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Das Prinzip Lust: Freud, Marcuse und die Pornographie

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Zusammenfassung

Herbert Marcuses Eros and Civilization (1955) knüpft an Sigmund Freuds Unbehagen in der Kultur (1930) an und setzt dem „Realitätsprinzip“ nun das „Leistungsprinzip“ gegenüber – das Individuum wird weiterhin (u. a. über Arbeit und hierarchisch strukturierte Ordnungen) kontrolliert, und auch Technologie und die Massenmedien der „Kulturindustrie“ stellen nur vordergründig eine wirkliche Freiheit dar. Marcuse denkt nun über eine „Resexualisierung“ des Körpers nach, um über eine solche „Veränderung im Wert und im Ausmaß der libidinösen Beziehungen […] zu einer Auflösung der Institutionen“ zu gelangen. Vor diesem Hintergrund bietet sich eine Diskussion der Pornographie als triebsublimierende Fantasie an, die sich ja mediengeschichtlich bereits immer zwischen Zensur und Verbot auf der einen Seite, Duldung und kontrollierter Zugänglichkeit auf der anderen Seite befunden hat – und damit letztlich selbst zu einem Machtmittel wird.

Keywords

  • Sigmund Freud
  • Herbert Marcuse
  • Theodor W. Adorno
  • Kritische Theorie
  • Sexualität
  • Pornographie
  • Feminismus
  • Porn Studies
  • Queer Studies

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Notes

  1. 1.

    Marcuse wurde beispielsweise auch ein Theoretiker der Kritischen Theorie selbst, etwa in und mit seiner Schrift Philosophie und kritische Theorie (1937), dem in der Zeitschrift für Sozialforschung veröffentlichten Aufsatz „Zum Begriff des Wesens“ (1936) sowie einem späteren Kapitel in Reason and Revolution. Hegel and the Rise of Social Theory (1941).

  2. 2.

    Weitere wichtige Einflussgeber der Kritischen Theorie waren natürlich ebenso Immanuel Kant (1744–1804) und Friedrich Nietzsche (1844–1900).

  3. 3.

    Freud besuchte dazu 1885 den am Hôpital Salpêtrière in Paris forschenden Neurologen Jean-Martin Charcot (1825–1893); der sexuelle Aspekt der Hysterie (als ja ausschließlich weibliche ‚Krankheit‘) zeigt sich ohnehin bereits an der Etymologie (vom altgriechischen hystéra als ‚Gebärmutter‘) wie auch der ‚Therapierung‘ (etwa durch Massagen der Beckenregion durch einen ‚Vibrator‘).

  4. 4.

    Vgl. dazu etwa die 1886 erschienene, einflussreiche Abhandlung Psychopathia sexualis von Richard von Krafft-Ebing (1840–1902).

  5. 5.

    So verließen etwa Alfred Adler (1870–1937) oder C.G. Jung (1875–1961) den Kreis um Freud bereits in den frühen 1910er Jahren.

  6. 6.

    So beispielsweise im Fall der sogenannten „Verführungstheorie“, die Freud bereits 1897 widerrufen musste.

  7. 7.

    Freuds Ansatz einer ‚geteilten‘ Psyche – das Ich befindet sich in einem steten ‚Kontrollkampf‘ zwischen den Wünschen und Trieben (die das Es ausleben möchte) und den Normen und Regeln (die das Über-Ich einhalten möchte) – ist dabei nicht grundsätzlich neu (denke man etwa an Platons Metapher des ‚Wagenlenkers‘), erfährt nun allerdings erstmals (etwa in seiner Schrift Das Ich und das Es von 1923) eine psychoanalytische Fundierung.

  8. 8.

    Zentral dafür ist seine 1914 erschienene Schrift Zur Einführung des Narzissmus.

  9. 9.

    Dazu zählt Freud die Intoxikation (etwa durch Betäubungsmittel), die (‚ungesunde‘, da neurosenfördernde) ‚Abtötung‘ der Triebe, die Libidoverschiebung (also das Schaffen eines ‚Ventils‘), die Flucht ins Fantasieleben, den „Massenwahn“ der Religion oder das partnerschaftliche/geschlechtliche „Lieben und Geliebtwerden“ (vgl. dazu Freud 1983, S. 76–79).

  10. 10.

    Freud führt hierbei exemplarisch den „Kulturerwerb“ (Wissenschaft und Technik allgemein) sowie den Menschen als „Prothesengott“ (Freud 1983, S. 87) an, der inzwischen über verschiedene, mit dem Körper regelrecht verschmolzene „Hilfsorgane“ verfüge (zu Freuds Zeit etwa die Brille als Sehhilfe, der ‚Sauerbrucharm‘ usw.; heute wären mit dem ‚Wearable Computing‘ ebenso noch Smartwatches oder Datenbrillen dazuzuzählen).

  11. 11.

    Marcuse selbst benutzt diesen innerhalb der Kritischen Theorie ja von Horkheimer und Adorno verwendeten Begriff (vgl. Horkheimer und Adorno 2010, S. 128 ff.) nicht und spricht stattdessen von einer „Unterhaltungsindustrie“ (Marcuse 1968, S. 52).

  12. 12.

    Marcuse vergleicht dabei die „sexuelle Freiheit“ in der Mitte des 20. Jahrhunderts mit der früheren „puritanischen und viktorianischen Epoche“ (Marcuse 1968, S. 96), woran später ja auch Michel Foucault in seiner Histoire de la sexualité (1976–1984) anknüpfen wird.

  13. 13.

    Marcuse hebt dabei einen durch die „Experten der Massenmedien vermittel[te]n“ (Marcuse 1968, S. 98) Einfluss hervor und vermutet eine gewisse ‚Gleichschaltung‘ der (Unterhaltungs-)Medien: Die modernen Menschen „haben Dutzende von Zeitungen und Magazinen, die die gleichen Ideale vertreten. Sie haben eine riesenhafte Auswahl, unzählige Apparate und Apparätchen, die alle gleichartig sind und sie beschäftigen ihre Aufmerksamkeit von ihrem wirklichen Anliegen ablenken – von der Entdeckung, da[ss] sie sowohl weniger arbeiten als ihre Bedürfnisse und Befriedigungen selbst bestimmen könnten.“ (Marcuse 1968, S. 101)

  14. 14.

    Marcuse ist in seinem Blick natürlich (ähnlich wie ja auch Adornos in Kalifornien entstandene Schriften zum Fernsehen) von den USA beeinflusst, die einen anderen Lebensstandard als das Nachkriegsdeutschland vor den Jahren des ‚Wirtschaftswunders‘ aufweisen, wenn er feststellt: „Die Menschen […] haben ihre eigenen Wagen, mit denen sie doch nicht mehr in eine Welt entfliehen können, die anders wäre. Sie haben riesige Eisschränke voll gefrorener Lebensmittel.“ (Marcuse 1968, S. 101) – In seiner etwa zehn Jahre später erschienen Untersuchung One-dimensional Man ergänzt Marcuse: „Freie Auswahl unter einer breiten Mannigfaltigkeit von Gütern und Dienstleistungen bedeutet keine Freiheit, wenn diese Güter und Dienstleistungen die soziale Kontrolle über ein Leben von Mühe und Angst aufrechterhalten – das heißt die Entfremdung. Und die spontane Reproduktion aufgenötigter Bedürfnisse durch das Individuum stellt keine Autonomie her; sie bezeugt nur die Wirksamkeit der Kontrolle.“ (Marcuse 1989, S. 27 f.)

  15. 15.

    Marcuse legt im Folgenden dann Ideen zur ‚revolutionären‘ Befreiung des Individuums aus diesem Zustand stetiger Herrschaft und Unterdrückung vor, die – durchaus angelehnt an Marx‘ Diktum, „alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist“ (Marx 1958, S. 385; Hervorhebung übernommen) – mit einem radikalen Wandel der Gesellschaft (und einer ‚Resexualisierung‘ des Körpers) einhergehen müssten (vgl. dazu auch Fußnote 24): „Eine repressionsfreie Ordnung wäre nur möglich, wenn es sich erweist, da[ss] die Sexualtriebe, kraft ihrer eigenen Dynamik und unter veränderten sozialen und Daseins-Bedingungen, imstande sind, dauerhafte erotische Beziehungen unter reifen Individuen zu stiften.“ (Marcuse 1968, S. 196)

  16. 16.

    Diese Wortverbindung (hier: ‚das Schreiben über Ausschweifungen/Prostitution‘) findet sich in ähnlicher Weise auch in anderen medialen Darstellungsverfahren wie beispielsweise der ‚Fotographie‘ („phôs“ als ‚Licht‘) oder der ‚Kinematographie‘ („kinēma“ als ‚Bewegung‘).

  17. 17.

    So kennt die deutsche Sprache den Begriff der „Pornographie“ tatsächlich erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – und definiert ihn zunächst rein literarisch, beispielsweise in der 14. Auflage des Brockhaus Konversationslexikon (1894–1896) schlicht als „Schmutzlitteratur“ (Bd. 13, S. 277), in der vierten Auflage von Meyers Konversationslexikon (1885–1892) als „Sorte von Romanen, die sich in Ausmalung schlüpfriger Szenen, Schilderung liederlicher Dirnen und ihres Treibens gefallen“ (Bd. 13, S. 237).

  18. 18.

    Vgl. zur Diskussion von ‚pornographischen‘ Schriften vor der Einführung dieses Begriffs etwa Moulton (2002).

  19. 19.

    So ziele die Pornographie explizit darauf ab, „den Rezipienten sinnlich zu erregen“ (Largier 2003, S. 127); erotische Darstellungen hingegen „dürfen sinnlich-lasziv sein, verzichten aber in der Regel auf Explizitheit, [also etwa] auf die Sichtbarkeit erregter Geschlechtsteile und sexueller Akte“ (Largier 2003, S. 128). – Eine solche Distinktion (und dadurch: künstlerische ‚Aufwertung‘ der Erotik bei gleichzeitiger ‚Abwertung‘ der Pornographie) ist nicht nur wissenschaftlich problematisch, zumal längst die Trennlinien zwischen ‚Kunst‘ und ‚Obszönem‘ verwischen, etwa wenn preisgekrönte ‚Arthouse‘-Filme (wie beispielsweise Virginie Despentes Baise-moi von 2000, Michael Winterbottoms 9 Songs von 2004 oder Lars von Triers Nymphomaniac von 2013) gezielt eine ‚pornographische‘ Ästhetik übernehmen.

  20. 20.

    Im englischen Original „pleasures of transgression“ (Sontag 1969, S. 62).

  21. 21.

    Während beispielsweise die literarische Pornographie eine aktivere ‚Phantasieleitung‘ des Lesenden benötigt, wird der Rezipient durch die Medieneigenschaften des Films wie auch aufgrund der Inszenierung (beispielsweise durch die Kameraperspektiven oder die Interaktion der Darsteller, inklusive dem Durchbrechen der ‚Vierten Wand‘ zur Animation des Zuschauers) stärker angesprochen.

  22. 22.

    Befördert wird dies durch den Ausbau des Breitband-Internets, einfachere Bezahlmodelle oder gar werbefinanzierte Plattformen.

  23. 23.

    Vgl. dazu auch Marcus (1966).

  24. 24.

    Marcuse strebt eine ‚Resexualisierung‘ des Körpers an, der ja „nicht mehr ganztägig als Arbeitsinstrument zur Verfügung stehen“ müsste: „Diese Veränderung im Wert und im Ausmaß der libidinösen Beziehungen würde zu einer Auflösung der Institutionen führen, in denen die privaten zwischenmenschlichen Beziehungen organisiert waren, besonders der monogamen und patriarchalen Familien.“ (Marcuse 1968, S. 199)

  25. 25.

    Einem absoluten Ausleben sexueller Freiheit(en) stehen ja weiterhin zahlreiche moralische (‚Tabu‘) und juristische (‚Gesetz‘) Widerstände entgegen: So ist beispielsweise die Polygamie in westlichen Gesellschaften sozialethisch tabuisiert und (als ‚Vielehe‘, nicht als polyamore Beziehung) strafrechtlich verboten; institutionell werden also mehrere gleichzeitig geschlossene Ehebünde nicht anerkannt und sanktioniert, was einem kulturellen ‚Zwang‘ zur (kontrollierbaren) Monogamie gleichkommt. Ebenso sind beispielsweise Sexualpräferenzen (etwa Paraphilien wie Pädophilie oder Zoophilie), gewisse sexuelle Praktiken (etwa Fellatio in Malaysia) oder bestimmte sexuelle Kontakte (wie vorehelicher Sex, Homosexualität, Inzest, Ehebruch, Prostitution) teilweise durch (säkulare oder religiöse) Gesetze verboten. Dass es sich bei diesen ‚Beschränkungen‘ um gesellschaftliche Konstrukte handelt, zeigt sich schlicht daran, dass sich soziale Gemeinschaften finden (oder vorstellen) lassen, die eine andere Einstellung praktizier(t)en.

  26. 26.

    Ohnehin müssen Verbote als Eingriffe in künstlerisches Schaffen natürlich grundsätzlich immer mit der im Grundgesetz (Art. 5, Abs. 3) garantierten Meinungs- und Kunstfreiheit abgewogen werden; vgl. zu einer ‚juristischen‘ Definition der Pornographie bspw. den Leipziger Kommentar zum Strafgesetzbuch Hörnle (2010, S. 877).

  27. 27.

    Trotz der inflationären (und häufig kostenfrei zugänglichen) Internetpornographie ist weiterhin von einer regelrechten ‚Porno-Industrie‘ zu sprechen, die jährlich mehrere Milliarden Dollar umsetzt – die Schätzungen, welchen Anteil pornographische Inhalte am gesamten Datenverkehr haben, weichen teils deutlich voneinander ab (zwischen 10 und 50 %), jedoch zählen mehrere große Portale zu den weltweit am häufigsten besuchten Webseiten (vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/List_of_most_popular_websites).

  28. 28.

    Vgl. hierzu etwa exemplarisch die Abrufstatistiken von Online-Portalen wie „Pornhub“, die (durch den globalen Ausbau des Breitbandinternets und eine zunehmende Verfügbarkeit von Endgeräten) in den vergangenen Jahren etwa einen deutlichen Anstieg von Nutzern aus Ländern mit eher restriktiven Ordnungen nachweisen; so verzeichneten etwa Kasachstan (+33), Syrien (+31), Kuba (+26) und die Türkei (+12) im Jahr 2018 deutliche Sprünge auf der weltweiten Rangliste (vgl. https://www.pornhub.com/insights).

  29. 29.

    Tatsächlich treibt vor allem die ‚Porno-Industrie‘ den technologischen Fortschritt im Bereich von ‚Virtual Reality‘ voran (vgl. etwa Heinrichs 2017, S. 33).

  30. 30.

    So setzen Internetportale etwa auf eine systematische Kategorisierung verschiedenster sexueller Praktiken (‚Anal‘, ‚Oral‘ etc.) und Orientierungen (Heterosexualität, Bisexualität, Homosexualität, Transsexualität usw.), körperlicher ‚Vorlieben‘ (Haarfarbe, Körpergröße, Ethnie usw.) und (vermeintlicher) sexueller Kontakte (‚Schulmädchen‘, ‚Stiefmutter‘, ‚Inzest‘ etc.), sodass sich quasi jede beliebige ‚Phantasie‘ suchen und auch finden lässt.

  31. 31.

    Hierin liegt natürlich auch die Gefahr eines ‚Rückzugs‘ in die digitale Pornographie – die Internetsexsucht (‚Cybersex Addiction‘) wird inzwischen in zahlreichen medizinischen Handbüchern als Krankheitserscheinung aufgeführt (vgl. Reay et al. 2015, S. 9).

  32. 32.

    Natürlich dürfte es Freud dabei generell um eine ästhetische (im Sinne von aísthēsis) ‚Qualität‘ von Kunstwerken allgemein denn um die (sexuelle) Befriedigung durch Pornographie konkret gegangen sein. Gleichzeitig muss Freud einschränken, dass „die milde Narkose“ der Kunst letztlich „nicht mehr als eine flüchtige Entrückung aus den Nöten des Lebens“ sei und daher nicht ausreiche, „um reales Elend vergessen zu machen“ (Freud 1983, S. 78).

  33. 33.

    Im englischen Original „poetry of transgression“ (Sontag 1969, S. 71).

  34. 34.

    So erhielt beispielsweise der Film 9 Songs (vgl. Fußnote 19 zuvor) trotz expliziter (‚Hardcore‘-)Szenen eine (durchaus umstrittene) FSK-16-Freigabe (vgl. https://www.spio-fsk.de/asp/filestream.asp?dir=karte&file=0501%5C101086K%2Epdf).

  35. 35.

    Vgl. als Listung von ‚Negativbeispielen‘ beispielsweise https://pinkstinks.de/negativ-beispiele.

  36. 36.

    Adorno vermutete ja in vergleichbarer Weise in seinem Essay On popular Music (1941), dass Massenkultur immer nur zu Beginn innovativ sein könne, dann aber – sobald sich der Erfolg einstelle – einer ‚structural standardization‘ (vgl. Adorno 2002, S. 438 ff.) verfalle.

  37. 37.

    Dies befeuert wiederum einen Überbietungswettbewerb, schließlich reicht die ‚reine Nacktheit‘ mit der ‚Boulevardisierung‘ der Massenmedien inzwischen kaum noch, um Aufmerksamkeit zu generieren – denke man etwa an Porno-Amateurvideos von Pamela Anderson (1998, 2005), Paris Hilton (2004) oder Kim Kardashian (2007), an die Auftritte zahlreicher ‚B-Prominenter‘ in exhibitionistischen Realityshows wie Big Brother oder dem Dschungelcamp usw.

  38. 38.

    Vgl. etwa die Adorno-Vorlesungen der israelischen Soziologin Eva Illouz (2007) unter dem Titel Gefühle in Zeiten des Kapitalismus.

  39. 39.

    Ohnehin gibt es in den USA ein (im Vergleich zu Deutschland viel stärker ausgeprägtes und) in die ‚Popkultur‘ reichendes pornographisches ‚Starsystem‘ (denke man etwa an Jenna Jameson oder Stormy Daniels); dennoch gehört in Deutschland mit „TexasPatti“ inzwischen auch der Auftritt einer Pornodarstellerin zu den erfolgreicheren Instagram-Accounts und hat damit so viele Follower wie beispielsweise die „Lufthansa“ (Stand Frühjahr 2019: 1,1 Mio. Abonnenten).

  40. 40.

    Vgl. dazu etwa Marcuse (1977, S. 39). – Marcuse bezieht sich dabei auf den französischen Philosophen Lucien Goldmann (1913–1970) und dessen Pour une sociologie du roman (1964).

  41. 41.

    Dies reflektiert etwa bereits Linda Williams in ihrem ‚Gründungsmanifest‘ der ‚Porn Studies‘ (vgl. Williams 2004, S. 7 und S. 15 ff.).

  42. 42.

    Ebenfalls berücksichtigt werden müssten die (teils negative) Beeinflussung der (unter Umständen jugendlichen) Rezipienten, die Stellung der (‚Maintream‘-)Pornographie in einer weitgehend von Männern dominierten und häufig kontrollierten Kultur- und Medienlandschaft usw.

  43. 43.

    So findet sich (als exemplarisches Beispiel) etwa sogar in der DVD-Abteilung eines großen ‚Kulturkaufhauses‘ in Berlin inzwischen eine eigene Rubrik; darüber hinaus gibt es zahlreiche ‚Schwullesbische Filmfestivals‘ und ‚Queer Film Feste‘ sowie Auszeichnungen wie die „Feminist Porn Awards“ oder die „PorYes Awards“.

  44. 44.

    Dies gilt letztlich auch für filmische Experimente wie beispielsweise Mia Engbergs Dirty Diaries (2009) – eine Sammlung von 12 Kurzfilmen ebensovieler Regisseurinnen –, die innovativ neue Möglichkeiten des ‚Erzählens‘ und ‚Darstellens‘ ausloten.

  45. 45.

    Vgl. hierzu erneut Adornos Vorwurf einer ‚structural standardization‘ (vgl. Fußnote 36 zuvor).

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Nesselhauf, J. (2020). Das Prinzip Lust: Freud, Marcuse und die Pornographie. In: Kozlarek, O. (eds) Vielfalt und Einheit der Kritischen Theorie – Kulturwissenschaftliche Perspektiven. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31407-1_10

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