Skip to main content

Wir nehmen mehr wahr, als sich uns zeigt. Zur Ethnografie künstlerischer Praxis

  • Chapter
  • First Online:
Wahrnehmen als soziale Praxis

Part of the book series: Kunst und Gesellschaft ((KUGE))

  • 1650 Accesses

Zusammenfassung

Künstlerische und ethnografische Praxis privilegieren beide in unterschiedlicher Weise das Wahrnehmen als Zugang zu ihrem Gegenstand: Während die Ethnografie an der Produktion von Wissen und Erkenntnis über ihr Feld mittels Beobachtung und Teilnahme interessiert ist, geht es in der Kunst um die Hervorbringung künstlerischer Arbeiten beziehungsweise Werke, die ihre Wirkungen entfalten. Mit einer phänomenologisch orientierten ethnografischen Perspektive auf die Entwicklung von Werken im Bereich der bildenden Kunst schlägt der Beitrag vor, nicht allein das feldspezifische Wissen von Künstler*innen, sondern zudem deren Praxis des Wahrnehmens ins Zentrum des Erkenntnisinteresses zu rücken. Angeschlossen wird dieses Vorgehen an die Phänomenologie Maurice Merleau-Pontys, mit der sich das leiblich situierte Wahrnehmen auf die Kopräsenz der Ethnografin im Feld übertragen lässt. Aus dieser Perspektive zeigt sich künstlerische Praxis als eine, die den Bereich des Möglichen im Wahrnehmen und speziell Sehen zu erschließen vermag – ein Bereich, der auch für die Ethnografie selbst im Gang durch das Wahrnehmen dieser Praxis zugänglich(er) wird.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Similar content being viewed by others

Notes

  1. 1.

    Siehe zur Praxis des Sehens im Weiteren Schürmann (2008) und Prinz (2014).

  2. 2.

    Die Forschungsrichtung der „Theoretischen Empirie“ geht von einem dialektischen Verhältnis zwischen theoretischen Annahmen der empirischen Forschung und der empirischen Durchdringung theoretischer Forschung aus, sodass sich empirische und theoretische Einsichten gegenseitig ergänzen sowie auch irritieren können (Kalthoff 2008). Hiernach wird die ethnografische Perspektive immer auch konzeptionell verortet, wobei die empirischen Ergebnisse aus der Analyse des ethnografischen Materials wiederum an Konzepte rückgebunden werden.

  3. 3.

    Zum Einbezug visueller Daten siehe zum Beispiel Pink (2009).

  4. 4.

    Zu Sozialität von Sinnlichkeit siehe etwa Göbel und Prinz (2015).

  5. 5.

    Zur ausführlichen Auseinandersetzung mit der Phänomenologie Maurice Merlau-Pontys in Bezug auf die Praxis künstlerischen Arbeitens siehe Schürkmann 2017.

  6. 6.

    Eine ausführliche Diskussion zur Einbettung der hier vorgeschlagenen ethnografischen Perspektive in die Phänomenologie Maurice Merleau-Pontys befindet sich in Schürkmann 2017.

  7. 7.

    Nach Merleau-Ponty ist Wahrnehmung stets verbunden mit einem sozialisierten Körperschema, wobei er den Dingen und der Welt als Wahrnehmbares im Sinne einer Dialektik von Wahrnehmendem und Wahrnehmbarem ebenfalls Bedeutung zuweist. So kritisiert er ebenso wie an anderer Stelle empiristische und objektivistische Positionen auch relativistische Ansätze, die von reinen Bewusstseinskonstruktionen und Kognitionen ausgehen (Merleau-Ponty 2003b, S. 277).

  8. 8.

    Dieses Einsehen in eine professionalisierte Praxis kann mit langen und intensiven Feldaufenthalten einhergehen. So habe ich im Zuge meiner Forschungen zur künstlerischen Praxis im Bereich der bildenden Kunst etwa auch auf Erfahrungen und Wissen aus meinem Studium der Kunst zurückgegriffen.

  9. 9.

    Harold Garfinkel (2002) bezieht sich in seiner ethnomethodologischen Position mit Blick auf die Verkörperung von Praktiken explizit auf Merleau-Ponty (Schürkmann 2016a, S. 449).

Literatur

  • Anders, Lisa. 2021. Materialität der Wahrnehmung. Einblicke in die kuratorische Praxis. In Wahrnehmen als soziale Praxis. Künste und Sinne im Zusammenspiel, Hrsg. Christiane Schürkmann und Nina T. Zahner, 333–361. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Becker, Howard S. 2008. Art worlds. Berkeley: University of California Press.

    Google Scholar 

  • Breidenstein, Georg, Stefan Hirschauer, Herbert Kalthoff, und Boris Nieswand, Hrsg. 2013. Ethnografie. Die Praxis der Feldforschung. Konstanz: UVK.

    Google Scholar 

  • Garfinkel, Harold. 2002. Ethnomethodoloy’s program. Working out Durkheim’s aphorism. Lanham: Rowman & Littlefeld.

    Google Scholar 

  • Garfinkel, Harold, und D. Lawrence Wieder. 1992. Two incommensurable, asymmetrically alternate technologies of social analysis. In Text in context. Contributions to ethnomethodology, Hrsg. Graham Watson und Robert M. Seiler, 175–206. Newbury Park: Sage.

    Google Scholar 

  • Göbel, Hannah K., und Sophia Prinz, Hrsg. 2015. Die Sinnlichkeit des Sozialen. Wahrnehmung und materielle Kultur. Bielefeld: Transcript.

    Google Scholar 

  • Goodwin, Charles. 1994. Professional vision. American Anthropologist 96 (3): 606–633.

    Article  Google Scholar 

  • Hausendorf, Heiko. 2003. Deixis and speech situation revisited: The mechanism of perceived perception. In Deictic conceptualisation of space, time, and person, Hrsg. Friedrich Lenz, 249–269. Amsterdam: Benjamins.

    Chapter  Google Scholar 

  • Hausendorf, Heiko, Hrsg. 2007. Vor dem Kunstwerk. Interdisziplinäre Aspekte des Sprechens und Schreibens über Kunst. München: Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Hausendorf, Heiko, und Marcus Müller, Hrsg. 2016. Handbuch Sprache in der Kunstkommunikation. Boston: de Gruyter.

    Google Scholar 

  • Imdahl, Max. 1996. Cézanne – Braque – Picasso. Zum Verhältnis zwischen Bildautonomie und Gegenstandssehen. In Gesammelte Schriften, Hrsg. Gottfried Boehm, 300–380. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Kalthoff, Herbert. 2008. Einleitung. Zur Dialektik von qualitativer Forschung und soziologischer Theoriebildung. In Theoretische Empirie. Zur Relevanz qualitativer Forschung, Hrsg. Herbert Kalthoff, Stefan Hirschauer, und Gesa Lindemann, 8–32. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Luhmann, Niklas. 1997. Weltkunst. In Soziologie der Kunst. Produzenten, Vermittler und Rezipienten, Hrsg. Jürgen. Gerhards, 55–102. Opladen: Westdeutscher Verlag.

    Chapter  Google Scholar 

  • Mead, George H. 1938. The philosophy of the act. Chicago: University of Chicago Press.

    Google Scholar 

  • Mehan, Hugh, und Houston Wood. 1975. The reality of ethnomethodology. New York: Wiley.

    Google Scholar 

  • Merleau-Ponty, Maurice. 1974. Phänomenologie der Wahrnehmung. photomechan. Nachdr. der Ausg. 1966. Berlin: de Gruyter.

    Google Scholar 

  • Merleau-Ponty, Maurice. 2003a. Das Primat der Wahrnehmung. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Merleau-Ponty, Maurice. 2003b. Das Auge und der Geist. Hamburg: Felix Meiner Verlag.

    Google Scholar 

  • Merleau-Ponty, Maurice. 2004. Das Sichtbare und das Unsichtbare Gefolgt von Arbeitsnotizen. München: Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Pink, Sarah. 2009. Doing visual ethnography: Images, media and representation in research. London: Sage.

    Book  Google Scholar 

  • Polanyi, Michael. 1985. The tacit dimension. Chicago: University of Chicago Press.

    Google Scholar 

  • Prinz, Sophia. 2014. Die Praxis des Sehens. Über das Zusammenspiel von Körpern, Artefakten und visueller Ordnung. Bielefeld: Transcript.

    Book  Google Scholar 

  • Schäfer, Hilmar. 2013. Die Instabilität der Praxis. Reproduktion und Transformation des Sozialen in der Praxistheorie. Weilerswist: Velbrück.

    Google Scholar 

  • Schürkmann, Christiane 2016a. Maurice Merleau-Ponty. In Klassiker der Soziologie der Künste. Prominente und bedeutende Ansätze, Hrsg. Christian Steuerwald, 433–451. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Schürkmann, Christiane. 2016b. Eisen, Säure, Rost und Putz. Material in der bildenden Kunst. In Materialität. Herausforderungen für die Sozial- und Kulturwissenschaft, Hrsg. Herbert Kalthoff, Torsten Cress, und Tobias Röhl, 359–375. Paderborn: Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Schürkmann, Christiane. 2017. Kunst in Arbeit. Künstlerisches Arbeiten zwischen Praxis und Phänomen. Bielefeld: Transcript.

    Book  Google Scholar 

  • Schürkmann, Christiane. 2018. Über das Sichtbare hinaus. Eine Soziologie künstlerischer Praxis. Zeitschrift für Soziologie 47 (6): 438–453.

    Article  Google Scholar 

  • Schürmann, Eva. 2008. Sehen als Praxis. Ethisch-ästhetische Studien zum Verhältnis von Sicht und Einsicht. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Spradley, James S. 1980. Participant observation. New York: Holt, Rinehart and Winston.

    Google Scholar 

  • Sudnow, David. 1993. Ways of the hand. The organization of improvised conduct. Cambridge: MIT Press.

    Google Scholar 

  • Waldenfels, Bernhard. 1983. Phänomenologie in Frankreich. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Wiesing, Lambert. 2007. Phänomene im Bild. München: Wilhelm Fink.

    Google Scholar 

  • Yaneva, Albena. 2003. When a bus met a museum: Following artists, curators and workers in art installation. Museum and Society 1 (3): 116–131.

    Google Scholar 

  • Zahner, Nina T. 2012. Zur Soziologie des Ausstellungsbesuchs. Positionen der soziologischen Forschung zur Inklusion und Exklusion von Publika im Kunstfeld. Sociologia Internationalis. Europäische Zeitschrift für Kulturforschung 50 (1/2): 209–232.

    Article  Google Scholar 

  • Zahner, Nina T. 2014. Das Laienpublikum als Herausforderung für die Feldanalyse. In Kunst und Öffentlichkeit. Perspektiven der Kunstsoziologie, II. Reihe Kunst und Gesellschaft, Hrsg. Dagmar Danko, Olivier Moeschler, und Florian Schumacher, 187–210. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Zembylas, Tasos. 2021. Es ist schwer zu wissen, was das Wahrnehmen alles macht. In Wahrnehmen als soziale Praxis. Künste und Sinne im Zusammenspiel, Hrsg. Christiane Schürkmann und Nina T. Zahner, 43–65. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Zembylas, Tasos, und Claudia Dürr. 2009. Wissen, Können und literarisches Schreiben Eine Epistemologie der künstlerischen Praxis. Wien: Passagen.

    Google Scholar 

  • Zembylas, Tasos, und Martin Niederauer. 2016. Praktiken des Komponierens. Soziologische, wissenstheoretische und musikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer VS.

    Book  Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Christiane Schürkmann .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2021 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Schürkmann, C. (2021). Wir nehmen mehr wahr, als sich uns zeigt. Zur Ethnografie künstlerischer Praxis. In: Schürkmann, C., Zahner, N.T. (eds) Wahrnehmen als soziale Praxis. Kunst und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31641-9_11

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-31641-9_11

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-31640-2

  • Online ISBN: 978-3-658-31641-9

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics