Symbolisierung und Verkörperung der Volksherrschaft im urbanen Raum: zur Problematik einer demokratischen Architektur

Zusammenfassung

Hauptstädte in Demokratien sollen wie jene in den alten Monarchien und modernen Autokratien den Willen und die Vision des Souveräns ausdrücken, sind aber mit dem Problem konfrontiert, dass der Souverän ein eher abstraktes Kollektiv ist: das Volk. Daraus ergeben sich Fragen, wie Demokratie in Hauptstädten symbolisiert und repräsentiert wird, welche Funktionen die Hauptstädte im demokratischen Kontext erfüllen müssen und wie Demokratie als Versprechen und Praxis die Gestaltung der Stadt sowie ihrer wichtigsten öffentlichen Gebäude und Plätze beeinflusst. Um Antworten zu finden, behandelt das Kapitel die zentralen Gesichtspunkte Hauptstadtbau und –umbau im demokratischen Regimekontext und damit einhergehende Repräsentationsaufgaben, historische Hinterlassenschaften und adäquate Formsprachen, Varianten demokratischer Regime und ihrer für die Errichtung von Staatsbauten relevanten strukturellen Besonderheiten sowie funktionale und performative Anforderungen an die Architektur demokratischer Bauten, einschließlich der Anatomie von Parlamentsgebäuden. Demzufolge wäre demokratische Qualität von Staatsarchitektur weniger an einer bestimmten Formensprache oder am Baumaterial abzulesen, sondern vor allem an der demokratischen politischen Praxis, d.h. am Verfahren ihrer Errichtung, an ihrer Eignung als Bühne demokratischer Politik sowie an ihrer Aneignung durch den Demos und die politische Führung.