Alte Hauptstädte im multiplen Regimekontext: Rom und Berlin und die Schatten der Geschichte

Zusammenfassung

Als moderne Hauptstädte stehen Rom und Berlin in vielerlei Kontrast zu anderen demokratischen Hauptstädten, nicht zuletzt aufgrund der Schatten ihrer langen autokratischen Geschichte und der Hinterlassenschaften ihrer Diktaturen im 20. Jahrhundert. In Rom fand eine unmittelbare Aneignung der 2000jährigen Geschichte als imperiale Hauptstadt und päpstliche Residenz statt, in Berlin werden die historischen Brüche auch baulich sichtbar gemacht und die Aneignung verläuft durch Um- und Anbauten eher mittelbar. Zudem unterscheiden sich heute die demokratischen Ordnungen dahingehend, dass Rom Hauptstadt eines unitarischen Staates und Berlin wiedervereinigte Haupstadt in einem föderalen System mit vielen „checks and balances“ ist. Daraus resultieren Unterschiede in der jeweiligen Macht der Parlamente; doch strahlen auch hier die jeweiligen Parlamente architektonisch eine monumentale Würde aus. In Berlin signalisiert das Reichstagsgebäude bewusst eine Mischung aus Traditionalität und Modernität. In Rom dagegen sind die Parlaments- und anderen Regierungsgebäude in ihrer barocken Zeichensprache erstarrt, gleichsam in historischen Aspik eingelegt. Unter den vier alten Hauptstädten kann vor allem Berlin das Bemühen und teilweise Gelingen, eine demokratische Formsprache zu finden, attestiert werden.