Zusammenfassung
Der Beitrag geht der Frage nach, wie sich tabletbezogene Handlungsroutinen im Alltag von Lehrkräften etablieren und welchen Einfluss verschiedene Formen der Weiterbildung auf die Aneignung neuer Medientechnik ausüben. Dabei werfen wir einen Blick auf die Schule als Ort des Arbeitens und des (beruflichen) Weiterlernens von Lehrkräften. Nach einer thematischen Einordung in den Kontext der Erwachsenen-/Weiterbildungsforschung sowie theoretischen Überlegungen zur „Pädagogik der Dinge“ als theoretischem Rahmen werden die Ergebnisse einer längsschnittlichen Befragung von Grundschullehrkräften vorgestellt. Im Fokus stehen dabei die verschiedenen Zugänge und Weiterbildungsformate, die sich im Laufe der Zeit in den Schulen unseres Samples herausgebildet haben. Insgesamt, so zeigen die qualitativen Ergebnisse, versuchen die Schulen auf verschiedenen Wegen, digitale Medien sinnvoll in das Unterrichts- und sonstige Arbeitsgeschehen einzubinden. Hilfreich erscheint es, die verschiedenen Ansätze formalen, informellen und non-formalen Lernens spezifisch zu fördern, um die Lehrkräfte bedarfsgerecht zu unterstützen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Similar content being viewed by others
Notes
- 1.
Der Begriff des informellen Lernens und dessen Abgrenzung zum non-formalen und zum formalen Lernen wird kontrovers diskutiert (vgl. Rohs 2016). Aus pragmatischen Gründen nutzen wir im Folgenden die vielzitierten (wenn auch nicht ganz unumstrittenen) Definitionen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften aus dem Jahr 2000. Demnach ist das formale Lernen an Bildungs- und Ausbildungsinstitutionen gekoppelt und mit einer Zertifizierung verbunden. Das non-formale Lernen findet „außerhalb der Hauptsysteme der allgemeinen und beruflichen Bildung statt und führt nicht unbedingt zum Erwerb eines formalen Abschlusses“, ist aber mit einer Lernintention verknüpft (ebd., S. 9). Beim informellen Lernen handelt es sich um eine „natürliche Begleiterscheinung des täglichen Lebens“, die nicht notwendigerweise mit einem intentionalen Wissenserwerb einhergeht und eher im Vorübergehen geschieht (ebd., S. 9 f.).
- 2.
Für eine genauere Auseinandersetzung mit dem Digitalisierungsbegriff siehe Graf-Schlattmann et al. 2019, Kap. „Digitalisierung – Revolution des Lernens?“. Im Anschluss verstehen wir Digitalisierung als einen soziotechnischen Wandlungsprozess, der mit graduellen Veränderungen (d. h. Modifikation und Erweiterung bisheriger Arbeitsformen) und disruptiven Veränderungen (Ersetzung bisheriger Arbeitsformen) einhergeht.
- 3.
Dehnbostel (2018, S. 277) nennt mit Rekurs auf verschiedene Untersuchungen einen Wert von 60 bis 80 %.
- 4.
Die folgende Zusammenfassung unserer theoretischen Annahmen beruht auf der detaillierteren Darstellung in Gerhardts et al. (im Druck).
- 5.
Die Zusammenfassung beruht auf der detaillierteren Darstellung in Gerhardts et al. (im Druck). Dort finden sich auch exemplarische Auszüge aus dem Datenmaterial.
- 6.
Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit diesem Aspekt der Aneignung ist bereits durch Meister im Vortrag „Unterrichtspraktiken von Lehrkräften – Veränderungen des Tableteinsatzes im Zeitverlauf“ auf der Jahrestagung Schulforschung und Didaktik der DGfE im September 2019 erfolgt (https://www.dgfe.de/fileadmin/OrdnerRedakteure/Sektionen/Sek05_SchPaed/SFD/2019_Jahrestagung-Programm_Unterrichtsmedien-im-digitalen-Wandel.pdf.
Literatur
Allert, H., & Asmussen, M. (2017). Bildung als produktive Verwicklung. In H. Allert, M. Asmussen, & C. Richter (Hrsg.), Digitalität und Selbst. Interdisziplinäre Perspektiven auf Subjektivierungs- und Bildungsprozesse (S. 27–68). Bielefeld: Transcript.
Ang, S., Orozco, M., Gijbels, D., & van den Bossche, P. (2018). Learning in the context of work in a digital age. the use of digital media in informal and formal learning contexts. In C. Harteis (Hrsg.), The impact of digitalization in the workplace. An educational view (S. 87–101). Cham: Springer Nature.
Bastian, J., & Aufenanger, S. (Hrsg.). (2017). Tablets in Schule und Unterricht. Forschungsmethoden und -perspektiven zum Einsatz digitaler Medien. Wiesbaden: Springer VS.
Behr, F. B. (2017). Lernhabitus und Weiterbildung. Determinanten des Weiterbildungsverhaltens von Lehrer*innen und Lehrern. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Bos, W., Eickelmann, B., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K., et al. (Hrsg.). (2014). ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich. Münster: Waxmann.
Carstensen, T. (2015). Neue Anforderungen und Belastungen durch digitale und mobile Technologien. WSI Mitteilungen, 3, 187–193.
Carstensen, T. (2016). Social Media in der Arbeitswelt. Herausforderungen für Beschäftigte und Mitbestimmung. Bielefeld: Transcript.
Dehnbostel, P. (2018). Lern- und kompetenzförderliche Arbeitsgestaltung in der digitalisierten Arbeitswelt. Arbeit, 27(4), 269–294.
Dehnbostel, P. (2019). Betriebliche Lernorte, Lernräume und Selbstlernarchitekturen in der digitalisierten Arbeitswelt. Magazin Erwachsenenbildung.at, (Ausgabe 35–36). https://erwachsenenbildung.at/magazin/ausgabe-35-36/12830-betriebliche-lernorte-lernraeume-und-selbstlernarchitekturen-in-der-digitalisierten-arbeitswelt.php. Zugegriffen: 28. Mai 2020.
Dewey, J. (1989). Peirce’s theory of linguistic signs, thought, and meaning. In J. A. Boydston (Hrsg.), John Dewey. The later works 1925–1953 (S. 141–152). Carbondale: Southern Illinois University Press.
de Witt, C. (2013). Vom E-Learning zum Mobile Lerning. Wie Smartphones und Tablet PCs Lernen und Arbeit verbinden. In C. de Witt & A. Sieber (Hrsg.), Mobile Leanring. Potentiale, Einsatzszenarien und Perspektiven des Lernens mit mobilen Endgeräten (S. 13–26). Wiesbaden: Springer VS.
Eickelmann, B., Bos, W., Gerick, J., Goldhammer, F., Schaumburg, H., Schwippert, K., et al. (Hrsg.). (2019). ICILS 2018 # Deutschland. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern im zweiten internationalen Vergleich und Kompetenzen im Bereich Computational Thinking. Münster: Waxmann.
Faulstich, P. (2018). Weiterbildung und Technik. In R. Tippelt & A. von Hippel (Hrsg.), Handbuch Erwachsenen- und Weiterbildung (6. Aufl., S. 947–971). Wiesbaden: Springer VS.
Friedrich, K., Siller, F., & Treber, A. (Hrsg.). (2015). Smart und mobil. Digitale Kommunikation als Herausforderung für Bildung, Pädagogik und Politik. München: Kopaed.
Gerhardts, L., Dehmel, L. & Meister, D. M. (im Druck). Die berufliche Tabletaneignung von Lehrkräften als Beispiel der Mediatisierung pädagogischer Handlungskontexte. Theoretische Perspektiven und empirische Befunde. In K. Wolf, S. Aßmann, P. Bettinger & K. Rummler (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 16. Medienpädagogik in Zeiten einer tiefgreifenden Mediatisierung. Weitere Angaben noch nicht bekannt.
Gerick, J., Schaumburg, H., Kahnert, J., & Eickelmann, B. (2014). Lehr- und Lernbedingungen des Erwerbs computer- und informationsbezogener Kompetenzen in den ICILS-2013-Teilnehmerländern. In W. Bos, B. Eickelmann, J. Gerick, F. Goldhammer, H. Schaumburg, K. Schwippert, M. Senkbeil, R. Schulz-Zander, & H. Wendt (Hrsg.) (2014), ICILS 2013. Computer- und informationsbezogene Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern in der 8. Jahrgangsstufe im internationalen Vergleich (S. 147–196). Münster: Waxmann.
Graf-Schlattmann, M., Wilde, M., Meister, D. M., & Oevel, G. (2019). Digitaler Wandel als strategischer Transformationsprozess. Zum allgemeinen und hochschulspezifischen Verständnis der Digitalisierung. QuaSID Arbeitspapier Nr. 2. https://zenodo.org/record/2589943. Zugegriffen: 28. Mai 2020.
Harteis, C. (2018). Machines, Change and Work. An Educational View on the Digitalization of Work. In C. Harteis (Hrsg.), The impact of digitalization in the workplace. An educational view (S. 1–10). Cham: Springer Nature.
Harteis, C. (2019). Supporting Learning at Work in an Era of Digitalisation of Work. In A. Bahl & A. Dietzen (Hrsg.), Work-based Learning as a Pathway to Competende-based Education (S. 85–97). Leverkusen: Barbara.
Ifenthaler, D. (2018). How we learn at the digital Workplace. In D. Ifenthaler (Hrsg.), Digital Workplace Learning. Bridging formal and informal Learning with digital Technologies (S. 3–8). Cham: Springer Nature.
Iske, S. (2016). Erwachsenenbildung und der soziale Raum informeller Bildung im Internet. Hessische Blätter für Volksbildung, 1, 82–91.
Kaufmann, K. (2016). Beteiligung am informellen Lernen. In M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Informelles Lernen (S. 65–86). Wiesbaden: Springer VS.
KMK. (2016). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/PresseUndAktuelles/2017/Strategie_neu_2017_datum_1.pdf. Zugegriffen: 28. Mai 2020.
Kommer, S. (2016). Buch statt Tablet-PC. Warum die digitalen Medien nicht in die Schule kommen – Der Faktor LehrerIn. In T. Knaus & O. Engel (Hrsg.), Wi(e)derstände. Digitaler Wandel in Bildungseinrichtungen (S. 35–67). München: Kopaed.
Kommission der Europäischen Gemeinschaften (2000). Memorandum über Lebenslanges Lernen. Brüssel. https://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-2000/EU00_01.pdf. Zugegriffen: 28. Mai 2020.
Kraus, K. (2016). Lokalität des Lernens. Zur Vielfalt der Lernorte und ihrer Strukturierung. Hessische Blätter für Volksbildung, 1, 53–60.
Kuckartz, U. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse. Methoden, Praxis, Computeruntersützung (3. Aufl.). Weinheim: Beltz Juventa.
Latour, B. (1998). Wir sind nie modern gewesen. Versuch einer symmetrischen Anthropologie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Meister, D. M., & Herold, E. (2006). Digitaler Weiterbildungsnomadismus. In D. Wiedemann & I. Volkmer (Hrsg.), Schöne neue Medienwelt? Konzepte und Visionen für eine Medienpädagogik der Zukunft (S. 86–96). Bielefeld: AJS-Druck.
Müller, K. F. (2018). Ein schön schrecklicher Fortschritt. Die Mediatisierung des Häuslichen und die Entgrenzung von Berufsarbeit. Medien & Kommunikationswissenschaft, 66(2), 217–233.
Nohl, A.-M. (2011). Pädagogik der Dinge. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
Nohl, A. -M. (2013). Sozialisation in konjunktiven, organisierten und institutionalisierten Transaktionsräumen. Zum Aufwachsen mit materiellen Artefakten. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 16(2), 189–202.
Nohl, A. -M., & Wulf, C. (2013). Die Materialität pädagogischer Prozesse zwischen Mensch und Ding. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 16(2), 1–13.
Petko, D. (2012). Hemmende und förderliche Faktoren des Einsatzes digitaler Medien im Unterricht: Empirische Befunde und forschungsmethodische Probleme. In R. Schulz-Zander, B. Eickelmann, H. Moser, H. Niesyto, & P. Grell (Hrsg.), Jahrbuch Medienpädagogik 9 (S. 29–50). Wiesbaden: Springer VS.
Rammert, W., & Schulz-Schaeffer, I. (2002). Technik und Handeln. Wenn soziales Handeln sich auf menschliches Verhalten und technische Abläufe aufteilt. In W. Rammert & I. Schulz-Schaeffer (Hrsg.), Können Maschinen handeln? Soziologische Beiträge zum Verhältnis von Mensch und Technik (S. 11–64). Frankfurt a. M.: Campus.
Rohs, M. (2016). Genese informellen Lernens. In M. Rohs (Hrsg.), Handbuch Informelles Lernen (S. 3–38). Wiesbaden: Springer VS.
Rohs, M. (2017). Erwachsenenbildung in der digitalisierten Gesellschaft. In H. Siebert unter Mitarbeit von M. Rohs: Lernen und Bildung Erwachsener. (3. Aufl., S. 203–242). Bielefeld: Bertelsmann.
Rothland, M. (2013). Beruf: Lehrer/Lehrerin – Arbeitsplatz: Schule. Charakteristika der Arbeitstätigkeit und Bedingungen der Berufssituation. In M. Rothland (Hrsg.), Belastung und Beanspruchung im Lehrerberuf. Modelle, Befunde, Interventionen. (2. Aufl., S. 21–42). Wiesbaden: Springer VS.
Thom, S., Behrens, J., Schmid, U., & Goertz, L. (2017). Monitor Digitale Bildung. Digitales Lernen an Grundschulen. Hrsg. v. Bertelsmann Stiftung. https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Publikationen/GrauePublikationen/BST_DigiMonitor_Grundschulen.pdf. Zugegriffen: 28. Mai 2020.
von Streit, A. (2011). Entgrenzter Alltag – Arbeit ohne Grenzen? Das Internet und die raum-zeitlichen Organisationsstrategien von Wissensarbeitern. Bielefeld: Transcript.
Welling, S. (2017). Methods matter. Methodisch-methodologische Perspektiven für die Forschung zum Lernen und Lehren mit Tablets. In J. Bastian & S. Aufenanger (Hrsg.), Tablets in Schule und Unterricht. Forschungsmethoden und -perspektiven zum Einsatz digitaler Medien (S. 15–36). Wiesbaden: Springer VS.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2020 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Dehmel, L., Gerhardts, L., Meister, D.M. (2020). Zur Stabilisierung medienbezogener Handlungsroutinen im Lehrer*innenberuf – längsschnittliche Betrachtungen zur Integration von Tablets in den Arbeitsalltag. In: Meister, D.M., Mindt, I. (eds) Mobile Medien im Schulkontext. Medienbildung und Gesellschaft, vol 41. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29039-9_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-29039-9_6
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-29038-2
Online ISBN: 978-3-658-29039-9
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)