Gute – Böse Lebensmittelindustrie pp 61-76 | Cite as
„Einfach gut!“ – Geliebte Narrative der Lebensmittelbranche in der modernen Konsumkultur
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Zusammenfassung
Industriell erzeugte Lebensmittel gehören zur modernen Ernährungskultur ebenso wie Convenience Food dazu. Sie werden seit über 150 Jahren produziert, ihr Anteil an der Bedarfsdeckung der täglichen Ernährung ist enorm, sie unterliegt umfangreichen Sicherheits- und Qualitätsprüfungen. Ihre Produkte und Geschichten verbinden Menschen selbst über große Raum-Zeit-Grenzen, Personen an unterschiedlichsten Orten der Welt verzehren die gleichen Speisen, Menschen aus unterschiedlichen Generationen entwickeln eine Beziehung zu derselben Marke. In Massenproduktion erzeugten Lebensmitteln liegt also ein großes soziales Vergemeinschaftungspotenzial zugrunde, sie erhalten einen soziokulturellen Nährwert, der in der sozial- und kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit diesem Produktsegment bislang nicht berücksichtig wurde. Der vorliegende Beitrag geht von zwar soziokulturell geprägten, aber in ihren Entscheidungen letztlich mündigen Konsumenten aus. Jene Essenden greifen auch deshalb zu industriell hergestellten Lebensmitteln aus der Massenproduktion, weil sie aus dem Konsum dieser Speisen verschiedene positive Effekte beziehen: Genuss, Kommunität, soziokulturelle Identität, Kommunikationspotenzial. Industriell produzierte Speisen und Getränke sind demnach nicht irgendein sich scheinbar nur parasitär in der Ernährungskultur eingenisteter Faktor, der auf skurrile Art gigantische Umsätze erzeugt obwohl sie doch niemand verzehrt, sondern sie sind ein systemrelevantes Element der globalen Ernährungskultur der Ernährungskulturen, das neben der Versorgung mit physiologisch benötigten Nährstoffen auch soziokulturelle Funktionen erfüllt.
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