Zusammenfassung
Im Kapitel drei hatten wir Martin Kohlis These der „Institutionalisierung des Lebenslaufs“ erörtert. Aus seiner Institutionalisierungsthese folgerte er unter anderem, dass der moderne Lebenslauf zu einer Rationalisierung und Selbstdisziplinierung der Lebensführung zwinge. Aber besteht die Möglichkeit einer ‚rationalen‘ Orientierung von Entscheidungen im Lebenslauf nicht immer und wäre insofern ein allgemeines Kennzeichen der Lebenspraxis? Ist die Abwägung von Aufwand und Ertrag, von Kosten und Nutzen, nicht ein grundlegendes Kennzeichen des individuellen Handelns?
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Glossar
Glossar
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Aggregation, Logik der
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Gesetzmäßigkeiten, die sich auf den Umschlag einer Menge einzelner Entscheidungen zu einer allgemeinen bzw. kollektiven Tendenz beziehen. Wann bspw. führt der Verkauf einer bestimmten Aktie durch einzelne Aktienbesitzer zu einer kollektiven Panik, die einen Börsencrash auslöst?
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Bedürfnisse
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Esser bezeichnet damit allgemeine und ganz elementare Formen des Nutzens wie „physisches Wohlbefinden“ und „soziale Anerkennung“.
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Entscheidung
-
Wahl zwischen mindestens zwei Alternativen, die einer Person in einer bestimmten Situation offenstehen.
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Erklärung
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Zurückführung einer Wirkung (des Eintritts eines Ereignisses) auf eine Ursache mithilfe eines allgemeinen Gesetzes.
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Frame (Rahmen)
-
Orientierungsmuster, das für einen bestimmten Bereich von Handlungen (z. B. Verhalten in der Schule, im Beruf oder in der Partnerschaft) unbewusst leitenden Charakter besitzt, so die Werte innerhalb eines solchen Orientierungsmusters automatisch bei einer Handlungswahl zugrunde gelegt werden.
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Frame-Selection
-
Mechanismus, der innerhalb der Esser’schen Version einer Wahlhandlungstheorie angenommen wird, um zu erklären, dass sich Akteure in bestimmten Momenten von ehemals befolgten Orientierungsmustern (Rahmen) lösen und sich an neuen (alternativen) Frames ausrichten.
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Kosten
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Aufwand, Nachteile oder Verluste, die mit einer Handlungsalternative einhergehen.
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Mismatch-Modell
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Modell, in dem davon ausgegangen wird, dass die Befolgung von Orientierungsmustern bzw. Frames nicht immer mit erwünschten oder erwarteten Ergebnissen einhergeht. Was geschieht, wenn es zu einer Häufung von Ereignissen kommt, die nicht zum Frame und den zu ihm gehörenden Skripten passen?
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Nutzen, subjektiv erwarteter
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Grundannahme bzw. zentrales Gesetz der „Logik der Selektion“, nach der Akteure Situationen und deren Handlungsalternativen immer dahingehend einschätzen, welche Vorteile ihnen bezogen auf eine Alternative als subjektiv wahrscheinlich erscheinen.
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Produktionsfunktionen, soziale
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Esser geht davon aus, dass Akteure Nutzen durch ihre Handlungen produzieren. Denn um Nutzen zu erreichen, müssen materielle oder soziale Güter produziert (hervorgebracht) werden. Dies geht nur innerhalb einer Gesellschaft, in der Güter nur als indirekte Güter oder Zwischengüter nach sozialen Regeln (soziale Gelegenheiten, Restriktionen) erlangt werden können. Soziale Anerkennung kann ein Akteur durch die Produktion des Zwischengutes „Prestige“ erlangen. Um Prestige zu erlangen, benötigt er indirekte Güter wie „sozial anerkannte Leistung“, „Erreichen einer besonderen Stellung“, „hohes Einkommen“ u. ä.
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Selektion, Logik der
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Das Handlungskalkül – genauer die Abwägung von Handlungsalternativen anhand von Kosten und erwartetem Nutzen, die zur individuellen Wahl einer Handlung führen.
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Situation, Logik der
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Die Regeln, die die Menge von Handlungsalternativen und ihre sozial zulässigen (anerkennungsfähigen) Merkmale (möglicher Nutzen, Aufwand, Bedingungen usf.) bestimmen.
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Skripte
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Kleinstepisoden, nach denen Situationen im Einklang mit übergreifenden Rahmen (Frame) ablaufen, z. B. das Skript der Trauzeremonie im Rahmen einer Hochzeit oder die Hochzeitsreise im Rahmen einer romantischen Ehe usf.
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Corsten, M. (2020). Biografische Entscheidungen und die Erklärende Soziologie. In: Lebenslauf und Sozialisation. Studientexte zur Soziologie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30397-6_10
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