Zusammenfassung
Der Forschungsstil der Interpretativen Subjektivierungsanalyse (ISA) schließt an die wissenssoziologische Diskurs- und Dispositivforschung an und entwickelt in Auseinandersetzung mit Michel Foucaults Subjekt- und Machtkonzeptionen sowie im Anschluss an das Interpretative Paradigma der Soziologie heuristische Analysebegriffe zur Umsetzung von qualitativ-empirischen Forschungsvorhaben, die in einer Doppelperspektive sowohl normative Subjektpositionen als auch die Selbstverhältnisse und Subjektivitäten tatsächlich lebender, handelnder und verkörperter Menschen in den Blick nehmen. Dazu wird in diesem Beitrag ein minimal-anthropologisch fundiertes Akteurskonzept zugrunde gelegt und anhand von zwei Studien aufgezeigt, dass die Fragen nach den Machtwirkungen von normativen Subjektordnungen und der Agency von Akteur_innen nicht im Vorfeld von Untersuchungen theoretisch zu bestimmen sind, sondern als empirische Frage gewendet werden müssen, indem rekonstruiert wird, wie die konkreten Machtverhältnisse im Forschungsfeld beschaffen sind und welche Spielräume und Ressourcen den ‚angerufenen Subjekten‘ für die mehr oder weniger kreativ-eigensinnigen Selbst-Positionierungen zur Verfügung stehen.
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Bosančić, S. (2019). Die Forschungsperspektive der Interpretativen Subjektivierungsanalyse. In: Geimer, A., Amling, S., Bosančić, S. (eds) Subjekt und Subjektivierung. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22313-7_3
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