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Narrationen des Dazwischen: Dialogische ReKonstruktion von Erleben in der Theatertherapie

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Zusammenfassung

Dieser Beitrag stellt Anordnungen in der Theatertherapie dar (zu Hauptströmungen d. Theatertherapie s. David R. Johnson und Renée Emunah, Current approaches in drama therapy. Charles C Thomas Publisher, Springfield, 2009) und zeigt eine Möglichkeit der systematischen Rekonstruktion von theatertherapeutischen Prozessen auf. Dazu werden drei Ebenen unterschieden: 1) Das therapeutischen Setting, als äußere Rahmenbedingungen. 2) Die Strukturierung innerhalb der Theatertherapiesitzungen. Hier spielen sowohl das Therapie- als auch das Theaterverständnis von Therapeut*in und der Spielenden und die damit verbundenen theatralen, künstlerischen und künstlerisch-therapeutischen Setzungen eine Rolle (vgl. Phil Jones, Drama as therapy: Theatre as living. Routledge, London, 2007). 3) Der Prozess des Aufzeichnens an sich. Welche Methoden und Medien werden eingesetzt? Wie lassen sich flüchtige Erlebnisse und Spielprozesse erfassen (vgl. Isa Wortelkamp, Sehen mit dem Stift in der Hand – die Aufführung im Schriftzug der Aufzeichnung. Rombach Verlag, Freiburg i. Brsg., 2006)? Welche Anordnungen und Setzungen sind nötig und wie gelingt es, eine Sprache zu finden, in der Erleben in der Theatertherapie reflektiert werden kann?

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Notes

  1. 1.

    Es gibt nicht die Theatertherapie. Demzufolge wird der Begriff in dieser Arbeit als Zusammenfassung verschiedener Hauptströmungen der Theatertherapie (vgl. Johnson und Emunah 2009) benutzt.

  2. 2.

    Einen Überblick über verschiedene Anwendungsfelder und Formen der Theatertherapie in Deutschland geben Neumann et al. (2008), für Großbritannien s. Karkou und Sanderson (2006), Jennings et al. (2007) und für Nordamerika, Kanada und Israel s. Emunah und Johnson (2009) und Pendzik et al. (2016).

  3. 3.

    Die hier dargestellten theatertherapeutischen Ansätze sind eine Auswahl, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt (vgl. Fußnote 2).

  4. 4.

    Diese Frage reflektiert Isa Wortelkamp (2006) aus theaterwissenschaftlicher Sicht. In diesem Zusammenhang aufschlussreich erscheinen Wortelkamps Überlegungen zu der von Erika Fischer-Lichte vorgeschlagenen phänomenologischen Analyse (vgl. Wortelkamp 2006, S. 127 ff.). Dabei liegt der Fokus auf der Beschreibung des Performativen. Es gehe um sein „[…] phänomenales So-Sein und die Erfahrung dessen“ (ebd.). D* Schauspieler*in wird dabei nicht in seiner/ihrer Zeichenfunktion, sondern in der konkreten Körperlichkeit im „leiblichen In-der-Welt-Sein“ (ebd., S. 128) betrachtet. Wenngleich der Fokus der Theaterwissenschaft auf der Wirkungsästhetik liegt, also der Wirkung auf Zuschauer*innen und sich die phänomenologische Analyse auf das Ereignis zwischen Schauspielenden und Zuschauenden bezieht, ist dieser Blick auch erhellend in Bezug auf die Beobachtung von Spielprozessen innerhalb der Theatertherapie. Dort gelangt damit die Körperlichkeit der Patient*innen in den Blick. Somit können flüchtige Prozesse zwischen Spielenden, Zuschauenden und Therapeut*in mit dem Fokus der Wirkungen auf die spielenden Patient*innen analysiert werden.

  5. 5.

    Die Schreibweise kennzeichnet das Wechselspiel von Konstruktion und Rekonstruktion. Letztere wird als Perspektive der Konstruktion betrachtet (vgl. Reich 2012).

  6. 6.

    Zu Einflüssen strukturalistischer, poststrukturalistischer und phänomenologischer Theorien auf Prozesse und Herangehensweisen in der Theatertherapie siehe Jones: „Drama as Therapy“ (2007).

  7. 7.

    Viele dieser Künstlertheorien beschreiben verschiedene Zugangsweisen zum Schauspielen, dabei verwenden sie Begrifflichkeiten unterschiedlich (vgl. Hentschel 2010).

  8. 8.

    Übersetzung der Verfasserin.

  9. 9.

    Der Begriff „Rolle“ bezieht sich auf Figuren, die im Theaterspielen dargestellt werden. Diese können fiktiv sein, sich aber auch auf reale und soziale Rollen, wie zum Beispiel „Kind, Schwester, Bruder, Angestellte*, Chef*in“, beziehen.

  10. 10.

    Als Beispiel nennt Sabisch einen schrillen Ton, der von jemandem zunächst wahrgenommen und erst im nächsten Schritt als Klingelton zugeordnet wird. Diesen Spalt zwischen Ereignis und Antwort beschreibt Waldenfels als „Diastase“, „[…] einen Differenzierungsprozess, in dem das, was unterschieden wird, erst entsteht.“ (Waldenfels 2004, S. 174, zit. n. Sabisch 2009, S. 10). Sabisch untersucht, wie der Prozess des Antwortens, wenn die Art der Aufzeichnung frei gewählt wird, selbst zu einer ästhetischen Erfahrung werden kann (vgl. Sabisch 2009).

  11. 11.

    Das menschliche Gedächtnis wird aus Sicht der heutigen Neurowissenschaften in verschiedene (Sub-)Systeme unterteilt, die sich durch ihre jeweils unterschiedliche Funktion und Position bzw. Art der Informationsverarbeitung auszeichnen. Damit verbunden sind verschiedene Bewusstseinsebenen und Selbst-Repräsentationen. Die herkömmliche Unterteilung in zeitlich strukturierte Gedächtnissysteme (Ultrakurzzeit-, Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis) wird heute durch eine inhaltliche Differenzierung ergänzt (vgl. Gudehus et al. 2010).

  12. 12.

    Ich beziehe mich auf den Resonanzbegriff von Hartmut Rosa (2016). Er grenzt diesen von (linearen) Wechselwirkungen ab, deren gegenseitige Beeinflussung vorhersehbar sei. Er beschreibt Resonanzen als „wechselseitiges ‚Berühren und Berührtwerden‘“ (Rosa 2016, S. 284). Damit sei eine bestimmte Art des In-Beziehung-Tretens gemeint: „Als Kernmoment lässt sich dabei die Idee isolieren, dass sich die beiden Entitäten der Beziehung in einem schwingungsfähigen Medium (oder Resonanzraum) wechselseitig so berühren, dass sie als aufeinander antwortend, zugleich aber auch mit eigener Stimme sprechend, also als ‚zurück-tönend‘ begriffen werden können“ (ebd. S. 285).

  13. 13.

    Die Embodimentforschung untersucht die Wechselwirkung zwischen Körper, Leiblichkeit und Psyche. Der Fokus liegt dabei auf dem Zusammenspiel von Leiblichkeit und der Wirkung auf Kognition, Emotion und Aktion (vgl. Cantieni et al. 2010). Eine wichtige Erkenntnis der Embodimentforschung ist, dass leibliche Empfindungen, Ausdruck und Emotionen untrennbar miteinander verbunden sind und unbewusst auf die Wertung und emotionale Wahrnehmung in der Interaktion mit einem Gegenüber oder bezogen auf eine Umwelt wirken (vgl. Fuchs 2014).

  14. 14.

    Der Medienwechsel, der mit der schriftlichen Fixierung eines ästhetischen Ereignisses einhergeht, ist auch vor dem Hintergrund kritisch zu sehen, dass ein Ereignis, das subjektiv erfahren wird, als solches zunächst einmal weder beobachtbar noch speicherbar erscheint. Eine ausführliche Analyse gibt Wortelkamp (2006).

  15. 15.

    Eine Aufführungssituation im Theater lässt sich nicht direkt auf das Spiel in einem theatertherapeutischen Setting übertragen. Dies kann innerhalb dieses Beitrags nicht weiter ausgeführt werden, dennoch finden sich auch im theatertherapeutischen Spiel „theatrale Zeichen“, die sich zunächst einer Aufzeichnung entziehen.

  16. 16.

    Eine in der Theatertherapie weit verbreitete Methode sind die von der Theatertherapeutin Renée Emuah entwickelten „Self-revelatory performance“ (vgl. Emunah 2015).

  17. 17.

    Mit dem Praxisbegriff kommt die materielle körperleibliche (body) Ebene ins Spiel. Thomas Bedorf beschreibt als „Praxis“ das gemeinsame Tun, in Abgrenzung zum schöpferischen Produzieren, der „Poiesis“. Praxistheorien verorten den Sinn des sozialen Geschehens im körperleiblichen Vollzug selbst. Der Praxisbegriff nehme dabei eine vermittelnde Perspektive ein, die jenseits von Dualismen, wie Individuum und Gesellschaft, zu verorten sei. Bedorf analysiert den Körperbegriff aus Sicht der Praxistheorien, siehe dazu Bedorf (2015).

  18. 18.

    Die Besonderheit besteht darin, dass hier nicht ein lineares Antwortverhältnis gemeint ist, indem d* Befrager*in fragt und d* Befragte antwortet, sondern eine Resonanzbeziehung, wie Rosa sie beschreibt: „Als Kernmoment lässt sich dabei die Idee isolieren, dass sich die beiden Entitäten der Beziehung in einem schwingungsfähigen Medium (oder Resonanzraum) wechselseitig so berühren, dass sie als aufeinander antwortend, zugleich aber auch mit eigener Stimme sprechend, also als ‚zurück-tönend‘ begriffen werden können“ (Rosa 2016, S. 285, vgl. auch FN 9).

  19. 19.

    Vgl. dazu Sabischs Beschreibung des Erfahrungsbegriffs (S. 7 ff.).

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Klees, S. (2019). Narrationen des Dazwischen: Dialogische ReKonstruktion von Erleben in der Theatertherapie. In: Ankele, M., Kaiser, C., Ledebur, S. (eds) Aufführen – Aufzeichnen – Anordnen. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20151-7_16

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