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Kommunikationsmacht als Beziehungsmacht über Identität

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Kommunikationsmacht

Part of the book series: Wissen, Kommunikation und Gesellschaft ((WISSEN))

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Zusammenfassung

Zweifel und Zuversicht schließen sich (scheinbar) aus. Denn dort, wo Zweifel ausgesät und gediehen ist, da zaudert und zögert man. Dort, wo Zuversicht herrscht, da handelt man voll Vertrauen darauf, dass ein Unterfangen erfolgreich sein wird. Für den Zweifel ist in der Regel die Wissenschaft zuständig: sie produziert immer und überall ein ‚obwohl‘ und ein ‚dennoch‘. Obwohl es doch gerade gut läuft, könnte es dennoch ganz anders sein! Wissenschaft produziert also systematisch Zweifel. Beratung jeder Art, also auch Unternehmens- und Kommunikationsberatung, produziert dagegen systematisch Zuversicht. Dies allerdings auch mit einem ‚obwohl‘ und ‚dennoch‘: Obwohl die Situation nicht so optimal aussieht, wird es dennoch gelingen. Vertraue mir und vertraue auf Dich. So sieht eine systematische Produktion von Zuversicht aus.

Daß Worte etwas bewirken, daß sie jemanden in Bewegung setzen oder aufhalten, zum Lachen oder Weinen bringen konnten: Schon als Kind hatte er es rätselhaft gefunden, und das hatte nie aufgehört, ihn zu beeindrucken. Wie machten die Worte das? War es nicht wie Magie?

Pascal Mercier 2006: 59

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Notes

  1. 1.

    Ich weiß nicht genau, von wem dieser Satz so oder so ähnlich zum ersten Mal geäußert wurde. Ich weiß nur, dass Andreas Bornhäuser und ich in einer launigen Stunde des Zusammensitzens den Eindruck hatten, wir seien die Autoren dieses Satzes. Aber das kann nicht sein, denn er klingt so gut und suggestiv, dass nicht angenommen werden kann, dass nicht bereits vor langer Zeit andere diesen Einfall hatten.

  2. 2.

    Auch Beleidigungen zielen auf Identität: Der Satz: „Du bist ein Schwein!“ ist nicht beleidigend, weil man mit einem Schwein gleichgesetzt wird, sondern er ist beleidigend, wenn man nicht verhindern kann, so genannt zu werden. „Du bist ein Schwein!“ ist nämlich die Behauptung: „Du bist schwächer als ich, weil du nicht in der Lage bist, zu verhindern, dass ich dies zu dir sage“.

  3. 3.

    Gleiches gilt im übrigen auch für die hier nicht weiter augeführte These, Macht resultiere aus der Verfolgung und Optimierung des eigenen Nutzens, was Vertreter des Rational-Choice-Ansatzes gerne behaupten (z. B. Esser 1999 und 2000).

  4. 4.

    Zum Konzept der Gouvernementalität siehe vor allem Foucault 1994 und 2004. Die Vorzüge des Gouvernementalitätskonzepts liegen darin, dass die Betrachtung sozialer Selbstregulierungsvorgänge keine idealisierten Akteure voraussetzt, sondern mit einer Interdependenz von sozialer Regulation und individueller Habitusbildung rechnet (vgl. auch Bourdieu 2000). Die Verhaltensdispositionen und Optionsspielräume der sozialen Akteure werden dabei vom Ansatz her nicht als Eigenschaften vorsozialer Handlungssubjekte konzeptualisiert. Vielmehr werden sie von den Regeln und Zwängen des soziokulturellen Raums überhaupt erst konstituiert, ohne dass ein Verhältnis vollständiger Determination vorläge. Foucaults Einsicht zufolge wirken die gegebenen sozialen Machtverhältnisse auf die Akteure niemals nur einschränkend, sondern immer auch befähigend (vgl. Foucault 2005a).

  5. 5.

    Die Kinder der (Post-)Moderne sind längst keine kommunikativen Analphabeten mehr, sondern, weil sie mit vielen Varianten der Kommunikation (auch der medialen) groß geworden sind, erfreuen ausgefeilte und aufwendig daherkommende Kommunikationsstrategien von Unternehmen und Parteien zwar die Herzen der Akteure, aber aus diesem Genuss wächst gerade kein Vertrauen, sondern der Verdacht, dass hier etwas nicht stimmt. Deshalb gilt auch für Unternehmen wie Vertreter politischer Parteien: Wer nicht mit anderen von Angesicht zu Angesicht glaubhaft kommunizieren kann, läuft Gefahr, dass andere ihm nicht mehr (ver)trauen. Und wer kein Vertrauen erlangt, der wird mit ‚Absatzeinbußen‘ rechnen müssen. Kommunikation mit Zuverlässigkeit muss aber immer das gesamte Handeln umfassen (Reichertz 1995 und 2002; Aßländer/Senge 2009). Wer andere nämlich zur Einhaltung moralischer Werte auffordert, der muss sich und sein Tun legitimieren. Erreichen kann er diese Legitimierung zum moralischen Aufruf nur, wenn er sich selbst als ein Virtuose in der Ausübung dieser Moral glaubhaft darstellen kann. Das heißt, die Taten (und zwar alle) müssen den Worten entsprechen. Unternehmer wie Politiker, welche den großen Worten nur kleine Taten folgen lassen, werden erheblich an Glaubwürdigkeit verlieren. Sie tun also gut daran, nicht nur den rechten Weg zu zeigen, sondern ihn selbst auch zu beschreiten bzw. auf ihm allen anderen voranzugehen.

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Reichertz, J. (2024). Kommunikationsmacht als Beziehungsmacht über Identität. In: Kommunikationsmacht. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31635-8_16

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-31634-1

  • Online ISBN: 978-3-658-31635-8

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