Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund anhaltender Debatten über die fortschreitende Heterogenisierung der Studierendenschaft und deren Auswirkungen auf den Alltag an Hochschulen gewinnen Fragen der studentischen Kultur und Fachkulturen an Relevanz. In unserem Beitrag diskutieren wir selbige aus einer kultursoziologischen Perspektive. Dabei präsentieren wir aufbauend auf Brändle (2019) ein Konzept zur Operationalisierung von fachspezifischen studentischen Kulturen mittels quantitativer Daten. In Anlehnung an Huber (1991) betrachten wir die fachkulturelle Dimension „studentische Lebensstile“ und identifizieren mittels Lebensstilkonzepts von Otte (2008) die Positionen der Studierenden im sozialen Raum. Anschließend werden bivariate Kerndichtschätzungen zur Bestimmung fachspezifischer studentischer Kulturen durchgeführt. Hierzu analysieren wir Daten der 21. Sozialerhebung (Middendorff et al. 2017) und werfen beispielhaft einen Blick auf Studierendenkulturen der Humanmedizin und Wirtschaftswissenschaften an Universitäten.
Schlüsselwörter
- Fachspezifische studentische Kultur
- Lebensführung
- Sozialerhebung
- Sozialstrukturforschung
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(Quelle: 21. Sozialerhebung, n = 7186, Punktdiagramm und Kerndichteschätzungen)

(Quelle: 21. Sozialerhebung, n = 810, bivariate Kerndichteschätzungen und Treppenstufendiagramm)

(Quelle: 21. Sozialerhebung, n = 773, bivariate Kerndichteschätzungen und Treppenstufendiagramm)

(Quelle: 21. Sozialerhebung, n = 1583, Überlappungen der bivariaten Kerndichteschätzungen)
Notes
- 1.
Das Konzept wurde seither mehrfach überarbeitet, weiterentwickelt und auf seine Tragfähigkeit geprüft (Otte 2013; Otte 2019). Die Grundstruktur des Ansatzes wurde dabei beibehalten, auch wenn Otte zuletzt die Anzahl der Items für die einzelnen Achsen sowie die Formulierung einzelner Items überarbeitet hat (2019).
- 2.
Davon fehlen für 50 Studierende Angaben zum Geschlecht, für 13 Studierende Angaben zum Alter und für 43 Studierende Angaben zum Fachsemester.
- 3.
Die Auswahl basiert auf dem Grad der sozialen Öffnung und Schließung der beiden Fachbereiche: Aufgrund empirischer Befunde zur Reproduktion einer fachspezifischen Studierendenklientel (Lörz 2012; Engler 1993) gehen wir davon aus, dass es sich bei den Wirtschaftswissenschaften um ein eher sozial offenes Fach handelt. Nicht zuletzt beinhaltet dieser Fachbereich Massenstudiengänge wie Betriebswirtschaftslehre. Die Humanmedizin hingegen ist insbesondere aufgrund von Zugangsbeschränkungen (Numerus Clausus) ein eher sozial geschlossenes Fach. Hierdurch kann untersucht werden, inwiefern sich ein unterschiedlicher Grad an Offenheit auch in den studentischen Lebensführungen widerspiegelt. Anzunehmen ist, dass sich ein höherer Grad der Offenheit in einer heterogeneren studentischen Kultur widerspiegelt (z. B. bei den Wirtschaftswissenschaften) und ein höherer Grad an Schließung demnach in einer homogeneren Studierendenkultur und damit einer größeren Übereinstimmung selbiger zwischen Studierenden verschiedener Universitäten beobachten ließe.
Literatur
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Brändle, T., Becker, K. (2021). Gleiches Fach – gleiche Kultur? Das Potential der Lebensstilforschung zur Identifikation von fachspezifischen studentischen Kulturen in der quantitativen Hochschulforschung. In: Bohndick, C., Bülow-Schramm, M., Paul, D., Reinmann, G. (eds) Hochschullehre im Spannungsfeld zwischen individueller und institutioneller Verantwortung . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32272-4_10
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