Zusammenfassung
Erving Goffman (1922–1982) wurde in Kanada geboren und studierte Soziologie zunächst in Toronto und dann in Chicago. Dort wurde er nach Feldforschungen auf den Shetland-Inseln mit einer Arbeit promoviert, die später unter dem Titel The presentation of self in everyday life veröffentlicht wurde. Darin zeigte er, welche Strategien Menschen in Interaktionen einsetzen, um ein bestimmtes Image zu wahren oder zu erzeugen. Das ganze Werk von Goffman dreht sich um die Frage, was die Menschen durch ihre Darstellung (performance) zum Ausdruck zu bringen suchen, und wie sie in sozialen Interaktionen den Eindruck (impression), den die Anderen ausweislich ihrer Reaktionen von ihnen bekommen, lenken und kontrollieren. Und es geht um die Frage, wie sie in face-to-face Interaktionen ihre Identität (self) vor den Zumutungen und Übergriffen der Anderen schützen.
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Notes
- 1.
Vgl. oben Kap. 9 Außenleitung – die Orientierung an den vielen Anderen.
- 2.
Vgl. oben Kap. 6 Rollenübernahme und die Verschränkung der Perspektiven.
- 3.
Vgl. oben Abschn. 5.2 Bestimmungsgründe des Handelns: zweckrational, wertrational, affektuell, traditional.
- 4.
Vgl. oben Abschn. 8.5 Rollen: Die Bedingung des Handelns durch normative Erwartungen.
- 5.
Auf diese Theorie gehe ich in Kap. 16 Kommunikatives Handeln und Diskurs noch genauer ein.
- 6.
Die Klammerzusätze scheinen Goffmans soziologische Leseanleitungen zu sein.
- 7.
Siehe oben Abschn. 4.3.2 Interaktionen: wechselseitige Vorstellungen voneinander, wechselseitiger Einfluss, Spiegelselbst.
- 8.
Auch Goffman verwendet in späteren Arbeiten (z. B. Stigma 1963a) die Begriffe „self“ und „social identity“ oft parallel. Auf die Differenzierung der sozialen Identität komme ich weiter unten zu sprechen.
- 9.
Vgl. oben Abschn. 6.1 Geistiger Hintergrund – Pragmatismus und Behaviorismus.
- 10.
Goffman zitiert aus der Regel des Hl. Benedikt aus dem frühen 6. Jahrhundert, wo es über die Aufnahme des Novizen heißt: „Ihm sollen sogleich die Kleider, in denen er gekommen ist, abgenommen werden und er soll mit dem Gewand des Klosters bekleidet werden.“ (Regel 55).
- 11.
Einen gescheiterten Versuch zeigt der Film von Milos Forman Einer flog über das Kuckucksnest (1975). Ein besonders eindringliches Beispiel für einen kompletten Gegenentwurf zur offiziellen, unerträglichen Organisation schildert der Film von und mit Roberto Benigni Das Leben ist schön (1997), wo ein Vater versucht, seinem kleinen Sohn die Brutalität des KZ als grandioses Spiel zu verkaufen.
- 12.
- 13.
Stigma, pl. stigmata – griech. körperliche Einritzung, Brandmal für ein Verbrechen.
- 14.
Bedenken Sie bitte, dass ich diesen Text 2019 geschrieben habe, aber Gedanken Goffmans aus dem Jahre 1963 wiedergebe!
- 15.
Sehen Sie sich unter diesem Aspekt der „normalen Erwartungen“ doch einmal den Film „Der Duft der Frauen“ (1992) an, in dem der blinde Held (Al Pacino) noch ein letztes Mal das Leben in vollen Zügen genießen will! Die französische Filmkomödie „Ziemlich beste Freunde“ (2011) war auch deshalb so erfolgreich, weil das Publikum sich von der eigenen Unsicherheit im Umgang mit Körperbehinderten befreien konnte.
- 16.
Goffman zitiert aus einem Bericht über „Sisters of the Night“ (d. h. Callgirls), die sich auf Partys immer erst umsehen, wen sie kennen, um dann ggf. mit raschem Blickkontakt die Situation als Nichtbeachtung zu definieren und sich und die anderen so vor einer Diskreditierung schützen (vgl. Goffman 1963c, S. 99 und 124).
- 17.
Siehe oben Abschn. 10.4 Die Lebenswelt des Alltags und die natürliche Einstellung zu ihr.
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Abels, H. (2020). Interaktion, Techniken der Präsentation, Gefährdungen der Identität (Erving Goffman). In: Soziale Interaktion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26429-1_13
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