Zusammenfassung
Pflegebedürftigkeit beinhaltet ein Armutsrisiko, sowohl für die Pflegebedürftigen als auch für die familiär Pflegenden und ohne neue zukunftsweisende Lösungen auch für die nachfolgenden Generationen. Gleichzeitig ergibt sich ein Instabilitätsrisiko für die soziale Sicherung in europäischen Ländern. In Grenzregionen bleiben Grenzeffekte nicht aus, angesichts des steigenden Bedarfs durch die wachsende Zahl Pflegebedürftiger, einer Verknappung personeller Ressourcen für die professionelle Pflege und einer Vielzahl gesellschaftlicher Einflüsse auf die häuslich Pflegenden. Im Rahmen einer empirischen Analyse wurden Hinweise auf pflegebedingte Effekte gefunden, welche mit Armut assoziiert sind: Die Ausübung häuslich-pflegerischer Tätigkeiten erhöht die Wahrscheinlichkeit, nur geringfügig oder gar nicht erwerbstätig zu sein oder die Tätigkeit zu modifizieren. Die Übernahme pflegerischer Tätigkeiten ist vermehrt mit dem Auftreten finanzieller Probleme assoziiert. Häusliche Pflege wirkt sich auf das monatliche Nettoeinkommen negativ aus. Studien dahingehend stehen aus, in welchem Maß sich Armutseffekte durch Pflege innerhalb einer Familie in die nächste Generation transferieren. Weitere dringliche Forschungsthemen berühren die gesundheitliche Situation von pflegenden Angehörigen und daraus resultierende Effekte auf die Gesundheit der Bevölkerung, verminderte Erwerbstätigkeit und höhere gesundheitsbezogene Ausgaben der individuellen und öffentlichen Haushalte. Der Vergleich der Herangehensweisen von zwei Grenzregionen, Lörrach-Basel(Schweiz) und Trier- Luxemburg, zeigt einen unterschiedlichen Umgang mit zentralen Problemfeldern wie Finanzierbarkeit, individuelle Belastung und mit generationsübergreifenden Effekten. Die Erfahrungen aus der deutsch-schweizerischen Grenzregion zeigen über die Einblicke in Bedarfe und Haltungen Ansatzpunkte für grenzüberschreitende Aktivitäten (einschließlich Forschungsvorhaben) auf, welche die Grenzregion Trier-Luxemburg für sich nutzbar machen könnte. Einen gesonderten Focus auf Kinder und Jugendliche mit dem Hintergrund einer häuslichen Pflegeverpflichtung zu legen, wäre ein besonders wichtiger Schritt angesichts der ungeklärten generationsübergreifenden Implikationen, die sich im Alltag und in der statistischen Analyse immer deutlicher abzeichnen.
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Simoes, E., Münnich, R., Krause, J., Graf, J., Brucker, S.Y. (2019). Implikationen häuslicher Pflegeverpflichtung im Vergleich zweier Grenzregionen. Reicht die Weitsicht weit genug?. In: Münnich, R., Kopp, J. (eds) Pflege an der Grenze. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19575-5_10
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