Zusammenfassung
Zielsetzung des diesem Band zugrundeliegenden Lehrforschungsprojekt war es, mit Heavy Metal eine bestimmte Musikszene und mit Festivals eine bestimmte Art des Musikerlebens genauer zu betrachten und zu analysieren. Dabei sollten jedoch nicht musiktheoretische Überlegungen – wie komplex ist dieser Musikstil? – oder betriebswirtschaftliche Aspekte – Event-Management ist ein beliebter Studiengang – im Mittelpunkt stehen, sondern immer eine soziologische Perspektive (vgl. dazu den einleitenden Text von Nico Richter in diesem Band). Es geht um die Beschreibung einer bestimmten Szene und Kultur und damit um ein in modernen Gesellschaften wahrscheinlich immer wichtiger werdendes Phänomen. Eher individualisierte und diversifizierte Gesellschaften haben eine Fülle von Lebensoptionen und bedingen sogenannte Bastelbiographien.
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Notes
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Der Ursprung der Soziologie bei August Comte im 19. Jahrhundert könnte aber genau mit diesem Anspruch verbunden sein und der eigentlich vorgesehene Titel des Faches physique sociale spiegelt dies auch wider. Die zumindest wissenschaftstheoretisch zu begrüßende Idee des Reduktionismus in der Soziologie (vgl. Hummell und Opp 1971) hat vergleichbare Zielsetzungen, war praktisch aber so gut wie konsequenzenlos. In anderen, allerdings eher weit außerhalb des Mainstreams der Soziologie stehenden Feldern, finden sich aber auch heute ähnliche Überlegungen. Die unter anderem auf den Arbeiten von Edward O. Wilson (1975) beruhende Soziobiologie versucht auch heute noch, menschliches Verhalten mit allgemeinen, aus der Biologie abgeleiteten und damit eben naturwissenschaftlichen Hypothesen zu erklären (Nielson 1994; Freese et al. 2003) und bildet somit eine relativ radikale Erweiterung der Reduktionismusdiskussion. In diesem Kontext könnten dann auch Überlegungen über die Möglichkeiten eines freien Willens verortet werden (Falkenburg 2012; Mann und Mann 2017). Die neuerdings verstärkt auftretende Richtung einer computational sociology (vgl. schon Macy und Willer 2002) kann eventuell ebenso in dieser Richtung eines eher naturwissenschaftlichen Verständnisses subsumiert werden. Ob außerhalb experimenteller Studien überhaupt von science gesprochen werden kann und welche Folgen für das konkrete wissenschaftliche Arbeiten zu vermuten sind, diskutiert Staddon (2018). Darauf wird weiter unten noch ausführlicher eingegangen. Vorweggreifend kann hier schon konstatiert werden, dass unserer Auffassung nach auch nichtexperimentelle Vorgehensweisen wissenschaftlich sein können und der Begriff der Social Sciences damit durchaus gerechtfertigt ist oder zumindest sein kann.
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Schon Martin Irle (1975) verglich in seinem, heute eher klassischen Lehrbuch der Sozialpsychologie die allzu heftig betriebene Trennung zwischen einzelnen Wissenschaftsdisziplinen nicht sehr positiv mit dem Revierverhalten von Hunden und betonte das Primat der Lösung wissenschaftlicher Fragen vor eher wissenschaftssoziologischer Abgrenzungen.
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Eine Sozialgeschichte des Lebens in Chicago mit dem Schwerpunkt der Schlachthöfe sowie von Arbeitsmigranten liefert in diesem Zusammenhang der unter anderem auch Bertolt Brecht als Vorlage dienende Roman von Upton Sinclair (1981) Der Dschungel.
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Diesen Tänzerinnen ist in der Figur der von Sängerin Madonna gespielten Mae Mordabito in dem 1992 veröffentlichten Spielfilm A League of Their Own über die U.S.-amerikanische Frauen-Baseball-Profiliga in den 1940er Jahren ein kleines Denkmal gesetzt worden.
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Der Autor dieser Überlegungen hat selbst nicht an der Feldforschung teilgenommen, da er nicht nur phänotypisch, sondern auch aufgrund seiner Biographie und der dadurch bedingten fehlenden Kenntnisse typischer Routinen und Habits als vollkommen Fremder erschienen wäre und eine eventuell problematische Distanz erzeugt hätte. Wie allein an der Existenz dieses Textes deutlich wird, vertreten wir nicht die Auffassung, dass man in allen Feldern selbst primäre Erfahrungen sammeln muss, um darin wissenschaftlich arbeiten zu können.
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Interessanterweise ist in dem im wahrsten Sinne des Wortes ausgezeichneten Lehrbuch mit dem gleichlautenden Titel (vgl. Kreckel et al. 2010) die Studie dann wiederum nicht vertreten.
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Bevor an dieser Stelle wieder das Kriegsbeil auf der qualitativen Seite gegenüber der vermeintlichen oder realen Arroganz der quantitativen Forschung ausgegraben wird, sei an dieser Stelle gesagt, dass auch auf die lange Zeit ja die (Förderungs-) Landschaft dominierenden Seite der quantitativen Forschung beispielsweise in der Bundesrepublik diese großen Leuchttürme rar sind. Hier sind sicherlich Studien zur Bildungsungleichheit oder zur Lebensverlaufsanalyse zu nennen. Die in den letzten Jahren entstandenen Großprojekte zur Generierung von Daten wie des Familien- oder das Bildungspanel müssen ihre wirkliche Leistungsfähigkeit und Leuchtturmfunktion aber erst noch unter Beweis stellen.
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Moser (2014) differenziert verschiedene typische Sammelsituationen. Die These des geringen ökonomischen Ertrags bezieht sich dabei auf die sogenannten Tourensammler, die meist eine relativ gleiche Route abgehen und dort in den Mülleimern nach Pfandflaschen suchen. Bei den sogenannten Eventsammlern, die beispielsweise bei Fußballspielen oder eben bei und nach Musikfestivals die Flaschen einsammeln, wird sich ein anderes Bild ergeben.
- 9.
Anstelle des Begriffs der Mimikry, dem ja durchaus eine gewisse Hinterlist innewohnt, könnte man die freundliche, aber auffallende Anpassung vielleicht von Mimese sprechen. Dieser Begriff beschreibt das wünschenswerte Auftreten des Forschers als Flaneur.
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Diese immer wiederkehrende Distanzierung und der Abstand zum Feld unterscheidet die herkömmliche Ethnographie auch von der lebensweltlichen Ethnographie, wie sie beispielsweise Hitzler und Eisewicht (2016; vgl. auch Honer und Hitzler 2015) sehr nachdrücklich und eindringlich beschreiben. Dort findet sich auch die Differenzierung zwischen der üblichen teilnehmenden Beobachtung der Ethnographie und der beobachtenden Teilnahme der lebensweltlichen Ethnographie, bei der die Forschungen aktives Teil der entsprechenden Szene oder Lebenswelt werden.
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Hierzu gehört natürlich auch ein (Grund-) Verständnis der entsprechenden Sprache, wobei dies auch die jeweiligen Subkulturen betrifft. Nigel Barley (1990) schildert sehr amüsant, welche Probleme auftreten können, wenn diese Bedingung nicht erfüllt ist.
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Bereits Goffman (1974, S. 174) konnte zeigen, dass selbst zumindest in unserer Kultur eindeutigen Handlungsakten wie dem Überfahren einer roten Ampel durchaus etliche unterschiedliche Deutungen zugeschrieben werden können.
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Ein ähnliches Problem findet sich in vielen anderen Bereichen wie etwa in der Forschung zu intergenerationalen Beziehungen. Auch hier kann man sich fragen, ob einzelne Aspekte dieser Beziehung durch Eltern und Kinder gleichgesehen werden und ob es einen Einfluss auf die theoretische Modellierung hat, welche dieser beiden Perspektiven berücksichtigt wird (vgl. Kopp und Steinbach 2009 sowie Steinbach et al. 2019). An anderer Stelle wurde herausgearbeitet, dass selbst (Ehe-) Paare ihre Beziehungen, vor allem aber die jeweils gegenseitigen Einstellungen und Einschätzungen, sehr unterschiedlich sehen können (vgl. Hahn et al. 2019).
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An anderer Stelle haben wir argumentiert, dass die Unterscheidung zwischen sozialen Mechanismen und den häufig unter dem Begriff der rational-choice-Erklärungen zusammengefassten Modelle eher sprachlich und forschungstaktisch zu verstehen ist, da sich praktisch keine Unterschiede ergeben und die grundlegende Argumentationsfigur identisch ist (Kopp und Richter 2016).
- 15.
Eine ähnliche Idee entwirft Naomi Oreskes (2019) in ihrem Buch „Why trust science?“.
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Kopp, J. (2020). Ethnographie als soziologische Methode. Einige Anmerkungen. In: Richter, N., Kopp, J. (eds) Entering the Battlefield. Erlebniswelten. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22384-7_2
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