Zusammenfassung
Unordnung und Unsicherheit scheinen in einer grenzenlos werdenden Welt zuzunehmen, laufend und überall. In den Fokus ordnungspolitischer städtischer Maßnahmen geraten deshalb zunehmend bestimmte als unsicher beschriebene bzw. wahrgenommene Orte im öffentlichen Raum. Es gilt: Gelingt es, diese Orte für die Mehrheit der Bewohner*innen sicher zu gestalten, ist die Stadt sicher und die Welt wieder in Ordnung. Aufsuchende Soziale Arbeit ist vielerorts angehalten, sich an dieser auf Sichtbarkeit und Sicherheit basierenden Logik zu beteiligen, indem als abweichend und störend empfundene Personen und deren Verhalten angepasst werden. Diese dominante und an vielen Stellen (zu) einfach gedachte Sichtweise auf Ordnung und Sicherheit ist jedoch nicht einfach hinzunehmen. Die im Beitrag aufgezeigten Denkweisen und Spannungsfelder sollen dazu beitragen, dass Aufsuchende Soziale Arbeit mögliche Spielräume erkennen und sich fachlich reflektiert positionieren kann.
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Das Forschungsprojekt wurde am Institut für Soziale Arbeit und Räume der FHS St. Gallen durch den Autor des Beitrags zusammen mit Caroline Haag durchgeführt. Da das Beispiel lediglich illustrativen Charakter hat, die konkrete Stadt und ihre Akteur*innen jedoch keine weitere Bedeutung haben, wird es anonymisiert dargestellt.
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Reutlinger, C. (2020). Sicherheiten und Sichtbarkeiten: Ordnungspolitiken in öffentlichen Räumen und die Verdrängung der problematisierten Anderen. In: Diebäcker, M., Wild, G. (eds) Streetwork und Aufsuchende Soziale Arbeit im öffentlichen Raum. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28183-0_3
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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