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Empirie – Wie innerfamiliäre Betreuungsentscheidungen zustande kommen – sechs Falldarstellungen

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Eine Kindheit ohne Kindergarten

Part of the book series: Studien zur Schul- und Bildungsforschung ((SZSBF,volume 83))

  • 1996 Accesses

Zusammenfassung

Die folgenden Falldarstellungen umfassen sechs Familien und erfolgen in Form von Familienportraits im Hinblick auf die Forschungsfrage(n). Dazu werden die Familien jeweils als Fall betrachtet und damit der familiären Spezifik Rechnung getragen. Die jeweiligen Portraits sind in Ihrem Aufbau ähnlich gestaltet.

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Notes

  1. 1.

    Was auf eine Aufwertung der eigenen Schilderungen schließen lässt.

  2. 2.

    Dem Kontext ist zu entnehmen, dass beide miteinander verheiratet waren und nach Jonas Geburt die Scheidung vollzogen wurde.

  3. 3.

    Als das jüngste von drei Kindern, die ihrer leiblichen Mutter durch das Jugendamt entzogen wurden, kam sie mit 12 Monaten in eine Pflegefamilie. Dort ereigneten sich etliche Problemkonstellationen, die Sarah aus der Ersatzfamilie herausführten, und sie in ein anderes Betreuungssetting für Jugendliche wechseln ließen. Ihre Geschwister, die an je anderen Orten und in verschiedenen Zusammenhängen getrennt voneinander aufwuchsen, blieben Fremde. Während Sarah als 21 Jährige mit Jacqueline schwanger war, fand sie Kontakt zu ihrer Schwester, die zeitgleich Mutter wurde. Nach ersten anfänglichen Kontakten, erkrankte ihre Schwester an einem Krebsleiden, woraufhin Sarah den Kontakt eigenaktiv abbrach. Ihr Bruder blieb ihr gänzlich fremd und von ihren Großeltern distanzierte sie sich nach einer Zeit sporadischer Kontakte. Zu Sarahs leiblichem Vater liegen keine Informationen vor, von ihrer leiblichen Mutter berichtet sie, dass es zu einem weiteren Bruch kam. Als Sarah das erste Mal Mutter wurde, suchte sie Kontakt zu dieser. Obwohl ihre Mutter außerhalb Deutschlands wohnhaft war und ist, kam es zu einem Wiedersehen, von dem Sarah sich mehr erhofft hatte. In ihrer Deutung stieß sie auf ungenügende Resonanz und reagierte auf das scheinbare Desinteresse ihrer Mutter mit einem endgültigen Abbruch des Kontakts.

  4. 4.

    Sarah äußerte sich bspw. auf der Internetseite innerhalb des Familienforums zu Jonas körperlicher Verfassung so, dass er bei der Geburt „sehr groß“ war. Das wiederum muss nicht im Kontrast zur Aussage eines „frühchens“ stehen, verwundert jedoch ebenso, wie der Verzicht auf diese Information auf der Seite im Netz. So steht die getroffene Begründungsfigur in Zweifel. Ebenso zieht es ihre vorherigen Aussagen infrage, die sie zu einer umfassenden frühkindlichen Förderung Jonas körperlicher Verfassung (wie mittels Babyschwimmen, die Sarah als Maßnahmen gegen eine geistige Behinderung einführt) formuliert.

  5. 5.

    Auch im Fortgang entkräftet Sarah den Vorwurf der akuten Kindeswohlgefährdung, der ihr seitens der Pflegemutter angelastet wird, und überführt diesen in die Normalität – hier durch Kritik am öffentlich-medialen Diskurs.

  6. 6.

    Zu Beginn des Interviews stellt Sarah dar, dass ihrer Familie (hier der Pflegemutter) der Kontakt vor fünf Jahren von behördlicher Seite untersagt wurde – sie somit die Behörden auf ihrer Seite hat und über den rechtlichen Erlass verfügt, in dem das Unterlassen des Kontakts geregelt sei.

  7. 7.

    Das Finden der Personen stellt sie als einen eigenaktiven Part des Suchens heraus, der sich im Fortgang der Erzählung als Angebotsannahme eines ehrenamtlichen Engagements entpuppt. Dieses Vorgehen Sarahs wird an etlichen Interviewstellen deutlich. Sie stellt sich als diejenige dar, die Initiativen ergreift und sich aktiv auf die Suche nach Angeboten für sich und die Kinder begibt, stattdessen wird durch den konjunktiven Sinngehalt deutlich, dass sie auf bestehende Angebote reagiert. Auch hier zeigt sich die enorme Diskrepanz zwischen Selbstbild und Praxis – respektive zwischen kommunikativen und konjunktiven Sinngehalten.

  8. 8.

    Ihre gehäufte Verwendung des Wortes „dann“, als kurze Aneinanderreihung von vielen Ereignissen, zeigt auch die Fülle an Aufgaben, die Sarah bewältigen muss.

  9. 9.

    So wird bspw. in Bezug auf die Hobbyausübung der Kinder deutlich, dass Sarah individuelle Interessen und Bedeutungszusammenhänge ausblendet. Das Ausüben der Hobbys ist für beide Kinder aneinander geknüpft, wobei Jacquelines Möglichkeitsräume an die von Jonas gekoppelt sind. Eigene Orte, Freiheiten, Möglichkeiten ihrer Tochter sind nicht Bestandteil ihres konjunktiven Erfahrungswissens. Jacquelines Individualität wird unter die familiäre Praxis, die sich in diesem Fall an Jonas bemisst, subsumiert. In Bezug auf die Ausübung der Hobbys sind es vor allem der Wert der Verantwortung sowie das meritokratische Leistungsprinzip, die für Sarah besetzt sind. Wodurch Sarahs freizeitbezogene Vorstellungen nicht durch Spaß und Freiheit – wie Sarah es verlautet – gekennzeichnet sind, sondern durch Disziplin, Verantwortung und Leistungserbringung. Damit verrät Sarah auch, dass ihre Orientierungen bezüglich ihrer Kinder weder individualisiert noch kindzentriert ausfallen, sondern sich an allgemeinen, gesellschaftlichen Anerkennungsprinzipien bemessen, die hier über körperliche (nicht kognitive) Anstrengungsbereitschaft verlaufen.

  10. 10.

    Einerseits stellt gemeinsames Essen mit den Kindern ein negativ akzentuiertes Thema dar, andererseits wird Essen zum durchgängigen Thema. So bleibt die Lesart bestehen, dass Sarah sich an der Konvention der Grundversorgung ihrer Kinder abarbeitet. Vergegenwärtigt man sich den Kontext, dass Sarahs Pflegemutter diese Art der Grundversorgung beim Jugendamt unter der Anklage der Kindeswohlgefährdung bemängelt hat, erklärt sich womöglich, warum Sarah etliche Essensbeispiele bringt und sich an diesen ‚abarbeitet‘, obwohl sie in Sarahs Orientierungsrahmen im familiären Alltag den Charakter der Beiläufigkeit aufweisen. So verstärkt sich die These, dass Sarah sich an normalen Strukturen, hier einer beständigen Essensversorgung pflichtgemäß abarbeitet und dies als verbindendes Element meidet, da sie dies nicht füllen kann.

  11. 11.

    Auch in diesen Erzählungen dokumentiert sich Sarahs Überforderung und Ruhebedarf. Während andere Betreuungspersonen sich um Sarahs Kinder kümmern und bspw. außerhäuslich unterwegs sind, wie zum Besuch eines Spielplatzes, zieht sich Sarah in die heimische Sphäre zurück.

  12. 12.

    Doch aktuell sei das nicht mehr der Fall. In Sarahs Sichtweise ist Jonas Potentialausschöpfung nun abgeschlossen. Damit fällt Jonas Entwicklung auch nicht mehr in Sarahs Verantwortungsbereich.

  13. 13.

    Auch eine meinerseits vorgenommene telefonische Nachfrage bei der von Sarah zuerst aufgesuchten Klinik ergab, dass sich seit Bestehen der Klinik Experten mit der Diagnoseerstellung von Autismus(formen) beschäftigen und dieses attestieren, insofern vorhanden.

  14. 14.

    Stellt man Gedankenspiele zu alternativen Umgangsweisen an, zeigt sich die Logik, die Sarahs erzähltes Handeln (die der Enaktierung Jonas Behinderung zu offenbaren) zugrunde liegt, ebenfalls. Sie könnte bspw. mit Vorwürfen bezüglich Jonas Verhalten konfrontiert sein und diese als absurd zurückweisen. Sie könnte angeben, eine tolerante Mutter zu sein und ein „normales“ Kind zu haben, das sich von Zeit zu Zeit ungewöhnlich benimmt (falls Jonas das tut). Sie könnte jeglicher Sonderbehandlung ablehnend gegenüberstehen und Normalität einfordern oder erst gar nicht auffallen wollen. Diese Praxis vollzieht Sarah nicht und erfährt über die eigens initiierte und legitimierende Etikettierung „Sonderstatus“ des Sohnes eine privilegierte „Sonderbehandlung“ und Anerkennung als besonders anerkennungswürdige Mutter qua Belastung durch Jonas. Das zeigt auch die Textpassage, in der Sarah angibt, anderen Personen Jonas' Behindertenausweis vorzulegen und diesen anzudrohen, dass diese ab sofort für Jonas zuständig seien.

  15. 15.

    So berichtet Sarah von Jonas’ Präferenz, Lebensmittel meist getrennt zu sich nehmen.

  16. 16.

    Isabell ist seit zwei Jahren im Kindergarten, wobei Sarah zudem Randzeiten und teilweise Wochenenden in der Betreuung abdeckt.

  17. 17.

    Sarah verwendet eine für die institutionelle Einbindung des Kindes typische Formulierung der Betreuung – damit ist Sarah nicht nur Jonas Mutter, sondern auch dessen Betreuerin aufgrund der Unfähigkeit der Institution Kindergarten, Jonas Besonderung anzuerkennen. Sarah ist Kindergartenersatz und kommt ihrer Orientierung der Besonderung Jonas selbst nach. Denn sie sorgt für die fehlende Anerkennung.

  18. 18.

    Auffällig ist, dass es sich bei den postulierten Ersatzangeboten einerseits um reguläre Hobbys beider Kinder handelt und die Ersatzangebote für Jonas (bis auf Eines) bereits vor der Herausnahme aus dem Kindergarten integraler Bestandteil des Alltags waren. Dies zeigt umso pointierter, dass Sarah ihre Herausnahme mit einem Ersatzprogramm und einer besseren Förderpraxis rechtfertigt.

  19. 19.

    Sarah führt etliche Aspekte an, die allesamt nicht Jonas Förderung beinhalten. Sie berichtet zum Finden des Angebots, welches sie zunächst als eigene Suche darstellen will, berichtet zur finanziellen Ersparnis, zu den Tätigen vor Ort und ihrer Anwesenheit. Etwas zur Therapie, zu den Methoden, Ansätzen, Verläufen, Ergebnissen wird nicht erzählt. Lediglich, dass es einen Nutzen aller gab, der im positiven Fall durch Spaß gekennzeichnet ist. Das wiederum steht nicht in einem logischen Zusammenhang für die Inanspruchnahme einer Therapie und der Förderung(sintention) eines Kindes. Jonas’ Relevanz besteht ausschließlich als Legitimationsfigur.

  20. 20.

    Zwar kann man davon ausgehen, dass diese Therapieform den positiven Nebeneffekt hat, schulische Inhalte bzw. allgemeines Wissen zu akkumulieren, doch eine Therapie dient dem Zweck der Gesundung von Körper und/oder Geist. Sarahs Wendung, bezüglich Therapiesitzungen den entscheidenden Effekt – als Lerneffekt für Schule – anzusehen, zeigt die Besonderung des Zwecks und Sarahs Ausblenden der Grundintention von Therapien.

  21. 21.

    In diesem Zusammenhang werden keine Schwierigkeiten im Umgang mit Kindern für Jonas relevant. Auch diesbezüglich relativiert sich der von Sarah festgestellte Einzelgängerstatus ihres Sohnes.

  22. 22.

    Wie auch empirische Ergebnisse belegen, können Hauptschüler*innen mit enormen Stigmatisierungsprozessen konfrontiert sein und vermögen nur in Ausnahmefällen einen Vollzug zum Bildungsaufstieg, der die späteren Lebenschancen entscheidend mitbestimmt (vgl. Schneider 2018).

  23. 23.

    So kann sich bei Jonas ein transgenerativer Aspekt einer Bindungsstörung abzeichnen und die Vermutung liegt nahe, dass das von Sarah als autistisch gekennzeichneten Verhalten von Jonas möglicherweise das reproduziert, was Sarah als Sozialisationsbedingungen schafft – eine starre Struktur, die stets Routinen einfordert.

  24. 24.

    Jonas bezieht sich nicht auf die Rollenförmigkeit der Beziehung an sich, sondern auf diffuse Anteile der Lehrpersonen, damit auf Verhaltenseigenschafen ihm zugewandter, wohl gesonnener Personen, die für ihn unproblematisch und positiv besetzt sind.

  25. 25.

    In einer psychologischen Lesart, die den methodischen Rahmen verlässt, könnte man davon ausgehen, dass Sarahs selbstinitiierte Abbrüche der Beziehungen für das Verlassen ihrer Opferrolle stehen. Sie behält damit die Kontrolle über sich und die Beziehungsgestaltung, um die Erfahrungen des Verlusts und der Verletzung nicht erneut erleiden zu müssen. Doch diese Erfahrungen reproduzieren sich.

  26. 26.

    Die Schulabschlüsse beider Herkunftsfamilien sind nicht bekannt; zu Lars’ Eltern fehlen weitere Daten.

  27. 27.

    So sandte Hollie vor dem Treffen einen lokalen Zeitungsartikel mit, in dem ein Interview zur innerfamilialen Betreuung, welches sie zwei Jahre zuvor gegeben hatte, abgedruckt war.

  28. 28.

    In Bezug auf den Schutz der Kinder vor gefährlichen Einflüssen und die Präferenz emotionaler Unterstützungsleistungen für die Kinder, sind sich Mutter Hollie und Mutter Serafine (Interviewfamilie 9) ähnlich. Während Mutter Serafine Bildungsprozesse in Organisationen als unpassend ansieht, leugnet Mutter Hollie diese Möglichkeit des Lernens der Kinder nicht, fokussiert jedoch – wie Mutter Serafine – die emotionalen Unterstützungsmöglichkeiten zu Hause.

  29. 29.

    Die Interviewerfrage nach Linos eventuellem Verlangen, in den Kindergarten zu wollen, impliziert eine Dringlichkeit und unterstellende Interpretation eines Vergemeinschaftungswunsches von Linos. Dabei sind sowohl Dringlichkeit als auch die Bedeutung von Peers in Teilen immanente Bestandteile des vorher Gesagten durch Hollie, aber auch Bedeutungsgehalt der Interviewerin. Die Interviewerin weist in der Fragestellung bereits auf ein krisenhaftes Moment hin, der durch Hollie in Folge bearbeitet werden soll.

  30. 30.

    Mögliche Schuldgefühle, die sie bei den Kindern auslöst, zeigen sich bei Hollie als nicht bedeutsam.

  31. 31.

    Sie benötigt beinah eine halbe Minute und atmet schwer aus, bis sie darstellt, im Hier und Jetzt zu leben. Ein Zukunftsentwurf oder -ideal scheint ihr nicht zugänglich zu sein.

  32. 32.

    Vor dem Hintergrund ihrer eigenen weniger positiven Erfahrungen in ihrer Herkunftsfamilie, ist sich Hollie womöglich unsicher darüber, ob die Beziehung zu den eigenen Kindern weiterhin eine auf Nähe basierte sein wird. Vielleicht und auch das bleibt abermals Vermutung, ist die Angst vor sich entfernenden Kindern in der Zugehörigkeit zur religiösen Sondergemeinsschaft verankert. Da der familiäre Kontakt im Fall sich lossagender Familienmitglieder aus der Religionsgemeinsachft untersagt ist/wird.

  33. 33.

    Man kann sich die Frage stellen, warum Kindergärten negativ besetzt sind und das Schulsystem eine vergleichsweise hohe Akzeptanz genießt. Tangiert das Fragen der Legalität, der Bindung, der Zertifikate etc.? Fest steht, dass im Schulsystem eher rollenförmige Beziehungen zwischen Schülern und Lehrern vorherrschen, während im Kindergarten eher basale Nähebedürfnisse und -beziehungen dominieren. Fest steht auch, dass Hollie sich an Recht und Ordnung orientiert, demzufolge die Illegalität des Homeschoolings nicht positiv besetzt sein dürfte. Zudem sieht sich Hollie in Bezug auf ihre Schulbildung als weniger kompetent an. Es ließen sich weitere Vermutungen anschließen, die jedoch allesamt nur als Fragen aufzuwerfen sind.

  34. 34.

    Man könnte vermuten, dass Hollie in ihrer Kindheits-/Jugendphase weniger positive Erfahrungen mit Peers gesammelt hat (wie es bei Mutter Serafine aus Interviewfamilie 9 der Fall ist). Das ist Spekulation, dennoch zeigt sich, dass Peers als potentiell gefährliche und „brutale“ Interaktionspartner eingeordnet werden, vor denen sie ihre Kinder schützen will. Potentiale von Kindern, in Interaktionen einen gemeinsamen Umgang miteinander einzuüben und zu lernen sowie das Aushalten von Auseinandersetzungen und interagierendes Lösen von Problemen, sind nicht Bestandteil Hollies konjunktiven Erfahrungswissens. Ihr Ansinnen ist es einerseits, den Kindern ein liebevolles Zuhause zu bieten, in dessen Rahmen die Kinder für potentiell gefährliche Interaktionen gestärkt werden und andererseits steht die Abgrenzung von derartigen Interaktionen und Interaktionspartnern in ihrem Fokus – damit auch eine Vermeidung von Konfliktaushandlungen.

  35. 35.

    Zum Vergleich mit Linos muss festgehalten werden, dass er erst seit kurzem Schulkind ist und über längere Erfahrungszeiträume in Bezug auf den Leistungsaspekt nicht verfügt. Zudem weist das Interview mit ihm aufgrund des Mangels an Zeit keine weiteren Nachfragen zum Thema Schule auf.

  36. 36.

    Der genaue Zeitpunkt ist nicht bekannt.

  37. 37.

    Nimmt man alle acht Familienmitglieder als Bezugsgröße fällt das Einkommen eher gering aus, was zwar den aktuellen (Nicht-)Beschäftigungsverhältnissen aller Familienmitglieder entspräche, aber nicht das Eltern- und Kindergeld enthalten dürfte (auf welches möglicherweise auch verzichtet wird). Auch weitere Überlegungen lassen eine Eindeutigkeit und Plausibilität in den nicht selbst erklärenden Daten nicht erkennen.

  38. 38.

    Vergleicht man die in den jeweiligen Familien rekonstruierten Bildungs- und Erziehungsziele, werden bspw. bei Mutter Silke (Interviewfamilie 10 oder innerhalb der expliziten Bildungs- und Erziehungsziele Mutter Serafines aus Interviewfamilie 9), (moderne individualisierte) Werte und Orientierungen deutlich, die Aspekte wie Selbstständigkeit und Freiheit von Individuen beinhalten, wobei diese den Werten Mutter Antonias, die Unterordnung und Konformität für die Kinder implizieren, maximal entgegenstehen.

  39. 39.

    Zumindest ist über Mutter Antonia hinaus bekannt, dass auch ihr Bruder dem Vorbild seiner Eltern folgt und seine Kinder innerfamiliär betreut aufwachsen.

  40. 40.

    Die distinktiven Praxen vollziehen sich insbesondere über das Attestieren von Kompetenzmängeln gegenüber den nachwachsenden Generationen, die eine öffentliche Betreuung in Anspruch nehmen und nahmen. In Antonias subjektiver Deutung weisen sowohl die Kinder, die an öffentlicher Betreuung teilhaben, als auch deren Mütter Defizite auf. Während Antonia diese Kinder vor allem mit Defiziten körperlicher und kognitiver Art assoziiert, schreibt sie den Müttern zu, ihre natürlichen Instinkte im Umgang mit den Kindern verloren zu haben. Diese Besinnung auf „natürliche“ Prozesse und „urzeiten“ als Abgrenzungspraktik von einer öffentlichen Betreuung findet vor allem über die traditionell-tradierten Orientierungen und die Zugehörigkeit zu einer religiösen Sondergemeinschaft statt.

  41. 41.

    Die Auswertungsmethode der Objektiven Hermeneutik wurde deswegen gewählt, weil sie sich insbesondere für die Interpretation kurzer Interaktionssequenzen eignet. Diese Möglichkeit, mit wenig Material zu fundierten Aussagen zu gelangen, erwies sich für die mitunter sehr reduziert ausfallenden Äußerungen der Familienmitglieder während der Kinderinterviews als hilfreich.

  42. 42.

    Wahrscheinlich ist, dass dieser mit seiner Familie im 2. Weltkrieg aus der Region vertrieben wurde und eine neue Wohnregion im Land ‚X‘ fand.

  43. 43.

    Die Angaben zu den konkreten Geburtsorten der Eltern liegen nicht vor.

  44. 44.

    Dabei handelte es sich um eine Sammlung aller Bücher der Familie, die sowohl Kinder- als auch Erwachsenenliteratur betraf.

  45. 45.

    Teils forderten die Kinder Aufmerksamkeit der Mutter ein, indem sie gegen Regeln der Familie verstießen und sich vor der Interviewerin inszenierten, und teils teilten sie ihre Bedürfnisse mit.

  46. 46.

    Womöglich auch durch die Anwesenheit der fremden Person – der Interviewerin.

  47. 47.

    Bis zu diesem Ereignis brachte die Interviewerin allen Interviewfamilien ein (traditionelles Süßwaren-) Gastgeschenk aus ihrer Heimat mit.

  48. 48.

    Wie: 1. dem Wunsch Marlins nach Schokolade, 2. Serafines Wunsch und Angebot an Alternativen, 3. der Wunsch des Gastkindes im Dachgeschoss zu spielen, 4. das Interviewanliegen der Interviewerin.

  49. 49.

    Die Konkretion der Nationalität wirkt identitätsstiftend und kann darauf verweisen, dass Serafine zum aktuellen Wohn- und Lebensort eine Befremdlichlichkeit wahrnimmt, die als Nichtzugehörigkeit gekennzeichnet wird. Ebenso kann die Benennung der anhaltenden nationalen Zugehörigkeit darauf verweisen, dass man am aktuellen Wohnort nicht dauerhaft bleiben wird oder es drückt sich die Stilisierung einer internationalen Persönlichkeit aus. Alle Lesarten verdeutlichen eine Distanzierung Serafines zum aktuellen Lebensort.

  50. 50.

    Eine Patchworkfamilie oder andere Konstellationen, wie ein Alleinerziehendenstatus tauchen in Serafines Möglichkeitsspektrum nicht auf – diese gilt es zu vermeiden.

  51. 51.

    Im Vergleich zu Serafines Leidensgeschichte der Abkehr von ihrem (hoch)kulturellen Wohnort, scheint die Frage des Wohnorts, wo die Kinder aufwachsen, eher irrelevant zu sein. Was für sie zentral ist (und das bestätigt ihre Entscheidung für den Umzug), ist der Erhalt des Familienrahmens. Somit liegt ihre (bis dahin ermittelbare) Relevanz in Bezug auf die Kinder und die Familie auf den für sie bestehenden sozialen Beziehungen und Interaktionsmöglichkeiten.

  52. 52.

    Auch im Nicht-Aufgreifen anderer Perspektiven, wie bspw. Erwachsene, die trotz Familie ihrem Beruf und ihrer eventuellen Berufung (auch als Selbstverwirklichung) nachkommen wollen, zeigt sich Serafines Dogmatik. Ihre geäußerten Ansichten sind eindeutig und absolut – ein differenziertes Bild entwirft Serafine nicht.

  53. 53.

    Des Weiteren stellt sich Serafine – in ihrem Selbstbild – als diejenige dar, die dabei außen vor ist, die die für sie erschreckenden Entwicklungen von außen beobachten kann, während die anderen die Prozesse der Verwertungslogik nicht durchschauen. Auch in diesem Bereich sieht sie sich nicht als diejenige, die aktiv wird (z. B. durch Aufklärungsarbeit). Sie ist die Etablierte, die andere bedauernd beobachtet.

  54. 54.

    Serafines gedachte Alternative zum vorherbestimmten Leben ist zwar selbstbestimmt, jedoch nicht vielfältig und stellt – formal gesehen – lediglich den Kontrast zum Aufwachsen der Kinder in Institutionen dar – am Ort Familie. Auch hier wird ihre Dogmatik deutlich.

  55. 55.

    Es sei bemerkt, dass innerhalb der Familie Bildungsprozesse forciert und möglich werden, die auch schulische Kompetenzen, im Sinne des Literacy, umfassen.

  56. 56.

    Zudem findet sie im familiären (Herkunfts-)Rahmen keine Unterstützung.

  57. 57.

    Der Schritt ins Ungewisse, die Verantwortung für die Kinder als Wagnis, ihr Sicherheitsbedürfnis und die folgende Suche nach Sicherheit, mit anschließender Rückbesinnung auf sich selbst und sich darauf einzulassen sowie abzuwarten was passiert, zeigen ihr Bedürfnis nach Planungssicherheit und klarer Struktur. Diese Parameter befinden sich in ihrem positiven Gegenhorizont, die Ungewissheit im negativen Gegenpart.

  58. 58.

    Ebenso verhält es sich mit Serafines Verständnis sozialer Kompetenz. Diese wird für sie in einer dyadischen Beziehung gedacht, in der sie als Mutter den Kindern Beistand gibt, nicht allein zu sein und ihnen bei emotionalen Befindlichkeiten zu helfen. Auch hier wird Serafines Unterstützerrolle thematisch, zwar in Relation für – aber nicht durch die Kinder selbst. Sozialer Kompetenzerwerb muss durch Erwachsene gestützt und geleitet werden – Kinder können das nicht allein.

  59. 59.

    So könnte man auch davon ausgehen, dass die Eltern als selbstverständliche Akteure nicht benannt werden müssen. Wäre das der Fall, wäre zu fragen, warum Alice ihren Bruder benennt und fragwürdig, dass Alice ihre Eltern auch sonst in keinen positiven Bedeutungszusammenhang setzt.

  60. 60.

    Während in den anderen Familien die Kinderinterviews durch die Eltern mitstrukturiert wurden, ergab es sich in dieser Familie, dass die Mutter während der Interviewsituation mit Tochter Alice nicht anwesend war. Die hier analysierte Familieninteraktion entstammt dem Elterninterview, innerhalb dessen die Kinder zugegen waren.

  61. 61.

    Es lässt sich auch die Frage anfügen, was diese Rekonstruktion bedeutet, wenn Alice der opponierende Akteur war. Auch diese Umgangsweise ließe sich mit der Rekonstruktion einer resignativen Haltung in Verbindung setzen. Dann böte Bruder Marlin womöglich als ‚Verbrüderungsmöglichkeit‘ eine Unterstützung, sich gemeinsam gegen die Mutter zu behaupten – und zwar gerade vor dem Hintergrund einer Lebenswelt, die als eher unpassend und unveränderlich wahrgenommen wird.

  62. 62.

    So bat Silke darum, einige Interviewfragen vorab zu erhalten, um zu wissen, was auf sie zukäme und womit sie ihre Zeit verbringe. Die Begründung lieferte sie gleich mit. Die Zeit mit den drei recht kleinen Kindern sei derzeit kostbar, was ein Nebeneffekt der „kindergartenfreien Erziehung“ sei. Auch die Fragen an Sohn Moritz wünschten sie und ihr Mann Tom vorab, um zu entscheiden, ob sie als Familie und Interviewpartner zur Verfügung stünden. Dazu erläuterte ich, dass es sich um allgemeine und offene Fragen handelt, die vorab nicht mitgeteilt werden, da anderenfalls die Vergleichbarkeit (mit den anderen Familien) fraglich wäre. Dennoch eröffnete ich einen Einblick, worum es bei den Fragen an die Kinder, die noch nicht in der Schule sind, geht: die Interessen, den aktuellen Alltag, das Erleben (ohne Kindergarten) zu Hause, die Relevanz bestimmter Personen sowie Wünsche und Erwartungen an die Schule. Zu den Fragen an die Eltern, fasste ich zusammen, dass es um die Gründe für die Betreuungsentscheidung und um den Alltag in der Familie geht.

  63. 63.

    Moritz saß von mir aus gesehen links, neben ihm war der Platz des Vaters Tom frei, Tochter Ina saß meinerseits rechtsseitig (Moritz gegenüber) und daneben Mutter Silke (quasi gegenüber ihrem Mann), das Baby Florin wurde während des Interviews mit Moritz von Silke gestillt.

  64. 64.

    So liefert das auch den Hinweis, dass Silke an einer romantischen sowie passförmigen Liebesbeziehung entsprechend der eigenen Interessen orientiert ist. Wie sich später noch zeigt, ist Silke auch in Bezug auf ihre Kinder eine Orientierung zu eigen, die eine Passförmigkeit zu deren Interessen impliziert, was aufgrund Moritz abweichender Interessen Schwierigkeiten birgt.

  65. 65.

    Zudem lässt die rationale Formulierung eines Modells auf Fremdheitsmomente schließen oder kann als Aufwertung der Option verstanden werden – im Sinne einer Alternative zur institutionellen Betreuung, von der Silke sich dann aber (gegenüber der Interviewerin) nicht weit distanzieren möchte.

  66. 66.

    Entgegen einer Standardisierung wurden und werden so (auch) diverse pädagogische Ansätze implementiert, umgesetzt, verbreitet.

  67. 67.

    Abermals werden die Großeltern als Betreuungsoption eingebracht und nicht als Personen für die Kinder (im Sinne besonderer Nähe, Gefühle, Kompetenzen etc.)

  68. 68.

    Diese ist inzwischen hoch betagt und wurde mit Rentenbeginn der Großeltern durch diese ‚ersetzt‘.

  69. 69.

    Zu der Kinderfrau gibt es auch nach dem Betreuungsverhältnis nicht nur Kontakt, sie zählt sogar als familiärer Zugewinn „wir ham echt oma- omareichtum“.

  70. 70.

    Während ihre Tochter Ina eher eine Mitmachende darstellt und an die Orientierungen ihrer Mutter anschließt, ist Sohn Moritz auf handwerkliche und technische Themen fokussiert. So ist es Silkes Bestreben, Moritz Anregungen innerhalb und außerhalb des Familienrahmens zu ermöglichen, die ein Interesse an weiteren Themen befördern können.

  71. 71.

    Wobei zudem offen bleibt, wann sich Moritz spezifische Interessen herausgebildet haben.

  72. 72.

    Eine Eingewöhnungsphase die seitens der Institution gesetzt war, wird von Silke nicht thematisiert (aber auch nicht das Fehlen als Kritik). Fraglich bleibt, warum Silke das unthematisiert lässt, wenn sie sich ausgiebig mit dem Thema Kindergarten auseinandergesetzt und Konzeptionen von Kindereinrichtungen genauestens untersucht hat und ihr zudem eine Vertrauensbasis für die Betreuung der Kinder wichtig erscheint.

  73. 73.

    So ergeben sich viele Situationen, von denen Silke berichtet, wie sie sich vor anderen rechtfertigen muss.

  74. 74.

    Silke schließt bewertende Rückmeldungen von anderen an Moritz aus – dieser bedarf er auch nicht. Das würde bedeuten, dass er ohne äußeren Einfluss und damit jegliche Spiegelung durch signifikante Andere in der Lage wäre, sein Handeln für sich einzuschätzen.

  75. 75.

    In Mutter Silkes Vorstellung vom Lernen und der Akkumulation von Wissen, findet dieses überall statt und ist nicht an das System Schule gebunden. Zudem übt sie Kritik am Leistungssystem und Schulzwang. Darüber hinaus wird in Silkes Erzählung thematisch, dass es unter ihnen als Eltern massive Diskussionen zum Thema ‚homeschooling‘ gegeben hat. Schlussendlich haben sie ein (schulisches) Lernenzu Hause ausgeschlossen. Das aufgrund der Antizipation von Gefahren für sich und ihre Kinder. Gefahren im Zusammenhang mit Vereinsamung, Verinselung etc. werden nicht offenbar, sondern in Bezug zur Illegalität und damit Nichtakzeptanz seitens staatlicher Behörden gestellt. Deutlich wird hier auch, dass Silke ihre eigene Phase der negativen schulischen Erfahrungen und Schuldistanz noch nicht aufgearbeitet hat. Diese aber eigentheoretisch mit der Weigerung ihres Sohnes in Verbindung bringt.

  76. 76.

    Staatliche Prüfungen und Zertifikatsvergaben sind (auch) nicht Bestandteil des Systems.

  77. 77.

    Ein weiterer Aspekt ist die Betreuungsaufgabe, die vornehmlich Silke obliegt und nicht ihrem Mann Tom.

  78. 78.

    Nach Moritz’ negativer Kindergartenerfahrung wurde nicht gefragt. Dieses Kontextwissen einer schlechten Erfahrung ergab sich auch erst während des Interviews mit Mutter Silke, das im Anschluss an das Gespräch mit Moritz stattfand. Eine umgekehrte Reihenfolge der Interviewabfolge wäre diesbezüglich vielleicht zielführender gewesen.

  79. 79.

    Über die Attribuierungen seiner Tochter könnte sich einerseits eine positive und emotionale Beziehungsqualität zu dieser andeuten. Andererseits kann dies den positiv konnotierten Verweis zu Beginn des Interviews darstellen, dass die Anwesenheit seiner Tochter für Unterbrechungen sorgen kann.

  80. 80.

    Dass seine Verlobte auch die Mutter seines Kindes ist, wird an dieser Stelle eher nicht deutlich. Vom Gesagten ausgehend müsste man vermuten, dass die Verlobte nicht die Mutter seines Kindes ist. Dem ist aber nicht so.

  81. 81.

    Dies ist das einzige Interview, in dem der Name des Partners, sofern er Teil der Familie ist, nicht genannt wird. Somit verbleibt die Partnerin nicht nur in der Anonymität sondern auch in einer emotionalen Distanz. Die Namensgebung ist auf die Verfasserin zurückzuführen.

  82. 82.

    Unter Einbezug der Intonation und des parasprachlichen Verhaltens – wie die des schweren Ausatmens – verstärkt sich die Lesart des Belastungsmoments.

  83. 83.

    Eine aus Interpretationszusammenhängen deutlich gewordene Lesart stärkt die eigene Vermutung, dass Klaus einen Termin zur Beantragung eines Kindergartenplatzes in die Wege leitet, weil dieser im Zusammenhang mit dem Interviewtermin steht, dessen Themensetzung zu „Kinder(n), die nicht in den Kindergarten gehen“ bekannt war, und der ihn wie eine Art Katalysator dazu veranlasst hat, doch noch einen Kindergartenplatz in Erwägung zu ziehen.

  84. 84.

    Der mit dem Kochen verbundene Spaß, der im eigens herbeigeführten Zufall (und der Eigenverantwortung) besteht, wird auch parasprachlich deutlich. Was wiederum das Missfallen von Klaus innerhalb der Erzählsequenz zum Wahrnehmen des Termins (zur Beantragung eines Kindergartenplatzes) bestätigt, welches von seinem schweren Ausatmen begleitet wird.

  85. 85.

    Zieht man zudem die Sequenz der Familienpraxis hinzu, in der das Thema des Beantragens eines Kindergartenplatzes behandelt wird, bestätigt sich Klaus Modus des Verbürgens ebenfalls.

  86. 86.

    Dass Amelie zu Hause ist und zuvor zu Hause war, wird von Klaus weder positiv, noch negativ assoziierend gerahmt. Es findet gar keine Erwähnung, weder für ihn, für Amelie, noch die Familie in Gänze.

  87. 87.

    Wobei es sich beim „mitkrieg[en]“ um einen Prozess handelt, den Amelie als Input erhält. Das impliziert auch eine Anhäufung von Fähigkeiten, Wissen, Kompetenzen, die für Klaus als Vorbereitung der schulischen Phase relevant ist.

  88. 88.

    Klaus wechselt in Folge in einen positiven Bezug seiner Ausführungen und verdeckt damit seine negativen Ansichten. So stellt er seine Zuversicht heraus, dass Amelies Verhaltenseigenschaft der Kontaktfreudigkeit neue Kontakte bedeuten wird. Folgt man Klaus’ dargestellten Inhalt, dass Amelie stets kontaktbereit ist, wie es sich auch in der Interviewsituation im Cafe zeigt, lässt sich konstatieren, dass einzu Hausebleiben, ohne weitere Kontakte, nicht passförmig zu Amelies Bedürfnissen ausfiele. Klaus nimmt jedoch nicht auf Amelies Bedürfnisse Bezug oder setzt diese in Verbindung mit dem Aufwachsen zu Hause. Seine Ausführungen sind selbstbezüglich und ‚verdeckend‘.

  89. 89.

    Validiert wird diese Lesart auch durch weitere Interaktionssequenzen. Beispielsweise erweist sich Vater Klaus als sehr zufrieden über die Situation im Café, dass sich seine Tochter mit fremden Menschen unterhält und sich zu diesen setzt. Klaus ist erfreut, dass sie beschäftigt ist und ihn nicht stört „schön (.) problem gelöst (.) schon hat sie wieder leute“ (Zeile 466).

  90. 90.

    Zwar wurde auch das Thema Schule erfragt, aber hier liegen keine Ausführungen vor, da Amelie an dieser Stelle artikulierte, auf die Toilette zu müssen und das Thema nach der Unterbrechung von der Interviewerin nicht noch einmal aufgenommen wurde. Zieht man Amelies rekonstruierte Vergemeinschaftungsorientierung innerhalb der Lebenswelten Freizeit und Kindergarten hinzu, ist naheliegend, dass diese auch im schulischen Raum Bedeutung erlangen würden.

  91. 91.

    Interessant ist auch, dass Amelie sich mit der Rolle ihres Vaters als Erwerbstätigen (wenn auch eines eigentlich geringfügig Beschäftigten) identifiziert. Die Möglichkeit ähnlich ihrer Mutter zu Hause zu sein um eventuell als Hausfrau tätig zu werden und/oder sich um die Kinder zu sorgen, zieht sie nicht in Betracht.

  92. 92.

    Um die Interaktion zwischen Vater Klaus und Amelie zu rekonstruieren, ist es aufschlussreich den vorhergehenden Sequenzabschnitt zwischen Interviewerin und Tochter Amelie zu betrachten.

  93. 93.

    Paradox ist die Redefigur deshalb nicht, da Amelie zwei Perspektiven in Bezug auf ihre Familie entfaltet, wobei das Ambivalenzverhältnis darin angelegt ist.

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Stoeck, J. (2021). Empirie – Wie innerfamiliäre Betreuungsentscheidungen zustande kommen – sechs Falldarstellungen. In: Eine Kindheit ohne Kindergarten. Studien zur Schul- und Bildungsforschung, vol 83. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31950-2_4

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