Zusammenfassung
Im Beitrag Kunst-Stoffe. Der Zauber und Fluch materieller Persistenz am Beispiel von Dea Lohers „Deponie“ werden die kulturhistorischen Entwicklungen von Kunststoffen mit ästhetischen, ökologischen und temporalen Inszenierungen von Müll in einem Text der Gegenwartsliteratur in Beziehung gesetzt. Es wird ein besonderer Schwerpunkt auf die mit Müll verbundene Transformationen von Dingen und Formen, sowie der damit verknüpften Reaktion des Ekels gelegt. Dabei werden zwei Dimensionen von Müll-Ekel entwickelt. Von diesen Überlegungen ausgehend wird die Spezifik von Kunststoffmüll fokussiert und gezeigt wie Dea Loher (Kunststoff-)Müll als Verfahren nutzt um kulturelle Konstrukte, wie eine Natur-Kultur-Dichotomie, zur Disposition zu stellen. Das Mitte des 20. Jahrhunderts noch zunächst positiv in die Zukunft weisende Wort der Kunststoffe wird in Lohers Text vielmehr als Belastung derselben imaginiert, da die Persistenz der materiellen Vergangenheit die Handlungs- wie Lebensweisen der folgenden Generation erschwert. Die zunächst affirmative Betrachtung von Kunststoffen als Zauberei und die Wandlung der Natur werden angesichts von Plastikteilchen in den Tieren als Kontrollverlust und negative Version des Traums vom ökologischen Kreislauf dargestellt. Sie evozieren einen Müllekel, der als Kulturekel lesbar wird. Es wird in dem Beitrag dargelegt, wie die positive Zukunftserwartung, der Zauber und die Magie der ‚Kunst-Stoffe‘ literarisch vielmehr als ein Fluch der Vergangenheit semantisiert werden.
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Hansen, L. (2018). Kunst-Stoffe. In: Hansen, L., Roose, K., Senzel, D. (eds) Die Grenzen der Dinge. Kulturelle Figurationen: Artefakte, Praktiken, Fiktionen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20315-3_7
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