Zusammenfassung
Nachdem im vorherigen Kapitel der Arbeit der Forschungsansatz der Cultural Studies vorgestellt wurde, um das Verhältnis zwischen Medientexten sowie deren Rezeption medientheoretisch zu fassen und aufzuzeigen, welche Bedeutung auch populären Medienprodukten zukommt, wurde gleichzeitig sichtbar, dass die Cultural Studies über keine methodischen Vorgehensweisen verfügen, welche die Probleme der Polysemie von Texten und der Standortgebundenheit der Forscher_innen adäquat lösen.
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Notes
- 1.
Hieran wird wiederum deutlich, dass die Praxeologische Wissenssoziologie mit der Foucault´schen Diskursanalyse gemeinsam hat, dass die Analyse an das Kollektive gebunden ist. So konstituiert sich der konjunktive Erfahrungsraum auch auf der Basis eines kollektiven Erlebens, welches im kollektiven Gedächtnis gespeichert ist. Dementsprechend sind konjunktive Erfahrungsräume sowohl das Produkt des gemeinsamen Erlebens (im Falle interaktiver Erfahrungsräume) bzw. strukturidentischen Erlebens (im Falle gesellschaftlicher Erfahrungsräume) als auch des gemeinsamen Erlebens von der Diskrepanz zwischen normativen Erwartungen und Praxis (vgl. Bohnsack 2017: 102 f.).
- 2.
Entsprechend der milieu- oder generationsspezifischen Erfahrungen wird deutlich, dass konjunktive Erfahrungsräume nicht auf Realgruppen begrenzt sind, sondern sich bspw. schon anhand einer bestimmten Generationszugehörigkeit konstituieren können. Gleichzeitig umfasst der konjunktive Erfahrungsraum ein sehr weites Spektrum von Phänomenen, da er sich ausgesprochen unterschiedlich formiert und bspw. anhand von Schulstunden in einem gruppenhaften Erfahrungsraum eines ‚Unterrichtsmilieus‘ oder z. B. auch über mehrere Jahre durch das Familienzusammenleben ausbilden kann (vgl. Bohnsack 2017: 20).
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Wie in Abschnitt 3.3.2.2 verdeutlicht wird, ist das Spannungsverhältnis im Hinblick auf die Subjektivierungsforschung hingegen ausschließlich eine von drei möglichen Relationen. So lassen sich ebenso Aneignungs- und Passungsverhältnisse rekonstruieren.
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Das Spannungsverhältnis untergliedert sich dabei in drei Dimensionen. Erstens in dem Verhältnis zwischen Motivkonstruktionen und Handlungspraxis, zweitens in der Relation zwischen Handlungspraxis und institutionalisierten Normen und drittens zwischen Identitätsnormen und Praxis. Nach Bohnsack ist den Identitätsnormen schließlich ein virtualer, impliziter Charakter eigen, welcher sich zusätzlich untergliedert in imaginative und imaginäre soziale Identitäten. Jene beiden Ausprägungen unterscheiden sich dadurch, dass Akteur_innen im Falle imaginärer sozialer Identitäten nicht davon ausgehen, diese auch tatsächlich zur Performanz bringen zu können, wohingegen Akteur_innen im Falle der imaginativen sozialen Identitäten eine Performanz als umsetzbar bewerten und diese anstreben (vgl. Bohnsack 2017: 55).
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Eine weitere Unterscheidung nimmt Bohnsack zudem zwischen Identitätsnorm einerseits und Meta-Identität andererseits vor. Die Meta-Identität gehört dabei zum Orientierungsrahmen im weiteren Sinne und ist eher als die Art des Verhältnisses von Identitätsnorm und Praxis zu verstehen. Besonders deutlich sichtbar wird die Differenz anhand eines empirischen Beispiels, welches einem Forschungsprojekt von Geimer und Amling entnommen wurde. In diesem wurden Interviews mit Abgeordneten des deutschen Bundestages geführt und im Hinblick auf den Aspekt der Authentizität interpretiert. Nach Bohnsack wurde dabei sichtbar, wie ein befragter Politiker auf der konkreten Ebene den Wunsch äußert, Mitglied bzw. Teil des Ortes (‚Pattenburger‘) zu sein, worin sich die Identitätsnorm abbildet, auf der Meta-Ebene aber gleichzeitig nach einer umfassenderen Koinzidenz bzw. Homologie sucht, die als Orientierung an der normativen Erwartung der Authentizität gefasst werden kann und somit als Meta-Identität bezeichnet wird (vgl. Bohnsack 2017: 165 f.).
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Im Gegensatz hierzu ist der Habitus wie auch die Authentizität einer Person abhängig vom Gesamtzusammenhang bzw. Kontext in dem Handlungen, Praktiken oder verbale Äußerungen getätigt werden, so Bohnsack und Przyborski. Entscheidend ist in diesem Sinne, dass in der dargebotenen Praktik Homologien zum Kontext bestehen. Werden Gesten dementsprechend umfassend kontextuiert ausgeführt, erscheinen sie authentisch und als Bestandteil des Habitus sowie des konjunktiven Erfahrungsraums. Imdahl bezeichnet jenen körperlichen Selbstausdruck als Gebärde, wohingegen er die Pose als Fremdausdruck definiert (vgl. Bohnsack & Przyborski 2015).
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Weitere Relevanz erhält in diesem Zuge der Begriff der Medialität, in dem sich ein Wissen um den Mediengebrauch und die Performanz der Darstellung ausdrückt, welches aber ebenso innerhalb eines konjunktiven Erfahrungsraums erworben wird (vgl. Przyborski 2018: 111).
- 8.
Unter Realgruppen werden nach Bohnsack Gruppen verstanden, deren Mitglieder durch einen gemeinsam geteilten konjunktiven Erfahrungsraum miteinander verbunden sind (vgl. Michel 2007: 97).
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Des Weiteren kann die Kameraperspektive bspw. gar die Identifikation mit Akteur_innen stärken, wie an der sogenannten subjektiven Kamera deutlich wird. Denn die Einstellung filmt das Geschehen nicht aus anonymer Perspektive, sondern gezielt aus dem Blickwinkel eines abgebildeten Akteurs (Fiske & Hartley 2003: 27).
- 10.
Nach Winter sind bei Filmanalysen aber auch Elemente zu berücksichtigen, die auf den ersten Blick eventuell keine Beachtung finden, wie bspw. die Beleuchtung, die derart bedeutend sein kann, dass in Filmen ausschließlich diese ausreicht, um Charakteren ein bestimmtes Image zu verleihen (vgl. Winter 1992: 28) oder die Auswahl der Hintergrundmusik, die genügen kann, um die konnotative Bedeutung einer Sequenz durchweg zu verändern (vgl. Fiske & Hartley 2003: 29).
- 11.
Auch seine vermehrt funktionalistische Sichtweise beruht auf der Annahme, dass Normen und Werte sowohl für das Handeln einzelner Akteure als auch für die Stabilität sozialer Ordnungen elementar sind (vgl. Joas 2004: 95).
- 12.
Der Begriff des ‚Symbolischen Interaktionismus‘ wurde 1938 von Blumer geprägt und bezeichnet einen Forschungsansatz, der im Wesentlichen auf drei Grundannahmen menschlichen Handelns basiert und grundlegend auf Theorien bzw. Forschungsarbeiten von u.a. Mead, Dewey, Thomas und Park aufbaut (vgl. Blumer 1980: 80 f.).
- 13.
Im Gegensatz zu Parsons ging es den Pragmatisten um die Erforschung des Zusammenhangs zwischen Handeln und Bewusstsein, statt Handeln und Ordnung (vgl. Joas 2004: 186).
- 14.
Der Ausgangspunkt der Pragmatisten war somit auch, dass Denken erst in problematischen Handlungssituationen entsteht und somit Denken und Handeln unmittelbar aufeinander bezogen sind (vgl. Joas 2004: 188).
- 15.
Nicht nur hierdurch können Meads Werke als ein entscheidender Beitrag zur Entstehung der Sozialpsychologie als Wissenschaft eingeordnet werden (vgl. Mead 1973: 18).
- 16.
In diesem Kontext hebt Mead hervor, dass Gesten als Symbole zu verstehen sind, die Handlungen anzeigen (vgl. Mead 1973: 23): „Nur durch Gesten qua signifikante Symbole wird Geist oder Intelligenz möglich, denn nur durch Gesten, die signifikante Symbole sind, kann Denken stattfinden, das einfach ein nach innen verlegtes oder implizites Gespräch des Einzelnen mit sich selbst mit Hilfe solcher Gesten ist“ (ebd.: 86).
- 17.
Obwohl Foucault somit in seinem Spätwerk nochmals die Relevanz der „aktiven Beteiligung des Subjekts an seiner eigenen Subjektivierung“ (Spies 2018: 91) hervorhebt, bleibt es vielmehr Autor_innen wie Laclau, Hall und Butler vorbehalten, sich weitergehend den Fragen der Subjektivierung zu widmen (vgl. ebd.).
- 18.
Mit dieser Unterscheidung verdeutlichen die Autor_innen somit die Differenz zwischen Diskurs und Praxis bzw. gleichzeitig die Unterscheidung zwischen der Identifikation von Subjektnormen und der Identifikation mit diesen (vgl. Geimer 2014: 114 & 2012: 235).
- 19.
Vor allem aus erziehungswissenschaftlicher Perspektive sei in diesem Zusammenhang noch auf die Arbeiten von Rose und Ricken hingewiesen, die sich in ihrer Subjektivierungsforschung der Adressierungsanalyse zuwenden und mit dieser einen Zugang zur erziehungswissenschaftlichen Erforschung von Subjektivierungsprozessen ermöglichen (vgl. Rose 2018).
- 20.
Da sich Diskurse in unterschiedlichen Phänomengestalten zeigen, sollte sich bei der empirischen Untersuchung gesellschaftlicher Wissensordnungen jedoch nicht nur auf eine reine Text- bzw. Inhaltsanalyse beschränkt werden (vgl. Bosancic & Keller 2016: 2).
- 21.
Im Sinne von Foucaults Normalisierungsgesellschaft bezwecken derartige Subjektpositionen, „Menschen an normativen Erwartungen auszurichten und dies wird häufig dadurch erreicht, dass Negativmodelle in den kollektiven symbolischen Ordnungen zirkulieren, die mehr oder weniger abschreckend wirken, stigmatisiert oder exkludiert werden. So geht das unternehmerische Selbst bspw. einher mit der Subjektposition des Arbeitslosen“ (Bosancic 2019: 49).
- 22.
In diesem Kontext sieht auch Renn normative Subjektvorgaben in Diskursen eher als Instruktionen an, „die in den zeit-räumlich je einmaligen Situationen notwendigerweise spezifiziert werden müssen“ (Bosancic 2019: 48).
- 23.
Ein Ansatz, der zwar herausstellt, dass Zuschauer_innen diverse für sie bedeutende Themen in Medientexten aufgreifen können, dies jedoch nicht müssen und somit die Aneignung als eine spezifische Praxis der Rezeption begreift, heben auch Mikos und Winter hervor (vgl. Geimer 2018c: 12).
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Burghardt, D. (2020). Methodologische Grundlagen: Die Dokumentarische Methode und Subjektivierungsforschung. In: Rekonstruktionen von Subjektnormen und Subjektivierungen. Film und Bewegtbild in Kultur und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31754-6_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-31754-6_3
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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Online ISBN: 978-3-658-31754-6
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