Zusammenfassung
Die Idee der Prävention ist allgegenwärtig. Der Staat reagiert damit auf die Freiheitsinteressen des Individuums. Freiheitsinteressen und Prävention verschmelzen im Rechtssicherheitsparadigma. Danach garantiert die gewalthabende Autorität die Verwirklichung subjektiver Rechte. Im Gegenzug kann sie vom Einzelnen – und der Gesellschaft – allgemeine Anerkennung verlangen. Die Garantiefunktion des Rechtssicherheitsparadigmas artikuliert die doppelte Schutzperspektive: Schutz vor staatlicher Macht und Schutz vor „lebensweltlichen Verunsicherungen“. Allerdings basiert dieses Projekt auf einem Paradox, auf dem Paradox der Prävention. Das Paradox besteht darin, dass Freiheitsinteressen und Rechtsstatus gerade dadurch stabilisiert werden sollen, dass das immer mögliche Gefahrenund Verunsicherungsszenario im Bewusstsein gehalten, gleichzeitig aber dessen Beherrschbarkeit in Aussicht gestellt wird. Staat und Staatsgewalten werden so fortlaufend mit neuen Gewährleistungskompetenzen ausgestattet. Der durch die liberale Moderne annoncierte Autonomiegewinn des Individuums wird so aber auf der Rückseite mit erheblichen Machterweiterungen des Staates verknüpft, deren Effekte wir unter dem Titel der „Kontroll- und Überwachungskultur“ diskutieren.
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Zabel, B. (2018). Das Paradox der Prävention. In: Puschke, J., Singelnstein, T. (eds) Der Staat und die Sicherheitsgesellschaft. Staat – Souveränität – Nation. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19301-0_3
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