Zusammenfassung
Aus dem Erblichkeitsmodell lassen sich Aussagen zur Weitergabe einer Eigenschaft an nachfolgende Generationen ableiten, wenn die Einflussfaktoren konstant bleiben. Auf „freilaufende“ Menschen in unkontrollierten Umwelten ist das Modell nicht anwendbar. Publizisten warnen seit dem vorletzten Jahrhundert immer wieder vor einem genetischen Niedergang („Dysgenik“), da „Minderintelligente“ angeblich zu viele Kinder bekommen. Die Test-Intelligenz ist unterdessen stark angestiegen.
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- 1.
Cooper und Zubek (1958) konnten allerdings zeigen, dass die Unterschiede zwischen den „klugen“ und „dummen“ Rattenpopulationen von den Aufzuchtsbedingungen abhängig waren und unter angereicherten, reizstarken Aufzuchtbedingungen wieder kleiner wurden.
- 2.
Einfache Vorhersagen anhand der Mendelschen Regeln sind hier nicht mehr praktikabel. Mendel hat die Erbgänge von Merkmalen beschrieben, die durch ein, zwei oder wenige Gene determiniert werden. Test-Intelligenz ist aber eine hochgradig polygene (durch tausende von Genen beeinflusste) und umweltabhängige Eigenschaft.
- 3.
Die Theorie von der Entmischung der Genpools hat der US-Psychologe Richard J. Herrnstein formuliert. Er schreibt: Die zunehmende soziale Durchlässigkeit der Gesellschaft werde eine „scharfe soziale Staffelung“ zur Folge haben: Die erbbedingte Trennung zwischen oben und unten werde zunehmen, hinsichtlich der ererbten Fähigkeiten werde in den Familien eine immer größere Einförmigkeit herrschen (Herrnstein, S. 141), bis am Ende eine IQ-bestimmte Klassengesellschaft entstehe. Sarrazin nimmt diesen Gedanken auf und spricht von einer „Entleerung der Unterschichten von intellektuellem Potenzial“ (Sarrazin 2010, S. 227). Vom genetischen Standpunkt aus ist das nicht nachvollziehbar. Durch die zunehmende Durchlässigkeit der Gesellschaft gibt es zwischen den Gruppen einen ständigen Genaustausch, der eben gerade nicht die sympatrische Entstehung getrennter „genetischer“ Gruppen fördert.
- 4.
Der Anstieg dauerte erwiesenermaßen bis in die 1990er Jahre hinein. Es wird darüber diskutiert, ob die Test-Leistungen mittlerweile stagnieren oder wieder absinken – und welche Gründe das haben könnte (siehe z. B. Rindermann et al. 2017; Bratsberg 2018; Schaarschmidt 2019). Ob es tatsächlich eine Trendumkehr gibt, ist allerdings unklar.
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Der Psychologe Heiner Rindermann konzediert, man könne die genotypische Intelligenz nicht messen, und deshalb sei die Dysgenik-These bisher empirisch nicht belegt (Rindermann 2013, S. 299). Durch das Wort „bisher“ suggeriert Rindermann allerdings, es stehe außer Zweifel, dass dieser Beleg eines Tages noch erbracht wird.
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Fischbach, KF., Niggeschmidt, M. (2019). Werden Dumme immer dümmer und Kluge immer klüger?. In: Erblichkeit der Intelligenz. essentials. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27182-4_9
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