Praktische Seelsorge im Gemeindeleben Erfahrungen mit muslimischer Sterbebegleitung

Zusammenfassung

„Im Islam gibt es keine institutionalisierte Seelsorge,“ war noch in den 80er und 90er Jahren in der einschlägigen Literatur zu lesen. Gutes zu fördern und Böses zu unterbinden, indem man den Mitmenschen mit Rat und Tat zur Seite steht, füreinander betet, Kranke besucht, sich um Gefangene kümmert, Sterbende und Trauernde nicht alleinlässt, Tote beerdigt usw. ist traditionell entweder „farḍ ʿayn“, d.h. individuelle Pflicht, für die jede und jeder im Rahmen der je eigenen Fähigkeiten verbindlich ist, oder „farḍ kifāyah“, d.h. eine Pflicht, der durch ein oder mehrere Mitglieder der Gemeinschaft zu genügen ist. In einer Großfamilie oder einer gewachsenen Dorf- oder Stadtteilgemeinschaft wurde dies durch die Praxis tradiert und es war selten ein Problem, vertrauenswürdige Männer und Frauen zu finden, an die man sich in Fällen von Zweifeln, Fragen, Krisen, Konflikten und Problemen um Rat und Hilfe wenden konnte: der Ruf von Wissen, Erfahrung und Weisheit verbreitete sich schnell.