Zusammenfassung
Der Prozess der Globalisierung kann als Folge politischer Grundsatzentscheidungen für ökonomische Integration betrachtet werden. Idealtypisch findet dabei ökonomische Integration sowohl im globalen wie auch im regionalen Rahmen statt und basiert auf völkerrechtlichen Verträgen und auf Institutionen, die Faktormobilität und Investitionen ermöglichen. Dies lässt sich theoriefundiert erklären und belegen. Globalisierung ist jedoch keine wirtschaftspolitische „Einbahnstraße“: Genauso wie Globalisierung auf ökonomischer Integration beruht, beruht Deglobalisierung auf ökonomischer Desintegration. Desintegration ist als wirtschaftspolitisches Phänomen erkennbar und erklärbar. Erklärbar in dem Sinne, dass Desintegration vorliegt, wenn Länder aus Integrationsverbünden wie gemeinsamen Märkten oder Freihandelszonen austreten oder dass entsprechenden Integrationsprojekte aufgrund außerökonomischer Faktoren dysfunktional werden. Jüngere deglobalisierende Entwicklungen lassen sich zudem geoökonomisch erklären.
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Notes
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Im vorliegenden Beitrag wird „Globalisierung“ als ein ökonomisches Phänomen der immer stärkeren Verflechtungen von Volkswirtschaften betrachtet. Im politikwissenschaftlichen wie auch im soziologischen Diskurs werden bzgl. des Globalisierungsbegriffes darüber hinausgehende Positionen eingenommen: So analysieren bspw. Elmar Altvater und Birgit Mahnkopf aus einer politikwissenschaftlichen Perspektive die „Grenzen der Globalisierung“ (Altvater und Mahnkopf 1997, S. 578). Aus einer eher soziologischen Perspektive wies Ulrich Beck (2007, S. 48–113) auf die sozialen und ökologischen Interdependenzen des Globalisierungsprozesses hin.
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Die Containment-Politik bezeichnet ein auf zunächst Europa begrenztes Konzept, welches auf einer wirtschaftspolitischen (Gründung von GATT und IWF im Rahmen des Marshall Planes 1947) und einer sicherheitspolitischen Komponente (Vandenberg Resolution 1948, NATO – Gründung) zur Eindämmung des Kommunismus beruhte (Seller 2001, S. 102).
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Idealtypisch ist ein auf den Soziologen Max Weber zurückgehender Begriff, mit dem die „reine“, „ideale“ gedankliche Konstruktion eines theoretisch relevanten Zusammenhanges – meist eines komplexen kulturellen oder sozialen Gebildes – bezeichnet wird. Der Idealtypus stellt ein heuristisches Instrument dar, welches dazu dient, sich eine komplexe Realität zu erschließen (Weber 1922/1999, S. 16–17).
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Die Theorie optimaler Währungsräume erfuhr in dem 1969 vorgelegten Sammelband von R. A. Mundell und A. Swoboda „Monetary Problems of the International Economy“ noch ihre Erweiterung durch Beiträge von Peter McKinnon und Peter Kenen.
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Pöllmann, G. (2020). Globalisierung und Deglobalisierung. In: Rebeggiani, L., Wilke, C.B., Wohlmann, M. (eds) Megatrends aus Sicht der Volkswirtschaftslehre. FOM-Edition. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30129-3_5
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