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Wann gelingt Kommunikation und wann ist sie gestört?

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Kommunikationsmacht

Part of the book series: Wissen, Kommunikation und Gesellschaft ((WISSEN))

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Zusammenfassung

Es ist sinnlos, von ‚gelungener Kommunikation‘ zu sprechen, denn Kommunikation gelingt, wenn sie stattfindet. Stattgefunden hat Kommunikation, wenn ein menschlicher Akteur auf das kommunikative Handeln oder kommunikative Tun eines anderen menschlichen Akteurs in seinem Wahrnehmungsfeld mit kommunikativen Handlungen oder kommunikativem Tun ‚antwortet‘. Bei dem kommunikativen Prozess geht es nie ernsthaft um eine Orientierung am Verstehen.

Um eine Praxis festzulegen, genügen nicht Regeln, sondern man braucht auch Beispiele. Unsre Regeln lassen Hintertüren offen, und die Praxis muß für sich selbst sprechen.

Ludwig Wittgenstein 1977b: 44 f.

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Notes

  1. 1.

    Es geht natürlich auch etwas kleiner. Hier ein Beispiel dafür: „Weißt du“, sagte Bell, „du hast mir noch nie eine persönliche Frage gestellt. Das ist komisch.“ (…) „Okay, dann werde ich dich jetzt etwas Persönliches fragen.“ Sie lächelte traurig. Ihre Augenbrauen waren schön. Ihre Lippen auch. „Lass nur“, sagte sie. „Frag mich ein andermal, wenn ich es nicht erwarte.“ (Rankin 2009: 314 f.).

  2. 2.

    Manche Schreiber und Schreiberinnen von Partnerschaftstrainingsprogrammen haben in der Nachfolge und in Weiterführung der Überlegungen von Watzlawick dessen implizite Botschaft noch weiter verschärft: Gelungen ist Kommunikation demnach nur noch dann, wenn die persönliche Integrität der Kommunizierenden durch das kommunikative Wechselspiel nicht gefährdet wird (beispielhaft dafür der Klassiker der Beziehungsratgeber: Schwäbisch/Siems 1974). Selbst im Streit ist demnach kommunikatives Handeln nur dann gelungen, wenn die grundsätzliche Harmonie zwischen den Kommunizierenden nicht gefährdet wird. Jede Irritation der grundsätzlichen Harmonie durch Kommunikation gilt als Störung und folglich ist sie gestörte Kommunikation. So wird unter der Hand aus einer analytischen Kategorie (etwas ist gelungen oder nicht) eine normative: es darf nur noch ‚harmonisch‘ kommuniziert werden, weil die unharmonische eine gestörte Kommunikation ist. Strukturell sehr ähnlich argumentiert im übrigen auch Schulz von Thun, der geistige Vater fast aller deutschen Kommunikationstrainer (Schulz von Thun 1981). Auch ihm geht es um Konfliktvermeidung und falls es einmal einen Konflikt gibt, soll der ‚mit feinem Besteck‘, also gesittet und höflich ausgetragen und beseitigt werden.

  3. 3.

    Ähnliches passiert auch mit dem Satz: „Ich bin sprachlos!“ (siehe hierzu auch Goffman 2005: 63).

  4. 4.

    Jauß hat zu Recht auf die Aporie aufmerksam gemacht, die mit einer solchen Vorstellung einhergeht: „Wäre das absolut gesetzte Kontingente, das schlechthin fremde Individuum, nicht doch ein mystischer Nullwert, eine Nacht, in der alle Kühe schwarz – um nicht zu sagen: dekonstruiert – sind“ (Jauß 1999: 140).

  5. 5.

    Siehe hierzu auch: „Doch Sprache ist nicht nur ein Mittel der Verständigung, das zwischen ‚Ich‘ und ‚Du‘ vermittelt, sondern auch vor allem eine Instanz, welche ‚Ich‘ und ‚Du‘ allererst ins Leben ruft. Dass Menschen sprachliche Wesen sind, bedeutet nicht zunächst, dass sie sprechen können, sondern dass ihre Existenz aus Sprache gestrickt ist – einer Sprache, die immer vom anderen Menschen her kommt“ (Kuch/Herrmann 2007: 181).

  6. 6.

    Ammensprache meint: langsames Sprechen, Überbetonung, Redundanz des Ausdrucks.

  7. 7.

    Bourdieu schreibt hierzu: „In allen Gesellschaften zeigen die Kinder für die Gesten und Posituren, die in ihren Augen den richtigen Erwachsenen ausmachen, außerordentliche Aufmerksamkeit: also für ein bestimmtes Gehen, eine spezifische Kopfhaltung, ein Verziehen des Gesichts, für die jeweiligen Arten, sich zu setzen, mit Instrumenten umzugehen, dies alles in Verbindung mit einem jeweiligen Ton der Stimme, eine Redeweise und – wie könnte es anders sein? – mit einem spezifischen Bewußtseinsinhalt“ (Bourdieu 1979: 19).

  8. 8.

    Aber auch bei öffentlichen Vorträgen muss dies nicht immer und notwendigerweise der Fall sein. Darauf hat bereits Heinrich von Kleist hingewiesen: „Ich glaube, dass manche große Redner, in dem Augenblick, da er den Mund auf machte, noch nicht wusste, was er sagen würde. Aber die Überzeugung, dass er die ihm nötige Gedankenfülle schon aus den Umständen, und der daraus resultierenden Erregung seines Gemüts schöpfen würde, macht ihn dreist genug, den Anfang, auf gut Glück hin, zu setzen“ (Kleist 1964: 54 f.).

  9. 9.

    Bei diesem Prozess spielen die Medien (Buch, Zeitschrift, TV, Internet) eine besondere und besonders wichtige Rolle: Nicht nur, weil in den Medien und hier insbesondere in bestimmten Formen der Mediennutzung (Literatur, Werbung, Kommunikation) oft und gerne neue Formen und Folgen der Kommunikation auftauchen, sondern weil sie zudem auch mittels Medien fixiert, gespeichert und an jedem Ort dieser Welt verbreitet werden können.

  10. 10.

    Die neuere Gehirnforschung bestätigt diese Sicht der Dinge. Demnach wird das Allgemeine nicht durch das Lernen von allgemeinen Regeln gelernt, „sondern durch das Verarbeiten von Beispielen, aus denen die Regeln selbst produziert werden“ (Hennen et al. 2008: 82 f.).

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Reichertz, J. (2024). Wann gelingt Kommunikation und wann ist sie gestört?. In: Kommunikationsmacht. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31635-8_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-31635-8_8

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-31634-1

  • Online ISBN: 978-3-658-31635-8

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