Zusammenfassung
Eine wissenschaftliche Perspektive auf die Welt, die in der Neuzeit entwickelt wurde, behandelt die „‚Natur‘ als mathematische Mannigfaltigkeit“, von ihr aus können Menschen „als voll durchkonstruierte Maschinenwesen“ betrachtet und berechnet werden. Vor diesem Hintergrund wurde die Idee einer „mathesis universalis“, eines formalisierten Logikkalküls entworfen, mit dem sich Natur, Mensch und Gesellschaft berechnen lassen. Auch wenn diese Perspektive inzwischen deutlich an Bedeutung verloren hat, scheinen gegenwärtige Lebenswelten über ihre softwarebasierte, digitale Technisierung mehr und mehr Logikkalküle in ihre Abläufe und Prozesse zu integrieren. Vor diesem Hintergrund fragt der Beitrag nach einer begrifflichen Erfassung der digitalen Technisierung der Lebenswelt. In einem ersten Schritt wird dafür kurz das Verhältnis von Lebenswelt und Technik bei Husserl und Schütz entwickelt, in einem zweiten Schritt wird dann die softwareförmige Technisierung skizziert und schließlich in einem dritten Schritt auf der Basis des Erfahrungs- und des Sinnbegriffs einige für eine phänomenologische Analyse von Software und Technik relevante Dimensionen beschrieben.
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Eine ausführlichere Beschreibung des Phänomens Software findet sich in meiner Dissertation „Offene Wissensökonomie“ (Sebald 2007), aus der Teile des Folgenden entlehnt sind.
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„Representation is in the mind of the beholder. […] There is nothing in the design of the machine or the operations of the program that depends in any way on the fact that the symbol structures are viewed as representing anything at all.“ (Winograd und Flores 1986, S. 86). Dieser konstruktivistische Repräsentationsbegriff ist explizit abgesetzt von dem für die Forschungen zur sog. Künstlichen Intelligenz maßgeblichen Repräsentationsbegriff der „Philosophy of Mind“; vgl. zur Kritik des letzteren Putnam (1988); Schneider (1992); Metzinger (1993); Winograd und Flores (1986, S. 72 ff.).
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Selbstverständlich gibt es auch Anwendungen, die sich jeder pragmatischen Verwendung entziehen, die keinerlei Zweck haben, außer dem mit dieser Formalität zu spielen, wie etwa die Visualisierung von sog. Mandelbrotmengen im sog. „Apfelmännchen“. Der überwiegende Teil jedoch ist mehr oder minder direkt auf eine Lösung von realweltlichen Problemen gerichtet.
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Sebald, G. (2021). Software als Mathesis universalis der Lebenswelt? Zur begrifflichen Fassung der softwareförmigen Technisierung der Lebenswelt. In: Dreher, J. (eds) Mathesis universalis – Die aktuelle Relevanz der „Strukturen der Lebenswelt“. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22329-8_18
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