Die Literaturauswertung ist ein essentieller methodischer Bestandteil dieser Arbeit. In diesem Kapitel soll kurz das Vorgehen für die Auswahl der genutzten Literatur beschrieben werden, um zu klären und zu begründen, welche Quellen berücksichtigt wurden und welche nicht.

3.1 Die Notwendigkeit einer systematischen Literaturauswertung

Die systematische Durchsicht vorhandener und relevanter Literatur ist die Basis eines jeden akademischen Projekts. Hierüber können neue Erkenntnisse entstehen, aber auch Lücken identifiziert werden, die eine weitere wissenschaftliche Untersuchung benötigen (Webster & Watson, 2002, S. 13). Boote und Beile unterstreichen: „A substantive, thorough, sophisticated literature review is a pre-condition for doing substantive, thorough, sophisticated research“ (Boote & Beile, 2005, S. 3). Pettycrew und Roberts betonen, dass systematische Literaturdurchsichten dazu beitragen, den Unterschied zwischen realem und angenommenem Wissen aufzuzeigen (Petticrew & Roberts, 2006, S. 2). Ridley stellt heraus, dass es eine Gelegenheit sei, in einen schriftlichen Dialog mit Forschern einzutreten und gleichzeitig zu zeigen, dass man sich mit der zum Thema vorliegenden Literatur beschäftigt, sie verstanden und kommentiert habe (Ridley, 2008, S. 2).

3.2 Vorgehen der Auswertung

Das Vorgehen orientiert sich an den vier Phasen gemäß Tabelle 3.1. Anhand der Forschungsfragen werden unter „Definitionen“ die Suchmethode, die Suchkriterien sowie die Ein- und Ausschlusskriterien festgelegt. Dies soll der Eingrenzung der Literatur dienen sowie eine schnellere Auffindbarkeit sicherstellen. Anschließend werden die zu nutzenden Quellen unter „Auswahl“ festgelegt. In der Phase der „Durchführung“ erfolgt die praktische Analyse und Auswertung der Literatur. Der Abschluss erfolgt unter „Schlussfolgerungen“ mit Ableitung der Bedeutung der gewonnenen Erkenntnisse und dem Aufzeigen etwaiger (wissenschaftlicher) Lücken.

Tabelle 3.1 Vorgehen bei der Literaturauswertung

Der erste Schritt gehört zur Literatursuche, für die Suchmethode und Suchbegriffe zu definieren sind. Die hier genutzte Suchmethode umfasst die Recherche in den im Anhang in Tabelle A.1 aufgeführten Datenbanken, etwa 30 Hintergrundgespräche mit Experten im Rahmen von fachbezogenen Konferenzen (zum Beispiel International Purchasing and Supply Education and Research Association [IPSERA], European Conference On E-Government [ECEG], Conference for E-Democracy and Open Government Conference [CeDEM]) sowie die Vorwärts- und Rückwärtssuche. Die Vorwärtssuche ergibt Quellen, die die gefundene Literatur zitieren. Die Rückwärtssuche hingegen beschreibt die Suche nach weiteren, zitierten Quellen in der gefundenen Literatur.

Es wurde nach den in Tabelle 3.2 genannten Stichwörtern sowohl in Deutsch als auch Englisch gesucht. Sie wurden in Kombination mit den Schlagworten „Öffentlicher Einkauf“, „offener öffentlicher Einkauf“ und „offene öffentliche Verträge“ (Englisch: Public procurement, open public procurement/sourcing/contracting und open public contracts) verwendet. Nach erfolgter Literaturrecherche wurden die Spalten um eine Einschätzung zum bestehenden Umfang und zu vorhandenen Lücken in der Literatur ergänzt.

Tabelle 3.2 Übersicht über die Suchbegriffe der Literaturrecherche

In Tabelle 3.3 werden die Spezifika für die Auswahl der Quellen dargelegt.

Tabelle 3.3 Ein- und Ausschlusskriterien bei der Auswahl der Quellen

Nicht alle Kriterien sollen nochmal einzeln erläutert werden, zu den qualifizierten Webpräsenzen (Boeglin, 2012, S. 96 f.) sei aber angemerkt, dass sich diese unter anderem durch ihre wissenschaftliche beziehungsweise fachliche (nicht kommerzielle) Ausrichtung auszeichnen. Der Betrieb der Website liegt bei einem anerkannten Verfasser auf seinem Gebiet oder einer Organisation (zum Beispiel Universität, Forschungseinrichtung, Regierung). Die Informationen sind recherchiert und belegt, aktuell und detailliert, Quellen sind angegeben und die Seiteninhalte werden regelmäßig aktualisiert.

Die in dieser Arbeit genutzten Datenbanken sind im Anhang in Tabelle A.1 aufgeführt. Da es sich beim gewählten Thema um ein interdisziplinäres Thema mit Berührung zu den Fachrichtungen Informatik, Verwaltungs- und Politikwissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie Recht handelt, wurde bei der Auswahl der Datenbanken Wert auf einen möglichst hohen Abdeckungsgrad dieser Fachrichtungen gelegt. Zugleich soll die wissenschaftliche Aussagefähigkeit sichergestellt werden, indem Fachzeitschriften, Arbeitspapiere und Bücher den Vorzug gegenüber Zeitungsartikeln und Blogs erhalten.

3.3 Schlussfolgerungen

Der öffentliche Einkauf ist in der wissenschaftlichen Literatur eher ein Nischenthema. Mit Blick auf E-Procurement und die elektronische Verwaltung (E-Government) gibt es eine gute wissenschaftliche Begleitung, sowohl in Deutschland als auch im internationalen Umfeld. Ähnlich verhält es sich mit Open Data. Jedoch liegt der Schwerpunkt eher auf qualitativen und weniger auf quantitativen Erhebungen.

Während Open Data eher in der Breite erörtert wird, findet sich wenig Literatur zu vertikalen Vertiefungen mit Blick auf bestimmte Datenbestände (ein positives Beispiel für erste vertikale Vertiefungen stellen Geodaten dar).

Studien zu Vergabe- und Bekanntmachungsportalen oder aber zur Berücksichtigung öffentlicher Einkaufsdaten auf bestehenden Portalen der Regierung fehlen mit Blick auf Deutschland. Außerhalb von Deutschland sind sie gelegentlich anzutreffen. Zu Partizipations- und Kollaborationsmöglichkeiten gibt es eher allgemeine deskriptive Literatur und weniger quantitative Studien, zum Beispiel zu Wirkungs- und Nutzenmechanismen unterschiedlicher Methoden. An der Schnittstelle zum öffentlichen Einkauf lassen sich keine empirischen Arbeiten finden. Zu Transparenz und zur Wirkung auf Korruption im öffentlichen Einkauf gibt es im internationalen Umfeld einige qualitative und quantitative Studien, mit Blick auf Deutschland besteht hier noch Nachholbedarf.

In der bestehenden Literatur wird selten der gesamte Prozess des öffentlichen Einkaufs thematisiert, geschweige denn in den Mittelpunkt gerückt; auch der Unterschwellenbereich steht nicht im Zentrum des Interesses. Im Vordergrund befindet sich eher der (statistisch besser erfasste) Oberschwellenbereich, allerdings nicht in Deutschland, sondern im europäischen und internationalen Umfeld.

Technologisch gesehen findet sich erste wissenschaftliche Literatur zum semantischen Web und hier auch mit Blick auf den öffentlichen Einkauf, allerdings nicht zum Einsatz von künstlicher Intelligenz oder BlockchainFootnote 1 im öffentlichen Einkauf.

Mit Blick auf Open Government Data-Portale werden die Entwicklungsmöglichkeiten in Richtung „Government as a Platform“ oder „Smart Government“ initial aufgegriffen, sind aber ausbaufähig. An der Schnittstelle zum öffentlichen Einkauf ist es wichtig, ein Leitbild zu beschreiben und dessen Umsetzung wissenschaftlich begleiten zu lassen.

Die vorliegende Arbeit möchte daher die bestehende Literatur in Deutschland und außerhalb nutzen, um die öffentlichen Einkaufsdaten als ein Bestandteil von Open Government Data vertikal zu vertiefen. Hierbei greift sie auf die bisherigen Forschungsergebnisse im elektronischen Einkauf und zu Open Data zurück. Der erste thematische Bereich, der auf Basis der Literaturanalyse diskutiert wird, ist die Technikfolgenabschätzung.