Skip to main content

Klassische Erklärungsfaktoren in der Vorurteilsforschung

  • Chapter
  • First Online:
Integration von religiöser Vielfalt durch Religion?

Zusammenfassung

Wodurch werden die Einstellungen zu unterschiedlichen religiösen Gruppen und Muslimen neben Religion noch geprägt? Diese Frage ist nicht nur für sich genommen interessant, sie gewinnt ihre Relevanz vor allem dadurch, dass die Stärke der Erklärungskraft von Religiosität erst durch die Hinzunahme weiterer Faktoren nachgewiesen werden kann. Denn selbst wenn die in sich vielfältigen Formen religiöser Orientierung statistisch mit Toleranz, Ablehnung, Angst und Stereotypen im Zusammenhang stehen, so ist noch nicht geklärt, ob diese Zusammenhänge tatsächlich auf die Religion zurückzuführen sind. Denn es ist möglich, dass diese Effekte vielmehr auf andere Eigenschaften zurückgehen, über die sowohl religiöse als auch tolerante oder eben intolerante Menschen verstärkt verfügen. Um eine solche ‚Scheinkorrelation‘ ausschließen zu können, ist es daher sinnvoll, weitere Merkmale in ein multivariates Modell zu integrieren, um zu testen, inwieweit der Religion tatsächlich ein eigener Einfluss auf die Einstellungen zu religiöser Pluralität und Muslimen zugestanden werden muss.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 54.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 69.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Dabei ist nicht zu leugnen, dass auch die Individualmerkmale zumindest zum Teil als Ergebnis sozialer Beziehungen und den daraus resultierenden Interaktionen verstanden werden müssen. Die Differenz ist darin zusehen, dass die Individualmerkmale nicht unmittelbar auf Sozialbeziehungen verweisen.

  2. 2.

    Je nach gewähltem theoretischen Ansatz wird die Veränderbarkeit der Persönlichkeit m. E. unterschiedlich gesehen. Während einige Autoren Persönlichkeitsmerkmale als Ergebnis von Interaktionsprozessen zwischen dem Individuum und seiner Umwelt verstehen (vgl. Cattel 1972: 127–130), betonen andere die genetische Determination von Persönlichkeitsmerkmalen (vgl. Fulker 1981: 88–100; McCrae et al. 2000: 173–176).

  3. 3.

    Für einen generellen Überblick über die wichtigsten Theorien und ihre Historie vgl. Amelang 2004.

  4. 4.

    Daher erklärt sich der Begriff „Big“, der darauf verweisen soll, dass es sich um umfassende Persönlichkeitsmerkmale auf einem relativ hohen Abstraktionsniveau handelt (vgl. Lang/Lüdtke 2005: 29; Amelang et al. 2006: 277; John/Srivastava 1999: 105). Obgleich alle fünf Dispositionen relativ umfassend sind, variieren sie untereinander trotzdem in der Breite (vgl. John 1990: 71; 74).

  5. 5.

    Einschränkend ist jedoch darauf hinzuweisen, dass dies primär für die psycholexikalische Forschungstradition zu konstatieren ist. Demgegenüber ist die zweite Tradition in Form des klinischen Ansatzes von Eysenck (1981) primär biologisch fundiert (Eysenck 1966: 25, 89–94; 1981: 11–12).

  6. 6.

    Zur Veranschaulichung der großen Bandbreite der Benennung der fünf Dimensionen vgl. Digman 1990: 423, Table 1, sowie John 1990: 89, Table 3.4.

  7. 7.

    An der Benennung kritisieren Costa/McCrae vor allem, dass diese Bezeichnung eine Verbindung zu Intelligenz suggeriere, die so nicht gegeben sei (vgl. Costa/McCrae 1992: 659–660). Darüber hinaus fehle in vielen Studien, die Intelligenz tatsächlich als Bestandteil von Offenheit betrachten, die Kontrolle über Intelligenztests (vgl. McAdams 1992: 334).

  8. 8.

    Dies mag z. T. damit zu tun haben, dass einige Autoren aufgrund des hohen Abstraktionslevels der Big Five generell infrage stellen, der Ansatz eigne sich, um soziales Verhalten vorherzusagen (vgl. Schumann 2012: 47–48). Andere wiederum vermuten, Persönlichkeitsmerkmale verfügten primär über moderierende Einflüsse (vgl. Ajzen 2005: 41–42).

  9. 9.

    Für eine komplette Auflistung der Items vgl. ebenfalls Winkler 2005: 234, Tabelle 4.

  10. 10.

    Selbst wenn nach der wirtschaftlichen Lage und Deprivation kontrolliert wird, haben alle drei Persönlichkeitsdimensionen noch relativ starke und hoch signifikante Effekte (vgl. Winkler 2005: 237, Tabelle 6).

  11. 11.

    Markus Klein (2005) vermutet jedoch, dass Persönlichkeitsmerkmale dennoch eine größere zeitliche Stabilität aufweisen als Werte (vgl. Klein 2005: 267).

  12. 12.

    Helmut Klagen und Thomas Gensicke (2005), die beide Konzepte zwar ebenfalls voneinander abgrenzen, wollen beides jedoch als verschiedene Arten von Persönlichkeitseigenschaften verstanden wissen (vgl. Klages/Gensicke 2005: 279). Der Mehrwert einer Definition, die beide Konzepte unter dem Oberbegriff der Persönlichkeitseigenschaft subsummieren möchte, erschließt sich ebenso wenig wie die Tatsache, dass die Autoren die Grundunterscheidung zwischen Dispositionen und Zielen nicht konsequent beherzigen. Infolgedessen wird der Ansatz von Klages/Gensicke nicht weiterverfolgt.

  13. 13.

    Für eine detaillierte Darstellung der zentralen Überlegungen der Theorie zu Materialismus/Postmaterialismus vgl. Inglehart 1998: 53–58.

  14. 14.

    Vgl. hierzu auch die Diskussion um die theoretischen Überlegungen von Schwartz in Abschnitt 2.4.3.

  15. 15.

    So ist ein Item der Postmaterialismusskala beispielsweise „Schutz des Rechts auf freie Meinungsäußerung“ (vgl. Klein 2005: 271).

  16. 16.

    In den Analysen von Iser/Schmidt haben sich die Persönlichkeitsdimensionen Offenheit für Erfahrungen und Extraversion als statistisch kaum trennbar erwiesen, so dass beide Dimensionen in ihren weiteren Berechnungen zu einer neuen Dimension zusammengefasst wurden (vgl. Iser/Schmidt 2005: 312).

  17. 17.

    Für einen Überblick über verschiedene Versionen vgl. auch insbesondere Lang/Lüdtke 2005.

  18. 18.

    Es gibt jedoch auch Hinweise, die es nahelegen, dass die einzelnen Facetten der Dimensionen besser zur Erklärung geeignet sind als die Gesamtdimensionen. So berichten Schimmack et al. für den Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und Persönlichkeit eine höhere Erklärungskraft für die Facette ‚Depression‘ gegenüber der Gesamtdimension ‚Neurotizismus‘ (vgl. Schimmack et al. 2004: 1062).

  19. 19.

    Der Vorteil, selbst bei der Verwendung unterschiedlicher Messinstrumente auf bereits entwickelte Kurzinventare zurückzugreifen, liegt vor allem darin, dass Ergebnisse zur Messgüte der Items vorliegen. Dies ist besonders wichtig, wenn umfangreiche Skalen auf wenige Items reduziert werden.

  20. 20.

    Für die Itemauswahl der Dimensionen ‚Neurotizismus‘ und ‚Verträglichkeit‘ war darüber hinaus von Bedeutung, dass Rammstedt und John (2007) in einer späteren Publikation ein Instrument mit nur zwei Items pro Dimension entwickelt haben (BFI-10), welches international auf seine Vergleichbarkeit hin getestet wurde (vgl. Rammstedt/John 2007: 210–211, Appendix A).

  21. 21.

    Das Verhältnis von Autoritarismus und Vorurteilen war jedoch noch kein Bestandteil der ganz frühen Autoritarismusforschung, sondern wurde erst in den 40er und 50er Jahren des 20. Jahrhunderts in den Arbeiten der Berkeley-Forschergruppe und ihren Studien zu Antisemitismus schwerpunktmäßig thematisiert (vgl. Samelson 1993: 34–35).

  22. 22.

    Zugleich bezeichnet er Autoritarismus als ein Syndrom, was jedoch seinem grundlegend klinischen Ansatz geschuldet sein mag, der hier jedoch nicht verfolgt werden soll.

  23. 23.

    Dass Adorno vorwiegend von antidemokratischem Potential spricht, mag nicht zuletzt historisch bedingt sein, ging es zu Beginn der Autoritarismusforschung schließlich um die Frage, „weshalb bestimmte Individuen antisemitische und faschistische Ideen akzeptieren und andere Individuen nicht“ (Fahrenberg/Steiner 2004: 132). Auf einer generellen Ebene darf es jedoch als fraglich gelten, ob diese Formulierung wirklich den Kern des Phänomens trifft.

  24. 24.

    Neben der Reduktion der Subskalen wird RWA auch in Bezug auf die psychoanalytische Fundierung des Phänomens einer autoritären Persönlichkeitsstruktur von Adornos Ansatz abgegrenzt, in dem ihm ein lerntheoretischer Ansatz gegenübergestellt wird (vgl. Altemeyer 1998: 48; Feldman 2003: 42).

  25. 25.

    Allerdings weist Feldman nicht vollkommen plausibel nach, dass es sich bei seinem Ansatz um eine Persönlichkeitsdisposition handelt. Die Nähe zur Konservatismusforschung erweckt zuweilen den Eindruck, es handele sich eher um eine Wertorientierung als um ein Persönlichkeitsmerkmal (vgl. Feldman 2003: 48). Lediglich der Hinweis auf die große Bedeutung der Internalisierung von Konformität verweist darauf, dass es sich um eine Persönlichkeitseigenschaft handelt (vgl. Feldman 2003: 49).

  26. 26.

    Bedingt durch das stark ausgeprägte Sicherheits- und Schutzbedürfnis autoritärer Persönlichkeiten sei offene Aggression unwahrscheinlich, denn „[a]gressives Verhalten beinhaltet in den meisten Fällen individuelle Risiken, die die autoritäre Reaktion ja gerade zu vermeiden trachtet“ (Oesterreich 1993: 34). Folglich sei in Bezug auf die Einstellungen zu anderen auch Feindseligkeit wahrscheinlicher als Aggression, weshalb es notwendig sei, aggressives Verhalten von feindseligen Einstellungen klar zu trennen (vgl. Oesterreich 1993: 35). So sei aggressives Verhalten eher in Ausnahmefällen zu erwarten, wenn die Autorität dies befiehlt, eine Bestrafung von als bedrohlich empfundenen Minderheiten nicht sanktioniert werde oder die Option, sich in Schutz zu flüchten, nicht bestehe (vgl. Oesterreich 1996: 130).

  27. 27.

    Adorno legt sich in seinem Ansatz nicht auf eine Erklärung der Entstehung dieses Bestandteils der autoritären Charakterstruktur fest. Er verweist jedoch auf klassische Erklärungsmuster einer verfehlten Ausbildung einer inneren Autorität in Form eines Gewissens sowie auf den Versuch, autoritäre Unterwürfigkeit als Lösungsstrategie für ein ambivalentes Verhältnis zu Autoritäten heranzuziehen (vgl. Adorno 2013: 49–50).

  28. 28.

    Es liegt auf der Hand, dass auf Basis der Definition autoritärer Unterwürfigkeit ein relativ starker Zusammenhang zu religiöser Exklusivität und Orthodoxie erwartet werden kann. Nicht zuletzt knüpft diese Forschung an Arbeiten zu Autoritarismus an (vgl. Altemeyer/Hunsberger 1992).

  29. 29.

    Obwohl beide Autoren ihre Ansätze scheinbar unabhängig voneinander entwickelt haben, besitzt die ASKO-Skala in ihrer theoretischen Fundierung eine große Nähe zum Konformitäts- vs. Autonomieansatz von Feldman.

  30. 30.

    Dabei kann der in diesem Teilkapitel gewählte Ansatz jedoch nicht im engeren Sinne der politischen Kulturforschung zugerechnet werden. Zwar wird der Grundgedanke der Relevanz von Einstellungen in der Bevölkerung geteilt und die Systematisierung der Merkmale lehnt sich ebenfalls an das Konzept an. Das Haupterkenntnisinteresse der politischen Kulturforschung liegt jedoch in der Erklärung von Bedingungen der Systemstabilität (vgl. Pickel/Pickel 2006: 51–54) und nicht in der Explanation von Einstellungen zu spezifischen sozialen Gruppen.

  31. 31.

    Ein weiteres Argument für die Untersuchung demokratischer Werte anstelle der allgemeinen Demokratieakzeptanz ist darin zu sehen, dass die Bejahung der Demokratie als Staatsform keine Information über das Demokratieverständnis der Befragten liefert (vgl. Thomassen 2007: 420–421).

  32. 32.

    Die Fragen von Freedom House zu den politischen Rechten beinhalten drei Subaspekte, bei den bürgerlichen Freiheiten werden vier Subaspekte unterschieden. Bei den politischen Rechten werden jeweils drei Fragen zu ‚Electoral Process‘ und ‚Functioning of Government‘ gestellt, vier Fragen werden im Themenfeld ‚Political Pluralism and Participation‘ berücksichtigt. In Bezug auf die Subaspekte der bürgerlichen Freiheiten gibt es jeweils vier Fragen zu ‚Freedom of Expression and Belief‘, ‚Rule of Law‘ und ‚Personal Autonomy and Individual Rights‘, drei Fragen werden zu ‚Associational and Organizational Rights‘ gestellt (vgl. Freedom House 2017).

  33. 33.

    Es wird nicht zuletzt in dieser Arbeit auf die Links-Rechts-Skala anstelle der Parteienpräferenz zurückgegriffen, da die im Jahr 2013 gegründete Alternative für Deutschland (AfD), welche die politische Landschaft in Deutschland maßgeblich verändert hat, zum Erhebungszeitpunkt noch nicht existierte.

  34. 34.

    Dass linke Parteien stets für eine umfassendere soziale Gleichheit stehen, sei nach Ansicht von Tavits/Letki (2009) jedoch nicht immer der Fall. Sie kommen in einer Studie von 13 postkommunistischen Ländern zu dem Schluss, dass sozialistische und sozialdemokratische Parteien nach dem Zusammenbruch des Sozialismus im Vergleich zu konservativen oder rechtspopulistischen Parteien eher den Abbau von Sozialleistungen befürworten (Tavits/Letki 2009: 562–563). Dies begründen die Autoren mit einer größeren Notwendigkeit linker Parteien, sich nach dem Zusammenbruch stärker vom Sozialismus abgrenzen zu müssen.

  35. 35.

    Auch Karin Priester (2012) verweist darauf, dass Populismus – linker wie rechter – in höchst unterschiedlichen Formen auftreten kann, die alle jedoch dieselben Kernelemente aufwiesen (vgl. Priester 2012: 4).

  36. 36.

    Dabei existiert bisher jedoch kein einhelliger Konsens unter Wissenschaftlern, ob die AfD tatsächlich den rechtspopulistischen Parteien zugerechnet werden kann (vgl. Lewandowsky 2015: 123–128).

  37. 37.

    Zwar war die AfD zum Zeitpunkt der Datenerhebung noch nicht gegründet und Parteien bzw. Parteipräferenzen werden in dieser Studie auch nicht untersucht. Dennoch ist davon auszugehen, dass sich Kombinationen von Wertorientierungen, wie sie von politischen Parteien vertreten werden, zumindest teilweise in ihrer Kernwählerschaft widerspiegeln. Insofern dürfte die existierende Parteienlandschaft in einem Land und deren Verortbarkeit im Links-Rechts-Spektrum durchaus von Bedeutung für die Einschätzung sein, ob und inwieweit die Links-Rechts-Skala politische Einstellungen in einer Bevölkerung angemessen abbilden kann.

  38. 38.

    Bereits diese allgemeine Definition wird nicht von allen Autor*innen geteilt. Anhut/Heitmeyer (2000) verstehen unter Deprivation beispielsweise ausschließlich eine subjektiv wahrgenommene Benachteiligung (vgl. Anhut/Heitmeyer 2000: 33).

  39. 39.

    Dabei ist gewiss zu berücksichtigen, dass eine ökonomische Benachteiligung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit dem Verlust des Zugangs zu weiteren Ressourcen und einer Einschränkung gesellschaftlicher Partizipationsmöglichkeiten einhergeht.

  40. 40.

    Dabei ist zu berücksichtigen, dass einige Ansätze Deprivation ausschließlich als relative und wahrgenommene Benachteiligung verstehen (vgl. Tucci/Groh-Samberg 2008: 9).

  41. 41.

    Vgl. hierfür nochmals die Erläuterungen der zentralen Merkmale sozialer Vergleichsprozesse in Abschnitt 3.2.5.2.

  42. 42.

    Für einen Überblick über gängige und mögliche Konzepte vgl. Rippl/Baier 2005, besonders Tabelle 1.

  43. 43.

    Bei der Studie von Wolf, Schlüter und Schmidt handelt es sich um Analysen im Rahmen des Projekts zur Gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit, so dass abwertende Haltungen zu verschiedenen sozialen Gruppen berücksichtigt wurden. Interessanterweise stellen die Autor*innen zu allen untersuchten Gruppen mit Ausnahme der Muslime signifikante Effekte fest, ein Befund, den auch die Autor*innen nicht erklären können (vgl. Wolf/Schlüter/Schmidt 2006: 76). Mithilfe von Daten aus drei Messzeitpunkten im GMF-Survey haben Zick et al. festgestellt, dass kollektive relative Deprivation das gesamte Syndrom gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit besser voraussagen kann als die einzelnen Bestandteile Fremden- und Islamfeindlichkeit, obgleich die Effekte in ihren Daten signifikant bleiben (vgl. Zick et al. 2008: 378).

  44. 44.

    Welche Art der Deprivation einen stärkeren Effekt hat, dürfte aber auch von dem zu erklärenden Phänomen abhängen. So konstatieren Rippl/Baier/Boehnke (2012), individuelle Dispositionen wie Stressempfinden oder Aggression könnten besser durch individuelle Deprivation erklärt werden, während für Vorurteile kollektive Deprivation eine größere Relevanz besitzen dürfte (vgl. Rippl/Baier/Boehnke 2012: 292).

  45. 45.

    Küpper/Zick arbeiten mit den GFE-Europe-Daten, einer Untersuchung in acht europäischen Ländern, die sie im zentralen Abschnitt ihrer Studie aggregiert analysieren. Bei den einzelnen Länderanalysen stellen sie fest, dass der Effekt des Einkommens (objektive individuelle Deprivation) in Deutschland auch in ihrem finalen Modell noch signifikant bleibt (vgl. Küpper/Zick 2009: 99).

  46. 46.

    Vgl. hierzu auch die Wirtschaftsrechnungen „Leben in Europa (EU-SILC). Einkommen und Lebensbedingungen in Deutschland und der Europäischen Union“ des Statistischen Bundesamtes, vor allem die Armutsgefährdungszahlen des Jahres 2010 auf den Seiten 25–27, sowie den Dritten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung „Lebenslagen in Deutschland“ aus dem Jahr 2008, vor allem die Angaben zur Entwicklung geringfügiger Beschäftigung auf Seite 73, Tabelle IV.2.

  47. 47.

    Die Armutsgefährdungsquote ist definiert als „Anteil der Personen in Haushalten, deren bedarfsgewichtetes Nettoäquivalenzeinkommen weniger als 60% des Mittelwertes (Median) aller Einkommen beträgt“ (Bundesministerium für Arbeit und Soziales 2008: 20–21).

  48. 48.

    Zur Methodik der Berechnung des Nettoäquivalenzeinkommens vgl. erneut die Wirtschaftsrechnungen „Leben in Europa (EU-SILC). Einkommen und Lebensbedingungen in Deutschland und der Europäischen Union“ des Statistischen Bundesamtes, Seite 9, sowie die aktuellen Werte für das Jahr 2010 auf den Seiten 22–24. Vgl. außerdem die Erläuterungen von Markus M. Grabka und Joachim R. Frick (2010).

  49. 49.

    Die daraus entstehende Unschärfe wurde in Kauf genommen, um Antwortverweigerungen vorzubeugen.

  50. 50.

    In der Analyse der Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Prädiktoren in Abschnitt 5.1.3 können darüber hinaus möglicherweise zumindest Hinweise gefunden werden, ob die Variable als valide Messung von wahrgenommener absoluter Deprivation betrachtet werden kann.

  51. 51.

    Zwar weisen unterschiedliche Definitionsansätze von Sozialkapitel erheblich mehr Überschneidungen auf, als dies in vielen anderen Bereichen der Sozialwissenschaften der Fall ist, aber auch hier werden – je nach Autor*in – unterschiedliche Aspekte in den Mittelpunkt gerückt. Für eine Übersicht über diese zahlreichen Definitionsansätze vgl. Franzen/Freitag 2007: 10, Tabelle 1.

  52. 52.

    Für einen Überblick über die postulierten Bestandteile verschiedener Konzeptionen von Sozialkapital vgl. Kriesi 2007 sowie Häuberer 2011.

  53. 53.

    Dabei sieht Putnam eine Norm generalisierter Reziprozität als besonders effektiv in einer Gesellschaft an, da diese fortlaufende und schnelle Interaktionen ermögliche und somit wenig Kosten verursache (vgl. Putnam 2000: 21).

  54. 54.

    Die Autor*innen legen ebenfalls die von Putnam angenommene Grundstruktur der drei Dimensionen ‚soziale Netzwerke‘, ‚generalisiertes Vertrauen‘ und ‚Normen‘ zugrunde. Allerdings differenzieren sie bei den Netzwerken zwischen Netzwerkkontakten zu der Familie, Freunden, Nachbarn, Arbeitskollegen und Mitgliedschaften; Vertrauen wird in Personen- und Institutionenvertrauen unterteilt und bei Normen unterscheiden sie Fairness- von Reziprozitätsnormen (vgl. Franzen/Pointner 2007: 73–76).

  55. 55.

    Da sie in ihrer Studie ein schiefwinkliges Rotationsverfahren (oblimin) gewählt haben, sind Korrelationen zwischen den Faktoren möglich (vgl. Franzen/Pointner 2007: 84).

  56. 56.

    Im Gegensatz zu der Vorgehensweise von Franzen/Pointner analysieren Freitag/Traunmüller ihre Daten nicht auf der Individualebene, sondern auf der Ebene von Kreisen unter Rückgriff auf die Daten des Sozioökonomischen Panels (vgl. Freitag/Traunmüller 2008: 230).

  57. 57.

    Auch hier wurde eine schiefwinklige Rotationsmethode (promax) gewählt.

  58. 58.

    Die weitere Testung der Zusammenhänge mithilfe multivariater Regressionsmodelle kommt sogar zu dem Ergebnis, dass Vertrauen keinerlei Effekte auf die anderen beiden Merkmale hat (vgl. Freitag/Traunmüller 2008: 240).

  59. 59.

    Auch Blumer (1958) nimmt bei ethnischen Gruppen an, dass die Identifikation mit der eigenen ethnischen Gruppe zu ethnischen Vorurteilen führe (vgl. Blumer 1958: 3).

  60. 60.

    In gewisser Weise stellen die Überlegungen von Putnam eine Verbindung zur Social Identity Theory von Tajfel (1982) dar, ein Ansatz, der häufig als konkurrierend zur Sozialkapitaltheorie betrachtet wird. Die eigentliche Differenz ist jedoch lediglich darin zu sehen, dass Tajfel annimmt, die Identifikation mit der Eigengruppe führe generell zu ihrer Aufwertung im Vergleich zur Fremdgruppe (Tajfel/Turner 1986: 16).

  61. 61.

    Trifft Putnams Einschätzung zu, dass aktive Beteiligung nur in bestimmten Vereinigungen zu einer umfassenden Identität mit generalisiertem sozialen Vertrauen führt, könnte darin auch eine Ursache für die insgesamt eher schwachen Korrelationen zwischen generalisiertem Vertrauen und Vereinsengagement liegen.

  62. 62.

    Es wurde jede Gruppe/Organisation einzeln abgefragt, so dass eine dichotome Messung für jede Gruppe vorliegt.

  63. 63.

    Tatsächlich ist die Wirkung der spezifischen Organisationen insgesamt bisher relativ wenig untersucht, so dass in diesem Zusammenhang durchaus noch von einem Forschungsdesiderat gesprochen werden kann (vgl. Westle/Roßteutscher 2008: 176–177).

  64. 64.

    Einbezogen wurde das Vertrauen in die Familie, in Freunde, in Nachbarn und in Fremde, außerdem eine Aussage zum allgemeinen Vertrauen und eine negativ gepolte Aussage, man könne bei Fremden nicht vorsichtig genug sein.

  65. 65.

    Es muss allerdings angemerkt werden, dass die Aussage des allgemeinen Vertrauensitems positiv formuliert war. Es handelte sich um die Aussage: „In general people can be trusted“ (vgl. Freitag/Traunmüller 2009: 786, Table 1).

  66. 66.

    Die Autoren haben auch Vergleiche zwischen alten und neuen Bundesländern einbezogen, konnten aber keine Differenzen in der Vertrauensstruktur zwischen beiden Teilen Deutschlands feststellen (vgl. Freitag/Traunmüller 2009: 786).

  67. 67.

    Neben der am häufigsten verwendeten dichotomen Variable zum allgemeine Vertrauen (s. o.), wurde Vertrauen in die Familie, in Nachbarn und in persönlich bekannte Personen als In-Group-Vertrauen sowie Vertrauen in Personen, die man zum ersten Mal trifft, in Personen einer anderen Religion und Personen einer anderen Nationalität als Out-Group-Vertrauen einbezogen (vgl. Delhey/Newton/Welzel 2011: 792, Figure 3).

  68. 68.

    So beziehen sie in ihr Modell die Merkmale Kontrollüberzeugungen, Optimismus für die Zukunft, Vertrauen in das Parlament und Risikobereitschaft als individuelle Dispositionen mit ein (vgl. Freitag/Traunmüller 2009: 792, Table 2). Bis auf die Kontrollüberzeugungen sind diese Merkmale jedoch nicht Gegenstand gängiger persönlichkeitspsychologischer Theorien.

  69. 69.

    Dabei ist zu berücksichtigen, dass Verträglichkeit 2 nur eine der beiden Variablen darstellt, die die Dimension Verträglichkeit bilden.

  70. 70.

    Susanne Rippl (1995) bemerkt hierzu treffend, die „Kontakthypothese basiert dabei im Wesentlichen auf der Ähnlichkeits-Attraktion-Annahme“ (Rippl 1995: 274).

  71. 71.

    Darüber hinaus kritisiert Pettigrew generell, die psychologischen Prozesse, die durch Intergruppenkontakt ausgelöst werden, würden in der theoretischen Auseinandersetzung zu wenig berücksichtigt (vgl. Pettigrew 1998: 70).

  72. 72.

    Hewstone/Brown ergänzen diese Annahme nochmals um einen Aspekt, indem sie vermuten, dass die Klassifikation eines Individuums als typisch für eine soziale Gruppe mit umfangreichen und konkreten Erwartungen über die Gruppe einhergehe; dies könne wiederum die Wahrnehmung des Individuums in der Kontaktsituation entsprechend der Erwartungen beeinflussen (vgl. Hewstone/Brown 1986: 31).

  73. 73.

    Vgl. hierzu auch die Erläuterungen zum Phänomen der Salienz in Abschnitt 2.2.1.

  74. 74.

    Er findet insbesondere starke Effekte zwischen Freundschaftskontakten und affektiven Vorurteilen (vgl. Pettigrew 1997: 177).

  75. 75.

    Die Unterschiede im Ausmaß der objektiv-relativen Deprivation sind für einen Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland allerdings nicht aussagekräftig, da die Differenzen in Einkommen und Lebenshaltungskosten zwischen beiden Teilen Deutschlands unberücksichtigt geblieben sind.

  76. 76.

    Die Angaben in der WArV-Studie fallen verhältnismäßig hoch aus. So geben in einer anderen Untersuchung lediglich 32,1 Prozent der Deutschen an, etwas oder sehr viel Wissen über Muslime zu besitzen (vgl. Foroutan et al. 2014: 45, Abbildung 13).

  77. 77.

    Darüber hinaus kann und sollte dieses Ergebnis zugleich als Argument für die Verwendung bereits getesteter Messinstrumente gelesen werden.

  78. 78.

    Wie in den meisten Faktorenanalysen üblich, wurde zur Bestimmung der optimalen Faktoranzahl auf das Kriterium der Eigenwerte > 1 zurückgegriffen.

  79. 79.

    Vgl. die Erläuterungen zum Koeffizienten Cronbach’s Alpha in Abschnitt 2.4.6.1.

  80. 80.

    Diese Schlussfolgerung legen auch die bisherigen Analysen mit den vorliegenden Daten nahe. Sind in die Regressionsanalysen zur allgemeinen Haltung zu Muslimen die drei Deprivationsindikatoren Arbeitslosigkeit (objektiv-absolut), Position auf der sozialen Leiter (subjektiv-absolut) und der eigene Anteil im Vergleich zu anderen (subjektiv-relativ) eingeflossen, konnten signifikante Effekte in Deutschland ausschließlich für die subjektiv-relative Deprivation festgestellt werden (vgl. Pollack/Friedrichs 2012: 172, Tab. 2; Yendell 2014: 74, Tab. 4.4).

  81. 81.

    Vgl. hierzu nochmals die bereits vorhanden multivariaten Analysen, in denen die Häufigkeit der Kontakte mit Muslimen stets relativ starke signifikante Effekte auf die generellen Haltungen zu Muslimen hatte, obwohl die einzelnen Modelle z. T. relativ stark variieren (vgl. Pollack 2014b: 52, Tab. 3.1; Pollack/Friedrichs 2012: 172, Tab. 2; Friedrichs/Yendell 2014: 71, Table 4; Yendell 2014: 74, Tab. 4.4; Yendell/Friedrichs 2012: 287–288, Tabelle 3)

  82. 82.

    Diese Annahmen basieren auf dem Postulat einer generell geringeren Stereotypisierung bei größerer Kenntnis des Isam. Bei einer komplexen Repräsentation des Islam wäre es jedoch auch denkbar, dass die Beschäftigung damit sowohl die Nennung negativer als auch die Nennung positiver Stereotypen vom Islam erhöht, dann nämlich, wenn alle Eigenschaften in gewisser Weise als charakteristisch angesehen werden.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Nils Friedrichs .

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2020 Der/die Herausgeber bzw. der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Friedrichs, N. (2020). Klassische Erklärungsfaktoren in der Vorurteilsforschung. In: Integration von religiöser Vielfalt durch Religion?. Veröffentlichungen der Sektion Religionssoziologie der Deutschen Gesellschaft für Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30858-2_4

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-30858-2_4

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-30857-5

  • Online ISBN: 978-3-658-30858-2

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics