Zusammenfassung
Ähnlich wie die neoklassische Standardökonomie als der vom wirtschaftsdidaktischen Mainstream identifizierte „Referenzrahmen“ vernachlässigen die monoparadigmatischen Ansätze ökonomischer Bildung kulturelle, historische, politische, ethische und gesellschaftliche Einflüsse, obwohl die Bezüge für die Analyse ökonomischer Sachverhalte thematisch aufschlussreich, (fach)didaktisch naheliegend und lernpsychologisch überzeugend sind. Weitestgehend ungeachtet der intensiven Debatten über die Notwendigkeit multi-, inter- und transdisziplinärer Zugänge in der Volkswirtschaftslehre halten sich gerade im Lehrkontext viele wirtschaftswissenschaftliche „Semifiktionen“ wie der homo oeconomicus unverändert – insbesondere auch in der eigentlich auf Situations- und Lebenswelt- statt auf Disziplin- und Modellorientierung verpflichteten schulischen (ökonomischen) Bildung. Vor diesem Hintergrund soll der vorliegende Beitrag die erkenntnistheoretischen, bildungspolitischen und fachdidaktischen Mängel der neoklassisch geprägten Wirtschaftsdidaktik benennen, um sodann wissenschaftstheoretische Annahmen, fachdidaktische Prinzipien und bildungspolitische Implikationen einer sozioökonomischen Bildung zu skizzieren.
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