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Empörend, verstörend, verwerflich – Zur Genese und Anatomie des politischen Skandals in der repräsentativen Demokratie und seine Relevanz für die (schulische) politische Bildung

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Politik und Sprache

Part of the book series: Politische Bildung ((POLBIL))

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Zusammenfassung

Grundsätzlich kann man in historischer Betrachtung konstatieren, dass (politische) Skandale so alt sind, wie die öffentliche Kommunikation selbst. Politische Skandale fungieren nach Dörner (2001) vorwiegend als Ausprägungen der medialen Erlebnisgesellschaft und werden zudem als Phänomen des sogenannten „Politainment“-Effekts bezeichnet. Demnach wird ein Skandal dann politisch, wenn vorwiegend Akteure des politischen Systems aktiv und passiv (medienwirksam) in ihn verwickelt sind und das normative politische Kategoriensystem tangiert wird. Die sogenannte „Skandal-Triade“ (Neckel 1989) bestehend aus Skandalierten, Skandalierern und Dritten stellt ein weiteres Merkmal für einen politischen Eklat dar. Typische Kennzeichen einer skandalspezifischen Kommunikation basieren auf asymmetrischen Interaktions- und Machtstrukturen, Mismatching-Strategien sowie „superioren“ und „inferioren“ Kommunikationsverhältnissen. Der Scheu mancher Lehrkräfte zum Trotz lassen sich Skandalereignisse im Politikunterricht didaktisch konstruktiv und kreativ realisieren, indem Unterrichtsprinzipien wie heuristisches, exemplarisches, problem- und handlungsorientiertes Lernen sowie Kontroversität gezielt kompetenzorientiert Anwendung finden. Zudem können Makromethoden wie Fall-, Problemstudien und Podiumsdiskussionen thematisch gewinnbringend eingesetzt werden, wodurch verstärkt in tiefgründige Lern- und Erfahrungsprozesse vorgedrungen werden kann.

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Notes

  1. 1.

    Schütze (vgl. 1985, S. 22 f.) bemerkt in diesem Zusammenhang, dass bei fehlenden Skandalen in einer Gesellschaft etwas faul sei.

  2. 2.

    Dörner spricht in diesem Kontext von einer „Unterhaltungsindustrie“ (Dörner 2001, S. 32).

  3. 3.

    Zur religiösen Herleitung des Skandalbegriffs siehe Käsler 1991, S. 70 ff.

  4. 4.

    Zudem vgl. Schütz und Luckmann 1979, S. 25, 220. Schütz und Luckmann 1984, S. 171 ff.

  5. 5.

    In Anlehnung an Neckel verwenden Milbrath and Goel für ihre Akteurskonstellation die Begriffe Gladiatoren, Zuschauer und Apathische: „gladiators, spectators, and apathetics“ (Milbrath und Goel 1977, S. 11).

  6. 6.

    Zur Unterscheidung zwischen Individual-, Massen- und Hybridmedien siehe Beck (vgl. 2017, S. 88 f.).

  7. 7.

    Sarcinelli betrachtet diese Politikvermittlung als „Legitimationsbeschaffung in offenen Kommunikationsprozessen“ und Wahlen demnach als „legitimatorische Sonderphasen einer kommunikativen Rückkopplung“ (Sarcinelli 2000, S. 21).

  8. 8.

    Siehe dazu auch Schulz von Thun (vgl. 1992, S. 181 f.).

  9. 9.

    Beispiele für Planspiele zu dieser Thematik finden sich in der Planspieldatenbank der bpb sowie bei Petrik und Rappenglück 2017.

  10. 10.

    Siehe hierzu auch das Modell „Politik in Tiefenschichten“ (Sander 2008, S. 178).

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Kehr, S., Schiefer, F. (2020). Empörend, verstörend, verwerflich – Zur Genese und Anatomie des politischen Skandals in der repräsentativen Demokratie und seine Relevanz für die (schulische) politische Bildung. In: Juchler, I. (eds) Politik und Sprache. Politische Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30305-1_17

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