Zusammenfassung
In Rückkehr nach Reims wird ein starker Fokus auf die Identitätsentwicklung des Erzählers gelegt. Besonders ‚schwule Identitätsfindung‘ wird in der Narration gegen ‚provinzielle Herkunft‘ und das ‚Arbeiter*innenklassenmilieu‘ gegen ‚akademische Intellektuellenkreise‘ gesetzt. Dieser Beitrag widmet sich dieser Erzähl- und Rezeptionsrahmung aus queertheoretischer und literaturtheoretischer Perspektive und problematisiert dabei naturalisierende Dichotomien und Einschreibungen. Die grundsätzliche Überlegung dieses Beitrags ist, dass Eribons Erzählweise kategoriale Zugehörigkeiten und Hierarchien sedimentiert und damit etablierte Vorstellungen von Aufstieg und Befreiung lediglich wiederholt. Die Narration bringt performative, ambivalente und fluide Positionierungsmöglichkeiten kaum zur Geltung. Eribons Rückkehr nach Reims ist eine eindeutige und unbarmherzige Abkehr von einem schambesetzten und einheitlich als provinziell und homophobisch erfahrenen Arbeiter*innenmilieu und die ersehnte Einkehr in eine scheinbar weltoffene, liberale Bourgeoisie von Paris. Die Erzählung befragt kategoriale Zugehörigkeiten nicht als Identitätskonstruktionen im Dienste einer Ordnung und Aufrechterhaltung von Machtverhältnissen, sondern wirkt im Gegenteil sowohl gesellschaftsordnungs- als auch identitätsstabilisierend.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Barthes, Roland (1975). S/Z. An Essay. New York: Hill & Wang.
Barthes, Roland (1972). Mythologies. New York: Hill & Wang.
Butler, Judith (2004). Undoing Gender. New York: Routledge.
Brontë, Charlotte (2009). Jane Eyre. New York: Vintage Classics.
Brown, Rita Mae (2015). Rubyfruit Jungle. New York: Bantam Books.
Dean, Tim (2003). Lacan and Queer Theory. In Jean-Michel Rabaté (Hrsg.), The Cambridge Companion to Lacan (S. 238 – 52). Cambridge: Cambridge University Press.
Eribon, Didier (2016). Rückkehr nach Reims. Berlin: Suhrkamp.
Foucault, Michel (1990). Die Ordnung des Diskurses. Frankfurt a. M.: Fischer Verlag.
Foucault, Michel (1983). Der Wille zum Wissen. Sexualität und Wahrheit 1. Frankfurt a. M: Fischer Verlag.
Goethe, Johann Wolfgang (2004). Wilhelm Meisters Lehrjahre. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.
Jagose, Annamarie (2001). Queer Theory. Eine Einführung. Berlin: Querverlag.
Hesse, Hermann (1978). Demian. Die Geschichte von Emil Sinclairs Jugend. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Leavitt, David (2014). The Lost Language of Cranes. New York: Bloomsbury.
Neuwinger, Malte (2018). Vielleicht ist Soziologie doch für irgendwas gut … ? Kommentar u Didier Eribons Rückkehr nach Reims. sozusagen. Bielefelder Studierendenmagazin an der Fakultät für Soziologie, Sommersemester 2018 (S. 10 – 13).
Salinger, J. D. (2010). The Catcher in the Rye. London: Penguin Books.
Schmidt, Nadine Jessica (2014). Konstruktionen literarischer Authentizität in autobiographischen Erzähltexten. Exemplarische Studien zu Christa Wolf, Ruth Klüger, Binjamin Wilkomirski und Günter Grass. Göttingen: V&R unipress.
White, Edmund (2009). A Boy’s Own Story. London: Penguin Books.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Schulz, D. (2020). Niedentisch. In: Kalmbach, K., Kleinau, E., Völker, S. (eds) Eribon revisited – Perspektiven der Gender und Queer Studies. Revisited – Relektüren aus den Gender und Queer Studies. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30561-1_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-30561-1_6
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-30560-4
Online ISBN: 978-3-658-30561-1
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)