Zusammenfassung
Mit unserem Beitrag verfolgen wir eine zweifache Zielsetzung. Zum einen soll anhand exemplarischer Phänomene der Digitalisierung die Relevanz inkorporierter medialer Praktiken für die Medienbildung aufgezeigt werden, zum anderen wollen wir den damit einhergehenden praxistheoretischen Implikationen eine pragmatistische Perspektive im Anschluss an John Dewey an die Seite stellen.
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Notes
- 1.
Unter dem Begriff Bildschirmmedium wird hier das mediale Interface, der Bildschirm, mit seinem dahinterstehenden Komplex eines Apparatenetzwerks aus verschiedensten Aufnahme-, Wiedergabe- und Übertragungstechniken gefasst.
- 2.
In der hier betrachteten Funktion des Bildschirmmediums als poietische Körperpraxis vergegenständlicht sich der von Janich erörterte „Physiologismus“ (Janich 2000, S. 71), der den europäischen Wissenschaftsprozess charakterisiert: „[D]er menschliche Organismus [wird] mit naturwissenschaftlichen Mitteln in Struktur und Funktion beschrieben und erklärt […]“ (ebd.) und „dadurch selbstverständlich in seinen ‚Eigenschaften‘ von der fachspezifischen Aufmerksamkeit und den besonderen Verfahren des Beschreibens und Erklärens geprägt“ (ebd.).
- 3.
Vgl. exemplarisch Sehnbruch (2017, S. 109–114, 127 f., 175–182, 334–343).
- 4.
Zur medientheoretischen Grundlegung der Auffassung von Medien als Prothesen vgl. McLuhan (2005). Eine kulturtheoretische Einordnung der technischen Ausweitung des Menschen findet sich bei Hartmann (2003), im Kontext des technologischen Post- und Transhumanismus erörtert z. B. Krüger (2019) Virtualität als „Verfügbarkeit des Unverfügbaren“. Zur diskurskritischen Auseinandersetzung mit der Prothesenthese der Medien vgl. Harrasser (2013) und Sehnbruch (2017, insbesondere S. 74 ff., 126 ff., 207 f., 383 f.).
- 5.
Beispielhaft für die Analogisierung von Körper und (Bildschirm-)Maschine im Kontext der im Mittelalter ihren Ausgang nehmenden Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte des Bildschirmmediums ist die Deutung des menschlichen Lernvorgangs aus der Perspektive des Kognitivismus, der „wie ein klassischer Informationsverarbeitungsprozess ab[läuft]. Es gibt eine Eingabe (…), die das Gehirn als,informationsverarbeitendes Gerät‛ aufnimmt, verbreitet und daraus eine Ausgabe generiert (erzeugt). Auf dieser (…) sehr abstrakten Ebene werden das menschliche Gehirn und ein Computer als äquivalent angesehen“ (Holzinger 2000, S. 133). Vgl. die exemplarische Rekonstruktion der Analogisierung von Körper und (Bildschirm-)Maschine bei Sehnbruch (2017, S. 382 f.).
- 6.
Beispiel dafür sind visuell-technische turns in der Bildschirmgeschichte. Der Wandel des technischen Welt- und Selbstverhältnisses erfolgt z. B. im Rahmen eines dynamischen Wechselverhältnisses der Entdeckung einer Maschine zum Sehen, der Entdeckung des Sinnesapparates, des mechanischen Körpers und der Durchsetzung des mechanistischen Weltbildes bzw. technisch geprägtes Bildes von der Welt etc. die strukturell verbunden sind (vgl. Sehnbruch 2017, S. 124–159, 197–239).
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- 8.
Vgl. die soziologische Studie des „unternehmerischen Selbst“ von Bröckling (2007). In seiner Auseinandersetzung mit den Auswirkungen des Neoliberalismus spricht Bröckling von einem „Regime der Subjektivierung“ (Bröckling 2007, S. 10) und Imperativ der Kreativität des Individuums als „Zivilreligion des unternehmerischen Selbst“ (ebd., S. 152).
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Eine weitere Form der digitalen Entäußerung ist z. B. die symbolische Repräsentation des eigenen Selbst in Online-Dating-Portalen, in die das rekursive Verhältnis von Körperpraxen und Medientechnik strukturbildend einfließt und sich an – im Sinne Foucaults – heterotopischen Mustern der Illusion und Perfektion orientiert (vgl. Wild 2017).
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So wird auch bei Nohl, Rosenberg und Thomsen das reflexive Moment in der Entwicklung von habits eher nachrangig behandelt. Ein Versuch, Reflexion praxistheoretisch zu deuten, unternimmt Reckwitz, der aus einer praxeologisch-kulturtheoretischen Sicht zeigt, wie Reflexivität in einer als reflexiv verstandenen zweiten Moderne selbst zu einer bedeutsamen Praxis generiert (vgl. Reckwitz 2009).
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