papier, welches dann aber nur acht Tage nach seiner Veröffentlichung zum Bruch der Koalition führte (vgl. Schmähl 2018: 736 f.).

  29. 29.

    Vgl. hierzu die Diskussionen im Juni und September 1983 (Dreßler 1983; Hartmann 1983; Huber 1983; Geißler 1983)

  30. 30.

    Hierbei sei angemerkt, dass dies als Projekt der CDU/CSU gewertet werden kann, denn sowohl Teile der FDP als auch Grüne und SPD hatten stattdessen eine allgemeine Absenkung der flexiblen Altersgrenze auf 60 und später 58 Jahre – sowohl mit als auch ohne Abschläge – favorisiert (vgl. die entsprechenden Debatten in den Bundestagsplenarprotokollen 10/22, 10/48, 10/50, 10/61 und 10/67).

  31. 31.

    Es sei der Vollständigkeit halber darauf hingewiesen, dass der Sozialbeirat ein gutes halbes Jahr zuvor in seinem Gutachten zur Entlastung der Rentenversicherung nur vorschlug, die Menschen zum längeren Arbeiten wieder zu animieren und den „Trend einer immer früheren Inanspruchnahme der Rente [Hervorhebung im Original]“ umzukehren (Sozialbeirat 1986: 20 ff.). Auch wenn der Sozialbeirat nicht vorschlug, die Regelaltersgrenze anzuheben, so zeigt sich in seinem Gutachten eine klare Kritik an der sinkenden Tendenz des tatsächlichen Renteneintrittsalters, die unter anderem durch das Vorruhestandsgesetz beschleunigt wurde.

  32. 32.

    Im gleichen Sammelwerk wie Kohli befindet sich auch ein Beitrag aus DGB-Sicht von Hüttenmeister (1988: 239 f.), welcher die Anhebung der Regelaltersgrenze über das 63. oder gar 60. Lebensjahr für viele Arbeiter*innen aus gesundheitlichen Gründen für nicht durchführbar hält. Er verweist zudem darauf, dass viele Menschen trotz höherer Lebenserwartung nicht unbedingt auch länger leistungsfähig wären und ein Rückschritt zur Invalidenversicherung nicht wünschenswert sei.

  33. 33.

    Der Titel bezieht sich auf Aussagen von Blüm (1988b: 4089): „Wir sollten uns doch gemeinsam dagegen wehren, daß sich sozusagen die Mentalität festsetzt, daß die alten Menschen abgeschrieben werden.“ und Dreßler (1989b: 13111): „Für die SPD-Bundestagsfraktion ist die Entscheidung [der Erhöhung der Regelaltersgrenzen zuzustimmen, MZ] sehr, sehr schwierig gewesen.“

  34. 34.

    Siehe Bundestagsplenarprotokoll 10/59

  35. 35.

    Diese Rechtfertigungsgründe finden sich in dieser Form auch in den Redebeiträgen zum RV-AGAG. Siehe dazu Kapitel 4.

  36. 36.

    Diese Änderung entsprach nicht nur dem Wunsch der SPD, sondern auch dem der Gewerkschaften, der Rentenversicherungsträger und auch Teilen der Regierungsparteien (Ruland 1989: 742; Kolb 1989: 730).

  37. 37.

    Siehe z. B. die Redebeiträge der Regierungspolitiker*innen anlässlich der ersten sowie der zweiten und dritten Beratung des RRG 1992: Bundestagsplenarprotokolle 11/132 und 11/174.

  38. 38.

    Siehe Hockerts (2011: 305 f.) für eine Bewertung der Studie selbst sowie einer Bewertung der Rezeption dieser Studie.

  39. 39.

    Für eine Aufklärung über und Kritik am „Mythos“ Mehrsäulensystem siehe Barr (2002, 2006).

  40. 40.

    Der Titel bezieht sich auf das Handeln der damaligen Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP, die schnell in der Rentenpolitik handeln wollte und in den 1990er Jahren viele Rentenreformen verabschiedete, und einem Zitat der SPD-Politikerin Mascher (1996b: 11802), welches sich auf die von der Bundesregierung durchgeführten und diskutierten Anhebungen bei den Regelaltersgrenzen der GRV bezieht.

  41. 41.

    Siehe z. B. Bundestagsplenarprotokoll 13/92, 13/103 und 13/107.

  42. 42.

    Siehe hierzu mehrere Redebeiträge von Mitgliedern der SPD, Grünen, FDP und PDS in den Bundestagsplenarprotokollen 13/103, 13/107, 13/111, 13/114, 13/117, 13/118, 13/121, 13/131, 13/222 und 13/235.

  43. 43.

    Siehe Bundestagsplenarprotokoll 13/131.

  44. 44.

    Siehe Bundestagsplenarprotokoll 13/138, auch 13/198.

  45. 45.

    Es wurde jedoch angemerkt, dass eine Minderheit der Kommission für eine Anhebung der Regelaltersgrenze gestimmt hatte (Rentenkommission 1997: 18).

  46. 46.

    Die Zukunft der Rente war zu jener Zeit ein so drängendes Problem, dass es neben den bereits genannten Rentenkommissionen der Regierung, der CDU und der SPD weitere Kommissionen unter Leitung des Bundesfinanzministers Theo Waigel, eine CSU- und eine FDP-Kommission sowie eine Art Beratungsgremium der Grünen gab (vgl. Schmähl 2011a: 138).

  47. 47.

    Wie die spätere Bundesministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung Ulla Schmidt in einem Interview berichtete, stimmten Teile des Deutschen Gewerkschaftsbundes diesen Plänen 1997 zu (Schmidt/Mihm et al. 2003).

  48. 48.

    Für eine ausführliche Erklärung der dann neuen Rentenformel siehe Hain/Müller (1998). Für eine Verteidigung des demografischen Faktors siehe: Rürup (1998, 1999). Für eine Kritik am demografischen Faktor siehe: Boecken (1999).

  49. 49.

    Blüm verweist hier noch einmal auf die nur ein halbes Jahr kurzfristig aufflammende Debatte um eine weitere Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre, welche vom Louven-Kauder-Papier ausgelöst wurde.

  50. 50.

    Neben dem demografischen Faktor enthielt das RRG 1999 unter anderem auch weitere Anhebungen von Regelaltersgrenzen der Altersrenten wegen Schwerbehinderung ab 2000 auf das 63. Lebensjahr (CDU/CSU und FDP 1997; Rentenreformgesetz 1999). Darüber hinaus enthielt das RRG 1999 weitere spezifische Anpassungen an diversen Regelaltersgrenzen für langjährig Versicherte, Arbeitslose und Frauen. Für einen Überblick der Anpassungen siehe Götz/Stahl et al. (1998).

  51. 51.

    Eine differenziertere Meinung findet sich im zweiten Zwischenbericht der Enquête-Kommission Demographischer Wandel (1998). So wird zum einen auf den positiven Einfluss der Anhebung der Regelaltersgrenzen auf den Rentnerquotienten verwiesen (191), genauso aber auch der wissenschaftliche Standpunkt geteilt, dass Unternehmen alleine schon aufgrund des demografischen und wirtschaftlichen Wandels vermehrt ältere Mitarbeiter*innen einstellen werden müssen (139 f. & 150).

  52. 52.

    Dieser Vorschlag verwundert nicht: Zu dieser Zeit war Schmähl Vorsitzender des Sozialbeirats, der bereits seit Mitte der 1980er Jahre ein Verfechter der Idee Rente mit 67 war und auch in der Kommission Fortentwicklung der Rentenversicherung für die Anhebung der Regelaltersgrenze gestimmt hatte. Sein damaliges Alternativkonzept erklärt er in Schmähl (2011a: 140 ff.).

  53. 53.

    Das Zitat bezieht sich auf eine Aussage des SPD-Politikers Adolf Ostertag (2000: 8702), der in einer Rede im Deutschen Bundestag am 22. März 2000 die schnellere Heraufsetzung der Regelaltersgrenzen durch das WFG 1996 und RRG 1999 zum „Sündenregister“ der vorhergehenden Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP zählte.

  54. 54.

    Das Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte, wie sein vollständiger Name lautet, setzte den demografischen Faktor und unter anderem die Anhebung der Regelaltersgrenze bei Erwerbsminderung zunächst nur bis zum 1. Januar 2001 aus, „soweit nicht bis zu diesem Zeitpunkt durch ein Gesetz etwas anderes geregelt ist“ (Korrekturgesetz 1998: Art. 1 § 1).

  55. 55.

    Siehe hierzu das Gesetz zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsrentengesetz 2000). Eine Erläuterung der Inhalte dieses Gesetzes würde hier zu weit führen. Erklärungen bezüglich der Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen den Regelungen des RRG 1999 und des Erwerbsminderungsrentengesetzes 2000, die beide mehr als nur die Anhebung der Regelaltersgrenze regeln bzw. geregelt hätten, finden sich aber bei Wollschläger (2001).

  56. 56.

    Die äußerst minimalen Unterschiede zwischen der Formel des RRG 1999 und der des Altersvermögensergänzungsgesetzes 2001 erklären Standfest (2000: 7–10) und Schmähl (2011a: 159 ff.).

  57. 57.

    Siehe hierzu die entsprechenden Begründungen in den Rentenversicherungsberichten 1997 bis 2002, die sich im Wortlaut bis auf wenige Ausnahmen gleichen (Bundesregierung 1997: 94, 1998: 94, 1999: 36, 2000: 33, 2001: 30)

  58. 58.

    Zur PDS sei noch angemerkt, dass sie sich in dieser 14. Legislaturperiode nicht umfassend zur Anhebung der Regelaltersgrenze oder Rente mit 67 äußerte, aber offenbar dagegen war. Siehe hierzu die Redebeiträge von Balt (Bundestagsplenarprotokoll 14/94, 14/236), die sich als einziges Mitglied der PDS im Bundestag hierzu meines Wissens nach äußerte.

  59. 59.

    Während des 2004 folgenden Rentenversicherung-Nachhaltigkeitsgesetzes sollte die rot-grüne Regierung dieser Linie treu bleiben und weitere Anhebungen von Regelaltersgrenzen sowie eine Weiterentwicklung des demografischen Faktors, den Nachhaltigkeitsfaktor, einführen.

  60. 60.

    Was sich auch darin zeigt, dass die weitere Erhöhung der Regelaltersgrenze und/oder die Anhebung des tatsächlichen Renteneintrittsalters (noch) nicht im Rentenversicherungsbericht Ende November 2002 erwähnt wird, sondern sich im entsprechenden Kapitel nach wie vor die gleiche Formulierung der Vorjahre finden lässt (Bundesregierung 2002: 88).

  61. 61.

    Zum einen wird die Rente mit 67 durch die Verwendung der Metapher Mottenkiste als etwas Altes, Unbrauchbares, als etwas, was man vielleicht in Zukunft aber momentan nicht verwenden möchte gerahmt. Zum anderen zeigt das Zitat von Dreßen, dass die SPD zu dieser Zeit weiterhin an ihren Plänen, zunächst das reale Eintrittsalters anheben zu wollen, festhielt. Diese klare Einstellung zur Rente mit 67 sollte sich in den folgenden Monaten jedoch nicht mehr so eindeutig darstellen.

  62. 62.

    Diese Haltung zeigte sich nun auch in den Rentenversicherungsberichten der Bundesregierung, welche 2003 (Bundesregierung 2003: 60) und 2004 (Bundesregierung 2004b: 47) folgenden Zusatz zu der aus den Vorjahren übernommenen Formulierung enthielten: „Vielmehr hat sich die Erkenntnis weiter verstärkt, dass Anreize zur Frühverrentnung vermindert werden müssen und sich das tatsächliche Renteneintrittsalter erhöhen muss.“

  63. 63.

    Darüber hinaus fanden sich auch noch andere Stimme in der SPD, die für die Anhebung der Regelaltersgrenze stimmten, wie eine Lektüre der Beschlüsse des SPD-Parteitags Mitte November 2003 zeigt (SPD 2003: 66).

  64. 64.

    So lautete jedenfalls eine entsprechende Aussage der damaligen stellvertretenden DGB-Vorsitzenden Engelen-Kefer, die auch Mitglied der Rürup-Kommission war. Laut FAZ (29.08.2003) hätten die Gewerkschaften einer Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre unter der Voraussetzung zugestimmt, dass „eine abschlagsfreie Rente an die Zahl der Beitragsjahre gekoppelt worden wäre“. Diese Haltung überrascht nicht, da sich Engelen-Kefer offenbar bereits 1997 der Idee Rente mit 67 offen gegenüber gezeigt hatte (FAZ 04.10.2003). Anfang 2004 sprach sich dann auch die Arbeitsgruppe Rente des DGB für eine mittel- bis langfristige Anhebung der Regelaltersgrenze aus (FAZ 22.01.2004).

  65. 65.

    Siehe stellvertretend die FAZ-Artikel vom 21.06.2004 und 26.01.2005.

  66. 66.

    Eine identische Einschätzung findet sich bei der SPD-Politikerin Lotz (2003b: 7291).

  67. 67.

    Hiervon abweichend ist lediglich die Anfang Mai 2005 veröffentlichte Stellungnahme der damaligen haushaltspolitischen Sprecherin der Grünen Anja Hajduk, welche sich klar für eine Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre aussprach (FAZ 02.05.2003).

  68. 68.

    Diese umfassten Forderungen nach einem früheren Berufseintritt, der Eindämmung von Frühverrentung, der abschlagfreien Rente nach 45 Beitragsjahren und ggf. der Abschaffung von Regelaltersgrenzen in der GRV.

  69. 69.

    Zur PDS sei noch angemerkt, dass sie sich meines Wissens nach in den Debatten während dieser Legislaturperiode kein einziges Mal zur Anhebung der Regelaltersgrenze über das 65. Lebensjahr hinaus äußerte und daher in diesem Unterkapitel so wenig erwähnt wurde.

  70. 70.

    Vgl. hierzu die Artikel in der FAZ vom 11.10.2003, 18.10.2003, 06.02.2004, 02.03.2004, 19.04.2004, 15.07.2004, 29.10.2004, 10.05.2005, 01.06.2005 und 18.09.2005. Kritischer sah die Anhebung der Regelaltersgrenze hingegen Krause (2003: 53 f.).

  71. 71.

    Vgl. hierzu die Artikel in der FAZ vom 02.10.2003, 15.10.2003, 17.10.2003, 21.10.2003, 04.12.2003, 22.01.2004, 21.07.2005 und 18.09.2005.

  72. 72.

    Siehe Ruland (2005) für eine Vorstellung und Bewertungen der Wirkungen durch die Anhebung der Regelaltersgrenzen in der GRV sowie weiterer Reformschritte.

  73. 73.

    Gelegentlich wird sie sogar als sinnvoller bzw. wirksamer eingestuft als die im politischen Mainstream der 2000er Jahre mit Euphorie propagierte Idee Stärkung der privaten Vorsorge (Bäcker 2004; Schmähl 2011b).

  74. 74.

    Siehe Brall/Fasshauer et al. (2004) und Stahl (2004) für nähere Erläuterungen zu diesen Altersgrenzenanhebungen. Für eine Gesamtbewertung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes siehe Reimann (2004). Eine spezifische Erläuterung und Bewertung der Veränderungen an der Rentenformel bieten Hain/Lohmann et al. (2004) an.

  75. 75.

    Die einzige Problematisierung dieser Anhebung, welche ich aus den Bundestagsdebatten der 15. Legislaturperiode herausarbeiten konnte, findet sich bei der PDS-Politikerin Lötzsch (2003b: 4137).

  76. 76.

    Auch wenn Müntefering diese Meinung in seiner Rolle als Bundesminister für Arbeit und Soziales in der 16. Legislaturperiode nicht breit öffentlich vertrat, so ist er doch bis heute ein Befürworter dieser Idee: „Das taggenaue Renteneintrittsalter […] hat eine gewisse Beliebigkeit […]. Angesichts der Unterschiede in Arbeitsbelastung und Gesundheitszustand Älterer spricht immer mehr für eine flexible Renteneintrittsphase, die es über mehrere Jahre hin zu gestalten gilt. 67 ist dabei aber sicher ein mittlerer Orientierungswert, der nicht zu hoch ansetzt“, schreibt er hierzu in einem für diese Arbeit durchgeführten schriftlichen Interview (Zachäus 2019).

  77. 77.

    Der Titel bezieht sich zum einen auf eine Aussage des CDU-Abgeordneten Ralf Brauksiepe (2006: 1118), welcher die Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre als „alternativlos“ bezeichnet hat, und zum anderen auf eine Aussage vom damaligen DGB-Vorsitzenden Michael Sommer (zit. nach FAZ 27.02.2007).

    Anmerkung zu diesem Unterkapitel: Ich möchte abschließend hier noch die Geschichte der Idee Rente mit 67 bis zur Verabschiedung des dazugehörigen RV-AGAG im März 2007 zu Ende zeichnen, um auch die Meinungen der ansonsten in dieser Arbeit nicht genannten Akteurinnen und Akteure darstellen zu können.

  78. 78.

    Zur Erinnerung: Folgende Formulierung fand sich noch im Bericht des Jahres 2004 (Bundesregierung 2004b: 47): „Vielmehr hat sich die Erkenntnis weiter verstärkt, dass Anreize zur Frühverrentnung vermindert werden müssen und sich das tatsächliche Renteneintrittsalter erhöhen muss.“

  79. 79.

    Vgl. stellvertretend zu den Kritikpunkten die Redebeiträge von Abgeordneten der FDP, Grünen und Linkspartei.PDS/Linke in den Bundestagsplenarprotokollen 16/16, 16/22, 16/70, 16/73, 16/79 und 16/86.

  80. 80.

    Dies belegen auch Pressemitteilungen der damaligen parlamentarischen Geschäftsführerin sowie frauen- und rentenpolitischen Sprecherin der Grünen Irmingard Schewe-Gerigk, die sich in drei Mitteilungen ((2006b, 2006a, 2007)) für die Rente mit 67 und gegen die 45-Jahre-Ausnahmeregelung aus finanziellen, sozialen und Gleichstellungsgründen aussprach sowie für eine Flexibilisierung der Rentenzugänge warb.

  81. 81.

    Siehe stellvertretend hierfür die Interviews mit Platzeck und dem damaligen CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla vom 12. Februar 2006 in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (Platzeck/Lohse et al. 2006; Pofalla/Lohse et al. 2006). Hier stimmt Platzeck im Gegensatz zu seiner Pressemitteilung Anfang Februar wieder viel positivere Töne gegenüber der Rente mit 67 und Müntefering an; Pofalla versichert Müntefering wiederum volle Unterstützung durch die CDU. Dennoch: Die Kritik der SPD-Parteibasis bezüglich der Rente mit 67 blieb zum Teil bis heute bestehen und kann als Ursache für das spätere Rentengeschenk der Rente mit 63 des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes aus 2014 gesehen werden (gleiche Meinung: Hinrichs 2017: 375).

  82. 82.

    Siehe bezüglich der Meinung und Einstellung der Gewerkschaften zur Rente mit 67 in der 16. Legislaturperiode die Artikel der in der FAZ vom 31.10.2005, 30.01.2006, 04.03.2006, 20.03.2006, 20.04.2006, 29.04.2006, 02.05.2006, 22.05.2006, 11.07.2006, 17.07.2006, 18.09.2006, 19.10.2006, 23.10.2006, 26.10.2006, 26.11.2006, 30.11.2006, 21.12.2006, 04.01.2007, 06.01.2007, 16.01.2007, 22.01.2007, 25.01.2007, 27.01.2007, 30.01.2007, 31.01.2007, 13.02.2007, 22.02.2007, 24.02.2007, 27.02.2007, 10.03.2007 und 14.03.2007 sowie Engelen-Kefer (2006) und Nürnberger (2007).

  83. 83.

    Die IG Metall sah diese Proteste als vollkommen gerechtfertigt an, um der Politik zeigen zu können, wie sehr die Menschen gegen die Rente mit 67 wären. Ihr bereits genanntes Gegenkonzept sei vor dem Hintergrund der aktuellen arbeitsmarktpolitischen Lage viel eher im Stande, die Bedürfnisse der Menschen und die Finanzierung der GRV in Einklang zu bringen. Siehe zu der Meinung der IG Metall sowie der Einstellung zu den Protesten die Interviews mit dem damaligen IG-Metall-Vorsitzenden Peters sowie den damaligen IG-Metall-Bezirksleitern Peters und Hofmann in der Süddeutschen Zeitung: Peters/Haas (2006), Meine/Haas (2007) und Hofmann/Esslinger (2007).

  84. 84.

    Problematisch war an den Protesten, dass sie sich gegen die Politik richteten, allerdings den Betrieben schadeten. Diese hatten aber keinen direkten Einfluss auf die Änderung oder das Aussetzen des RV-AGAG und konnten sich somit nicht gegen die Demonstrationen und die mit ihnen verbundene Arbeitsniederlegung wehren.

  85. 85.

    Siehe bezüglich der Meinung und Einstellung der Arbeitgeber*innenverbände zur Rente mit 67 in der 16. Legislaturperiode die Artikel in der FAZ vom 30.01.2006, 09.03.2006, 23.10.2006, 22.02.2007, 24.02.2007 und 27.07.2007 sowie Gunkel (2006).

  86. 86.

    Siehe für eine Definition des Begriffes Policy-Window Kapitel 3.2.2.

  87. 87.

    Zu denken wäre im Bereich der deutschen Rentenpolitik an das RRG 1972, bei dem überraschenderweise ein Misstrauensvotum den Policy-Entscheidungsprozess durchbrochen hat und damit innerhalb dieses Prozesses ein neues Fenster geöffnet wurde, welches die CDU/CSU nutzte, um ihren Gesetzesvorschlag anstatt den der SPD-geführten Regierung erfolgreich zum Abschluss zu bringen.

  88. 88.

    Zum Beispiel seien die Wiedervereinigung West- und Ost-Deutschlands, das öffentliche Rauchverbot und der Ausstieg aus der Atomenergie Belege für Policy-Entscheidungen, die von der öffentlichen Meinung beeinflusst wurden; zudem hätten Arbeitsgeber*innenverbände und die Gewerkschaften versucht, fast alle Entscheidungen der Wirtschafts-, Fiskal- und Sozialpolitik mit zu formen (Zohlnhöfer/Huß 2016: 177–181; Herweg/Huß et al. 2015: 438–441).

  89. 89.

    Die Meinung der Wissenschaft zur Riester-Rente beschreibt diesen Wechsel einheitlich als Abweichung vom bisherigen Pfad (siehe stellvertretend Steinmüller 2018: 137; auch z. B. Marschallek 2004; Wehlau 2009; Torp 2015; Hinrichs 2017).

  90. 90.

    Siehe hierzu die Berechnungen bei Hain/Tautz (2001: 361–366) und Schmähl (2011a: 156–161).

  91. 91.

    Laut der Antwort der Bundesregierung (2018a: 3) auf eine entsprechende kleine Anfrage der Grünen, scheint dieser Zustand bis heute als noch nicht sonderlich problematisch eingestuft zu werden, obwohl die Riester-Rente meiner Einschätzung nach als komplett gescheitert gelten kann, wenn man sich nur einmal die ebenfalls in dieser Antwort enthaltenen Zahlen zu den abgeschlossenen und ruhenden Riester-Verträgen anschaut. Ein Umstand der weiter oben bereits ausführlicher besprochen wurde (siehe Fußnote 24 in Kapitel 2.2).

  92. 92.

    Zum Beispiel durch Änderungen an der Rentenformel. Dieses Mittel wurde aber bereits im März 2004 durch die Verabschiedung des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes gewählt und war daher vorerst nicht verfügbar, da eine erneute Änderung das Vertrauen der Menschen in die Rentenversicherung hätte stören können.

  93. 93.

    Auf diesen Umstand komme ich auch noch einmal in Kapitel 4 zurück, denn gerade dies wurde als zentrales Argument im Rahmen der Rechtfertigungsstrategien der Rente mit 67 verwendet: Die zusammenbrechende Finanzierbarkeit der GRV. Siehe hierzu auch die Einschätzung des Sozialbeirats (2003: 9) zum Rentenversicherungsbericht 2003, der die wirtschaftliche Lage und deren Auswirkungen gepaart mit dem demografischen Wandel ebenfalls als äußerst kritisch einordnete.

  94. 94.

    Auch wenn die späteren Bundeszuschüsse noch höher liegen sollten, der Anteil an den Gesamteinnahmen war niemals höher als 2005.

  95. 95.

    So lag die Erwerbsquote der 55- bis 65-Jährigen im Jahr 2003 bei 46,6 Prozent und im Jahr 2005 immerhin bei 52 Prozent (BAS 2017: 1). Allerdings muss man hierbei anmerken, dass das Statistische Bundesamt im Jahr 2005 seine Berechnung und Durchführung des jährlichen Mikrozensus änderte. So bezieht sich der Wert von 2005 auf den Jahresdurchschnitt, der Wert von 2003 noch auf eine Woche im Mai (Destatis 2005). Da ansonsten diesbezüglich keine verlässlichen Daten vorhanden sind, fällt es schwer abzuschätzen, ob der Wert von 2005 im Vergleich zu 2003 eher zu hoch oder zu niedrig anzusetzen ist. Nichtsdestotrotz ist ein Anstieg von circa 5,6 Prozentpunkten meiner Einschätzung nach kein Grund, um zu einer grundlegend anderen Problemdefinition zu gelangen.

  96. 96.

    2003 machte der Bundeszuschuss 26,4 Prozent der Einnahmen der GRV aus, 2005 26,6 Prozent (DRV 2018: 242).

  97. 97.

    Nachdem sich die Zahl der Riester-Verträge von 2001 (1,4 Millionen Verträge) bis 2002 (3,32 Millionen Verträge) mehr als verdoppelt hatte, stieg die Zahl der Verträge 2003 auf nur noch knapp 3,89 Millionen Verträge an (BMAS 2018b). Bis Ende 2005 war diese Zahl dann lediglich auf 5,36 Millionen Verträge angestiegen. Seit 2007 stagnierte der Zuwachs zunehmend deutlich und seit 2017 ist die Anzahl der Riester-Verträge sogar rückläufig (BMAS 2018b).

  98. 98.

    Jedenfalls lehnten auch bereits 2000 und 2001 gut zwei Drittel der Befragten einer Studie eine Anhebung der Regelaltersgrenze ab (Börsch-Supan/Heiss et al. 2004: 53).

  99. 99.

    Obwohl das RV-AGAG an anderer Stelle als „größere Pfadabweichung in der Sozialpolitik der zweiten Großen Koalition“ angesehen wird, da bis zu jenem Zeitpunkt so große (kostensenkende) Strukturreformen für eine Große Koalition eher unüblich waren (Schmidt 2010: 311). Inhaltlich kann es aber nicht als solche bezeichnet werden und es ist mir auch kein Fall bekannt, dass dies in einer wissenschaftlichen Abhandlung so geschehen wäre.

  100. 100.

    Jedenfalls kann man die in Kapitel 3.1.4 gezeigten äußerst drastischen Wertungen der Idee meines Erachtens nach so werten.

  101. 101.

    Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt auch Hinrichs (2017: 371 f.), der die Ablehnung der Rente mit 67 als Teil des RV-Nachhaltigkeitsgesetzes ebenfalls mit der fehlenden Mehrheit für diese Idee in den Reihen der SPD begründet.

  102. 102.

    Dieses Verhalten zeigte sich auch im Abstimmungsverhältnis zum RV-Nachhaltigkeitsgesetz. Einen dem Nachhaltigkeitsfaktor der Rürup-Kommission nahezu identischen demografischen Faktor hatte auch die Herzog-Kommission (2003: 43) vorgeschlagen. Zudem gab es einen ähnlichen Faktor bereits im Rahmen des von der CDU/CSU/FDP-Regierung verabschiedeten RRG 1999. Obwohl die CDU/CSU also grundlegend dem Nachhaltigkeitsfaktor der rot-grünen Regierung zustimmte, stimmte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion geschlossen gegen das RV-Nachhaltigkeitsgesetz, wie die Ergebnisse der Abstimmung zeigen (siehe Bundestagsplenarprotokoll 15/97: 8670 ff.).

  103. 103.

    Mit dieser Aussage folge ich den Ausführungen von Herweg/Huß et al. (2015: 441 ff.) bezüglich der Frage, wann in Deutschland ein Policy-Strom reif ist. Danach ist dieser reif, wenn es mindestens eine durchführbare Policy-Alternative gibt. Eine Idee wird wiederum als eine durchführbare Policy-Alternative definiert, wenn sie von mindestens einer Partei offiziell vertreten wird, z. B. „by a resolution at a party conference, inclusion in an election manifesto or decision of the parliamentary party“ (Herweg/Huß et al. 2015: 442).

  104. 104.

    Hiermit folge ich den Ausführungen von Herweg/Huß et al. (2015: 439), die den Politics-Strom als reif definieren „when the majority party or the governing coalition embraces a proposal“.

  105. 105.

    Siehe die Aktuelle Stunde mit dem Titel Protestaktionen der Gewerkschaften zur Heraufsetzung des Rentenalters (Bundestagsplenarprotokoll 16/79: 7832–7847).

  106. 106.

    Aber ihre Inhalte – das muss man mitbedenken – waren im Gegensatz zur offensichtlichen Idee Rente mit 67 leichter zu kaschieren, da sie oftmals komplizierte Anpassungen der Rentenformel oder anderweitige Kürzungen in verschiedenen Bereichen des Sozialsystems oder der Anrechnung von Beitragszeiten beinhalteten (vgl. hierzu auch die Ausführungen in Kapitel 3.3).

  107. 107.

    Verlässliche Aussagen könnten hier wohl nur durch Interviews mit zentralen Akteurinnen und Akteuren generiert werden.

  108. 108.

    Auch wenn der Fokus der Kapitel 3.1.4 und 3.2.4 nicht auf der Klärung einer entsprechenden Frage lag, so kann man aus den gemachten Ausführungen klar erkennen, dass dies der Fall war. Konkretere und detaillierte Informationen über sämtliche rentenpolitische Entwicklungen seit 1945 bis 1998 finden sich bei Schmähl (2018), seit 1990 bis 2009 bei Schmähl (2011a) und für neuere Entwicklungen bei Hinrichs (2017).

  109. 109.

    Zur Erinnerung: mit Problem-Windows und Political-Windows unterscheidet Kingdon ([2003] 2014: 173 ff.) zwei unterschiedliche Typen von Policy-Windows, die entweder durch Veränderungen im Problem- oder im Political-Strom verursacht werden.

  110. 110.

    Basierend auf den Ausführungen von Lakoff (2014: Kapitel 1) kann die Rente mit 67 dem strict father model zugeordnet werden, da man hier die Alterssicherung aus eigenen Antrieb gewährleisten muss. Man bekommt nur so viel Rente, wie man dafür gearbeitet hat. Der Staat schafft also nur die Rahmenbedingungen. Die Grundrente entspricht hingegen den Vorstellungen des gegensätzlichen nurturant parent model, da hier durch redistributive Verteilung Ungleichheiten, welche für das Individuum schwer bis unmöglich auszugleichen sind, abgemildert oder gar beseitigt werden. Der Statt greift hier also regulierend in das System ein.

  111. 111.

    Dies waren insbesondere die Streichung der obligatorischen privaten Vorsorge aus dem RRG 2001 und die Einführung von zusätzlichen Rentenberichten ab 2008 im RRG 2004 (Schmähl 2011a: 156; Hinrichs 2017: 371 in Verbindung mit RV-Nachhaltigkeitsgesetz: 1796).

  112. 112.

    Den Ausführungen von Herweg/Huß et al. (2015) folgend wäre dies auch aus Sicht des MSA äußerst unüblich gewesen.

  113. 113.

    Vgl. hierzu die Ausführungen von Hegelich/Knollmann et al. (2011), die ausführlich das Verhältnis von Gewerkschaften und SPD und dessen Veränderung durch die Reformen der Agenda 2010 darstellen.

  114. 114.

    Dies wäre aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im 15. Deutschen Bundestag nicht möglich gewesen, da die damalige rot-grüne Regierung nur 50,7 Prozent der Sitze hatte (Bundeswahlleiter 2018: 98 ff.). Im 16. Deutschen Bundestag hatte die damalige Große Koalition aber zusammengenommen 73,0 Prozent der Sitze, wodurch eine Abweichung von einigen Gegenstimmen aus den eigenen Reihen problemlos möglich war (Bundeswahlleiter 2018: 98 ff.). Siehe hierzu auch das Ergebnis der namentlichen Abstimmung des RV-AGAG am 9. März 2007 (Bundestagsplenarprotokoll 16/86: 8688 ff.).

  115. 115.

    So auf jeden Fall der Rückschluss über das in Kapitel 3.1.4 und 3.2.4 beschriebene Verhalten der politischen Entscheidungsträger*innen.

  116. 116.

    Eine entsprechende Analyse ist zwar nicht Teil der vorliegenden Arbeit, allerdings kann ich nach Auswertung der vorliegenden Dokumente sagen, dass wenn überhaupt irgendetwas zu Altersarmut führt oder führen wird, es die Rentenreformen der 1990er und Anfang/Mitte der 2000er Jahre – und hier insbesondere die starke Absenkung des Rentenniveaus – in Kombination mit dem heute stellenweise immer noch vorhandenen Unwillen der Firmen sind, ältere Arbeitnehmer*innen bis zum Erreichen der Altersgrenze in vernünftigen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen unter humanen und altersgerechten Arbeitsbedingungen zu beschäftigen, aber nicht die Rente mit 67 (vgl. hierzu auch noch einmal die Ausführungen in Kapitel 2.2).

  117. 117.

    Es ist auch bezeichnend, dass Mehta (2011) trotz der großen Überschneidungen zu Campbells (1998, 2004) Einteilung von Ideen, dessen 1998er Publikation nur am Rande und seine erweiterten, gefestigten Überlegungen von 2004 gar nicht erwähnt.

  118. 118.

    Hier sei noch angemerkt, dass Mehta (2011: 33) in seinem Konzept durchaus auch die zentrale Rolle von Frames erkennt, diese nur nicht als expliziten Teil seiner Typologie definiert. Vielmehr tauchen sie als „one element in a broader battle over problem definition“ in eben dieser Kategorie auf, sollen sich aber von dieser doch unterscheiden. So wie Mehta Frames also am angegebenen Ort definiert liegen sie wie bei Campbell (1998, 2004) zwischen seinen policy solutions und den problem definitions: „framing [Hervorhebung im Original] has been mostly employed as a term to describe how to package a preexisting set of ideas to win more adherents to one’s position“; oder auch policy solution, möchte ich hinzufügen.

  119. 119.

    Mit Problem-Windows und Political-Windows unterscheidet Kingdon ([2003] 2014: 173 ff.) zwei Typen von Policy-Windows, die entweder durch Veränderungen im Problem- oder im Political-Strom verursacht werden.

  120. 120.

    Damals gaben CDU/CSU und FDP dem Wunsch, möglichst lange an der geringeren Altersgrenze für Frauen festzuhalten, nach. Damit handelten sie zwar nach dem Willen der Menschen, aber diese Regelung zementierte für weitere Jahre auch Machtverhältnisse und versuchte arbeitsmarktpolitische Ungerechtigkeiten mit rentenpolitischen Sonderregelungen zu begradigen, wie Allmendinger (1996) überzeugend argumentiert.

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Zachäus, M. (2021). Die emotionale Qualität der Idee Rente mit 67. In: Der lange Weg der Rente mit 67. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32840-5_3

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