Zusammenfassung
Die eigentliche Diskussion über Interaktion beginnt dann in den USA mit dem Sozialpsychologen George Herbert Mead (1863–1931). Mead weilte Ende der 1880er Jahre in Deutschland. Er lernte in Leipzig die Arbeiten des Psychologen Wilhelm Wundt, von dem er den Begriff der Geste übernahm, und in Berlin die Überlegungen des Philosophen Wilhelm Dilthey zu einer verstehenden Psychologie kennen. Mead erklärt individuelles Verhalten mit der Orientierung an Zeichen, Gesten und signifikanten Symbolen und der Orientierung am „generalisierten Anderen“. „Social relations and interactions“ versteht Mead als Kommunikationsprozesse, in denen wir uns fortlaufend in die Rolle des Anderen versetzen. Wir übernehmen quasi seine Rolle (taking the role of the other), denken von seiner Situation aus und reflektieren uns dabei selbst. Auf diese Weise verschränken sich unsere Perspektiven wechselseitig, und so verständigen wir uns, wie unser gemeinsames Handeln weitergehen soll.
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Notes
- 1.
Vgl. zu Meads sozialreformerischen Aktivitäten: Joas (1980, S. 27–33).
- 2.
Nur vernünftige Eltern erwarten, dass Kinder bei einem Konflikt „etwas einsehen“. Die aber folgen klugerweise nur dem Gesetz des Stärkeren oder strecken sich nach der Decke der geringsten Sanktion!
- 3.
Siehe oben Abschn. 3.3 Kollektivbewusstsein – die gemeinsame Vorstellung des Verbindenden und des Verbindlichen.
- 4.
Was damit gemeint ist, werde ich gleich erklären.
- 5.
Siehe oben Abschn. 3.1 Solidarität – das Gefühl wechselseitiger Verbundenheit.
- 6.
Siehe oben Abschn. 4.3.2 Interaktionen: wechselseitige Vorstellungen voneinander, wechselseitiger Einfluss, Spiegelselbst.
- 7.
Nach der höchst unglücklichen Übersetzung des Begriffs des „I“ in der deutschen Ausgabe von Mind, Self and Society belassen es die meisten bei dem englischen Begriff.
- 8.
Auf Blumers Theorie der symbolischen Interaktion gehe ich im nächsten Kapitel ein.
Literatur
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Abels, H. (2020). Rollenübernahme und die Verschränkung der Perspektiven (George Herbert Mead). In: Soziale Interaktion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26429-1_6
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