- Horst Gömann,
- Johanna Fick &
- Martin Henseler
Während die Landwirtschaftsfläche laut Liegenschaftskataster im Zeitraum von 1990 bis 2014 um 1,0 Mio. ha auf 18,5 Mio. ha zurückging, nahm die von landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftete landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF) lediglich um 0,5 Mio. ha auf 16,7 Mio. ha ab. Rund die Hälfte der Inanspruchnahme von Flächen für Siedlung und Verkehr sowie für den Ausgleich der dadurch bedingten Eingriffe in die Natur entfiel in der Summe auf Landwirtschaftsflächen, die nicht von landwirtschaftlichen Betrieben bewirtschaftet wurden. Über die tatsächliche Nutzung dieser Flächen liegen keine statistischen Informationen vor. Ihr Umfang reduzierte sich im genannten Zeitraum von 2,3 auf 1,8 Mio. ha.
Bis zum Jahr 2030 wird ein weiterer Rückgang der LF auf 16,5 Mio. ha projiziert. Unter Berücksichtigung der erwarteten Produktivitätsentwicklungen, Faktoreinsatzmengen und ökonomischen Rahmenbedingungen werden den Modellergebnissen zufolge die Anbauflächen von Weizen, Raps und Mais zu Lasten anderer Kulturen ausgedehnt. Es wird erwartet, dass der Viehbestand in Deutschland bei ca. 8 Mio. Großvieheinheiten (GVE) nahezu konstant bleibt, mit leichten Verschiebungen zugunsten von Schweinen und Geflügel.
Die THG-Emissionen in der Landwirtschaft verringerten sich im Zeitraum von 1990 bis 2014 um 18 % auf 72 Mio. t CO2-Äqu. (BMUB 2016, S. 33), hauptsächlich infolge des Viehbestandsabbaus Anfang der 1990er-Jahre in den fünf östlichen Bundesländern. Nach der im RAUMIS-Modell vorgenommenen Systemabgrenzung, die von der Systematik in der nationalen THG-Berichterstattung abweicht, beliefen sich die THG-Emissionen im Basisjahr 2010 auf rund 73 Mio. t CO2-Äqu. Im Vergleich dazu weisen WBAE und WBW (2016) für das Jahr 2010 insgesamt 62,3 Mio. t CO2-Äqu. aus; davon 24,6 Mio. t CO2-Äqu. (39 %) für Fermentation (CH4), 10,2 Mio. t CO2-Äqu. (16 %) für Düngerwirtschaft (N2O und CH4), 24,1 Mio. t CO2-Äqu. (39 %) für Landwirtschaftliche Böden (N2O), 3,4 Mio. t CO2-Äqu. (5 %) für andere CH4-, N2O- und CO2-Emissionen (z. B. Kalkung, Harnstoff) (WBAE und WBW 2016, S. 19, Tab. 2.1)
Angesichts der unterstellten landwirtschaftlichen Produktionsentwicklungen bleiben die THG-Emissionen der Landwirtschaft nach den Modellergebnissen bis zum Jahr 2030 weitgehend konstant. Diese Projektionen decken sich mit den erwarteten Entwicklungen in der Thünen-Baseline 2018 (Offermann et al. 2018).
Die in der Studie hinsichtlich ihres THG-Einsparungspotenzials untersuchten wichtigsten Bereiche der landwirtschaftlichen Landnutzung sind die Nutzung organischer Böden, die Anpassung des Düngemanagements, die Substitution fossiler Energie durch Biomasse sowie die Erhaltung und Schaffung von THG-Senken. Der ebenfalls wichtige Bereich der tierhaltungsbedingten THG-Emissionen wurde im Rahmen der Studie nicht betrachtet, weil sie nur einen indirekten Einfluss über den Futterbedarf und die Nährstoffeffizienz von Wirtschaftsdüngern auf die landwirtschaftliche Landnutzung haben. Gleichwohl ist die Tierproduktion ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtsystems Landwirtschaft und ist bei der Ableitung zu empfehlender Handlungsoptionen für einen verstärkten Beitrag der Landwirtschaft zum Klimaschutz zu berücksichtigen.
Im Klimaschutzplan 2050 der Bundesregierung ist für die Landwirtschaft eine THG-Emissionsminderung auf 58–61 Mio. t CO2-Äqu., d. h. um weitere rund 17 % gegenüber dem Jahr 2014, avisiert (BMUB 2016, S. 33). Nach den Wirkungsanalysen in dieser Studie wäre dieses Ziel durch die untersuchte klimaschutzorientierte Maßnahmenkombination einschließlich der zu berücksichtigenden iLUC-Effekte erreichbar: Eine Wiedervernässung von rund 270.000 ha landwirtschaftlich genutzter organischer Böden, eine Abgabe auf mineralischen Stickstoff zur Steigerung der Düngeeffizienz sowie die Aufforstung von rund 0,5 Mio. ha landwirtschaftlicher Grenzstandorte würden nach den Modellergebnissen die THG-Emissionen um rund 11,8 Mio. t CO2-Äqu. verringern. Allerdings ist hierbei zu berücksichtigen, dass die anrechenbare THG-Emissionsreduktion, insbesondere der Abgabe auf mineralischen Stickstoff, geringer ausfällt als in der vorliegenden Studie, in der die Lachgas-Emissionen auf der Basis regionalisierter Faktoren ermittelt wurden, was derzeit nicht dem internationalen Standard der THG-Berichterstattung entspricht.
Eine vergleichbare Klimaschutzwirkung könnte ebenfalls mit einer bioenergieorientierten Landnutzungsstrategie erreicht werden, bei der der Energiemaisanbau gegenüber der Referenzprojektion im Jahr 2030 noch einmal um 1 Mio. ha ausgedehnt und auf den wiedervernässten organischen Böden zusätzlich Paludikulturen angebaut werden. Die Minderungswirkung beläuft sich auf rund 14,5 Mio. t CO2-Äqu. Dem stehen negative Effekte auf die Nährstoffbelastung des Grundwassers, auf das Landschaftsbild und – je nach konkreter Ausgestaltung der Anbauverfahren – gegebenenfalls auch auf die Biodiversität auf landwirtschaftlichen Flächen gegenüber und deutlich höhere Vermeidungskosten je t CO2, sodass die Gesamtbewertung dieser Strategie ambivalent und damit aus gesellschaftlicher Sicht deutlich schlechter ausfällt als die anderen untersuchten Strategien.
In einer auf Natur- und Umweltschutz orientierten Landnutzungstrategie wurden die Auswirkungen einer Extensivierung von insgesamt 10 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche einschließlich 270.000 ha landwirtschaftlich genutzter organischer Böden analysiert. Den mit der Extensivierung vergleichsweise geringen THG-Minderungen stehen hohe iLUC-Effekte gegenüber, sodass das in der Natur- und Umweltschutzstrategie definierte Maßnahmenbündel nur bedingt geeignet ist, die Klimaschutzziele zu erreichen.
Die Bevölkerungsbefragung ergab eine deutlich positive Bewertung für die klimaschutzfokussierte sowie die natur- und umweltschutzorientierte Strategie aus gesamtgesellschaftlicher Sicht. Die erheblichen Nutzen, die in den Dimensionen Klima- und Gewässerschutz, Landschaftsbild sowie Erhaltung und Erhöhung der Biodiversität erzielt werden können, übertreffen die jeweiligen betriebswirtschaftlichen Einbußen deutlich. Würde die umwelt- und naturschutzorientierte Strategie kombiniert mit einer Vermehrung von Waldflächen und weiteren Klimaschutzmaßnahmen, die mit Naturschutzzielen gut zu verbinden wären (beispielsweise den Anbau von Paludikulturen auf wiedervernässten Moorflächen), ergäbe sich ein noch größerer positiver volkswirtschaftlicher Gesamteffekt – dabei wäre eine vollständige Kompensation der damit verbundenen betriebswirtschaftlichen Einbußen der landwirtschaftlichen Betriebe bereits berücksichtigt.
Aus den modellgestützten Ergebnissen lassen sich folgende Empfehlungen für klimaschutzorientierte Handlungsoptionen in der Landwirtschaft ableiten:
Landwirtschaftlich genutzte Moore standortspezifisch schützen
Auf die landwirtschaftliche Nutzung organischer Böden (Moore) entfällt ein beträchtlicher Anteil der durch die Landwirtschaft verursachten THG-Emissionen. Aufgrund des großen Potenzials auf einer vergleichsweise geringen Fläche sollten jeweils standortspezifisch Optionen geprüft werden, THG-Emissionen durch eine Anpassung der landwirtschaftlichen Flächennutzung zu mindern. Maßnahmen zum Moorschutz können in der Regel nicht von einzelnen landwirtschaftlichen Betrieben umgesetzt werden, da beispielsweise die Wiedervernässung von Mooren großflächige Veränderungen der Landnutzung in einem bestimmten Gebiet erfordert. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit einer planerischen Begleitung derartiger Vorhaben und des Einsatzes eines gut aufeinander abgestimmten Maßnahmen- und Instrumentenbündels im regionalen und lokalen Kontext. Einzelne Schritte und Handlungsoptionen für einen standortspezifischen Moorschutz haben der WBAE und WBW in ihrem Gutachten (2016) ausführlich dargelegt.
Ein Instrument zur Finanzierung von Maßnahmen zur Wiedervernässung sind seit 2012 so genannte MoorFutures. MoorFutures sind Kohlenstoffzertifikate, die sich an internationalen Standards wie beispielsweise dem Verified Carbon Standard orientieren und für den freiwilligen Kohlenstoffmarkt entwickelt wurden. Bisher wird der freiwillige Markt von Klimaschutzprojekten aus den Bereichen Erneuerbare Energien, der Energieeffizienz sowie Aufforstung bestimmt. Ein MoorFuture entspricht der Emissionsminderung von einer Tonne CO2-Äquivalente. MoorFutures werden aus regionalen Projekten zur Moorwiedervernässung erzeugt und sind damit eindeutig auf konkrete regionale Projekte inklusive einer freizugänglichen Dokumentation zurückzuführen. Anwendung finden MoorFutures bisher bei der Projektfinanzierung von Moorwiedervernässungen in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Schleswig-Holstein (Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt Mecklenburg-Vorpommern 2017).
Strukturen und Anreize zur Steigerung der Stickstoffeffizienz etablieren
Verbesserungen bei der Ausnutzung von Stickstoff in der Landwirtschaft weisen ein weiteres bedeutsames Potenzial auf, Emissionen THG-relevanter Stickstoffverbindungen zu vermeiden. Diesbezüglich weist der Klimaschutz Parallelen und gemeinsame Ziele zum Wasserschutz auf. Durch die Steigerung der N-Effizienz mit den dargelegten Maßnahmen kann der N-Einsatz in der Landwirtschaft deutlich gesenkt werden. Die damit einhergehende Minderung der THG-Emissionen wird dem landwirtschaftlichen Sektor angerechnet. Die im Bereich des landwirtschaftlichen Gewässerschutzes geltenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sollten wie folgt zu einem umfassenderen System weiterentwickelt werden, in dem Anreize zur Steigerung der N-Effizienz in der Landwirtschaft implementiert werden und ihre volle Wirkung entfalten können.
Weiterentwicklung der Düngegesetzgebung
Die EU-Nitratrichtlinie (EU 1991) zur Vermeidung des Eintrags von Nitrat in Gewässer aus landwirtschaftlichen Quellen wird in Deutschland insbesondere durch die Düngeverordnung (DüV) umgesetzt. Die EU-Kommission hat im Jahr 2016 gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wegen unzureichender Umsetzung der Nitratrichtlinie. In diesem Zusammenhang traten in Deutschland nach einer Änderung des Düngegesetzes im April 2017 eine novellierte Düngeverordnung im Juni 2017 und eine Stoffstrombilanzverordnung (StoffBilV) im Januar 2018 in Kraft. In der novellierten DüV wurden Kontrollwerte für die Düngung mit organischen Stickstoffdüngern (z. B. Wirtschaftsdünger und Gärreste pflanzlichen Ursprungs) sowie maximale N-Überschüsse verschärft. Eine indirekte Verschärfung resultiert aus der Absenkung einiger Pauschalwerte für N-Verluste, beispielsweise im Stall oder bei der Lagerung und Ausbringung von organischen Düngern, die gemäß DüV bei der Bilanzierung des betrieblichen N-Überschusses (Feld-Stall-Bilanz) abgezogen werden können. Zusätzlich sind landwirtschaftliche Betriebe ab einem gewissen Viehbestand verpflichtet, eine Stoffstrombilanz (Hoftorbilanz) gemäß StoffBilV zu erstellen.
Die Vorgaben der DüV (2017) lassen einen Rückgang der N-Überschüsse erwarten, was zugleich eine gewisse Minderung der THG-Emissionen bewirkt. Darüber hinaus bestehen in einem landwirtschaftlichen Betrieb mit Blick auf den Klimaschutz kaum Anreize, stickstoffbürtige THG-Emissionen zu verringern, sofern er die gesetzlichen Standards der DüV einhält.
Daher sollten die nach DüV und StoffBilV vorgeschriebene Feld-Stall- bzw. Hoftorbilanz zu einem betrieblichen Nährstoffmanagementsystem zusammengeführt werden, nicht zuletzt, um Probleme – vor allem im Vollzug – zu vermeiden, die die unterschiedlichen Ergebnisse der beiden Bewertungssysteme mit sich bringen. Wie bei der Stoffstrombilanz sollten sämtliche Nährstoffimporte (z. B. in Futter- und Düngemitteln) den Nährstoffexporten (z. B. in pflanzlichen und tierischen Produkten, aber auch Wirtschaftsdüngern) ohne Berücksichtigung pauschaler Verluste gegenübergestellt werden. In die erforderliche Dokumentationspflicht der landwirtschaftlichen BetriebeFootnote 4 über die Stoffströme sollte der vor- und nachgelagerte Bereich der Landwirtschaft (z. B. Landhandel) wie in Dänemark und den NiederlandenFootnote 5 einbezogen werden. Einzuhaltende Kontrollwerte (Mindeststandards) sind so festzulegen, dass sie den Vorgaben der derzeitigen Düngegesetzgebung entsprechen. Überschreitungen der Kontrollwerte sollten als „Cross Compliance“-relevante Verstöße im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens geahndet werden, was mit einer Abgabe auf den N-Überschuss vergleichbar ist. Um Ziele des Klima- bzw. Gewässerschutzes zu erreichen, können die Kontrollwerte kontinuierlich gesenkt werden. Bezüglich der detaillierten, praxistauglichen Ausgestaltung eines umfassenden Nährstoffmanagementsystems besteht Forschungsbedarf.
Im Rahmen des Nährstoffmanagementsystems können landwirtschaftliche Betriebe die erforderlichen N-Effizienzverbesserungen betriebsspezifisch erzielen, beispielsweise durch Anpassung der Fütterung, Investitionen in Wirtschaftsdüngerlager und deren AbdeckungFootnote 6 sowie den Einsatz von Nitrifikationshemmern oder bodennahe, sensorgestützte Ausbringungstechnologien für Wirtschaftsdünger. In den letzten Jahren wurden Investitionen in derartige Technologien in einigen Bundesländern durch Fördermaßnahmen flankiert. Die daraus resultierenden N-Effizienzverbesserungen lassen sich im derzeit bestehenden System jedoch nur unzureichend darstellen. Um Anreize zur Minderung des N-Einsatzes über den gesetzlichen Standard hinaus zu schaffen, sollte eine Förderung durch eine Agrarumwelt- und Klimamaßnahme
in Erwägung gezogen werden.
Abgabe auf mineralischen Stickstoffdünger
Die Wirkungen einer Verteuerung des Einsatzes mineralischer Stickstoffdüngemittel durch eine Abgabe lassen sich durch die Modellanalysen größenordnungsmäßig abschätzen. Das in der vorliegenden Studie verwendete RAUMIS-Modell simuliert die Düngung auf der Basis flexibel kalibrierbarer Produktionsfunktionen, die aus Düngungsversuchen abgeleitet wurden (Weingarten 1996; vgl. Abschn. 4.5.2.2). Die Verteuerung des Einsatzes mineralischen Stickstoffs um 40 % führt nach den Modellergebnissen zu einem Rückgang der Einsatzmenge um 12 %. Aufgrund der geringen Eigenpreiselastizität (rund −0,3) wäre eine deutlich höhere Abgabe auf mineralischen Stickstoff erforderlich, um substanzielle Reduktionen seines Einsatzes zu erzielen. Das würde in erster Linie Betriebe in Ackerbauregionen betreffen, die den verteuerten Mineralstickstoff nicht durch eine effizientere Nutzung von Wirtschaftsdünger, der in den Regionen in geringem Umfang anfällt, substituieren können.
Das Düngungsverhalten wird in der Praxis durch weitere Faktoren determiniert, vor allem durch risikoaverses Verhalten der landwirtschaftlichen Betriebe (Isermeyer 1992). Angesichts der stark vom Witterungsverlauf abhängigen Pflanzenverfügbarkeit des in Wirtschaftsdüngern gebundenen Stickstoffs erfolgen zum Teil beträchtliche Sicherheitsaufschläge mit mineralischem Stickstoff, auch und gerade in Betrieben mit hohem Wirtschaftsdüngeranfall (LWK NRW 2017). Weitere Ursachen für einen zu hohen mineralischen Stickstoffeinsatz dürften in einer Überschätzung des Ertragspotenzials sowie in einer Unterschätzung der mit Hilfe bodennaher Ausbringungstechniken deutlich höheren Wirksamkeit und Pflanzenverfügbarkeit organischer Dünger liegen.
Vor diesem Hintergrund ist die sukzessive Einführung einer moderaten Abgabe bis 40 % auf den Einsatz mineralischen Stickstoffs eine sinnvolle Maßnahme. So haben sich auch WBAE und WbW (2016) für die Einführung einer Mineralstickstoffabgabe ausgesprochen, wenn die Verschärfung des Düngerechts bis 2020 keine hinreichende Verringerung der Nitratüberschüsse bewirkt, um die oben dargelegte Weiterentwicklung der Düngegesetzgebung zu ergänzen. Viele Betriebe würden zunächst den Sicherheitsaufschlag neu bewerten, dessen Verringerung keine signifikanten Ertragseinbußen erwarten lässt. Ferner steigt durch die Mineralstickstoffabgabe gleichzeitig der Wert des im Wirtschaftsdünger enthaltenen Stickstoffs, sodass ein höherer Anreiz besteht, diesen effizienter einzusetzen. Die durch die Abgabe vereinnahmten Mittel könnten eingesetzt werden, um sie als Direktzahlungsaufschlag produktionsneutral an die Landwirtschaft zu erstatten, gezielt zur Förderung N-effizienter Technologien einzusetzen oder Betriebe zu honorieren, deren Nährstoffüberschüsse (deutlich) unterhalb der gesetzlichen Standards liegen.
Entwicklung einer zertifizierungsfähigen, betrieblichen THG-Bilanzierung
Tatsächliche landnutzungsbedingte THG-Emissionen sind im Sektor Landwirtschaft aufgrund der vielfältigen, von natürlichen Faktoren abhängigen Produktionsprozesse in der Praxis nicht quantifizierbar. Aus diesem Grund werden in der nationalen THG-Inventarberechnung für die Landwirtschaft nur die in den einschlägigen internationalen Regelwerken vorgegebenen, teilweise sehr einfachen Methoden verwendet (Haenel et al. 2018). Darüber hinaus liegen auf sektoraler Ebene für viele THG-Emissionsquellen keine belastbaren Daten vor. Beispielsweise wird in der nationalen Inventarberechnung die Annahme der bedarfsgerechten Tierfütterung getroffen (Haenel et al. 2018). Anpassungen der tatsächlichen Fütterung, einschließlich der Verringerung von Futterverlusten, wirken sich somit nicht auf die nationalen THG-Emissionen des Sektors Landwirtschaft aus.
Anders als für Unternehmen, die am EU-ETS teilnehmen, existiert für landwirtschaftliche Betriebe derzeit kein systematischer Rahmen, der zur Honorierung der Umsetzung betriebsindividueller Klimaschutzmaßnahmen genutzt werden könnte. Aus diesem Grund sollte eine zertifizierungsfähige Methodik zur THG-Bilanzierung landwirtschaftlicher Betriebe entwickelt werden. Als eine Grundlage hierfür kann der von einer bundesweiten Arbeitsgruppe entwickelte Berechnungsstandard für einzelbetriebliche Klimabilanzen (BEK) in der Landwirtschaft verwendet werden (Effenberger et al. 2016). Ein großer Teil der für eine einzelbetriebliche THG-Bilanzierung erforderlichen Informationen und Daten ist im Rahmen der Düngegesetzgebung zu dokumentieren. Der Schwerpunkt der einzelbetrieblichen Bewertung liegt weniger auf den absoluten Veränderungen der THG-Emissionen, sondern auf den THG-Emissionen je Produkteinheit.
Die der Landwirtschaft nachgelagerten Unternehmen der Ernährungsindustrie sowie des Groß- und Einzelhandels haben zunehmend höhere Anforderungen an die Nachhaltigkeit der landwirtschaftlichen Produktion. Die Auflagen reichen beispielsweise von deutlich unter den gesetzlichen Grenzwerten festgelegten Höchstrückstandsmengen von Pflanzenschutzmitteln in den Produkten bis hin zur Etablierung der Berechnung von CO2-Fußabdrücken je Produkteinheit. In der Regel wird das Erreichen definierter Nachhaltigkeitsziele durch Anreizkomponenten gefördert bzw. das Nichteinhalten festgelegter Standardqualitäten durch Preisabschläge sanktioniert. Die steigenden Anforderungen von Unternehmen des nachgelagerten Bereichs erfordern von den landwirtschaftlichen Betrieben zunehmende Dokumentationen. Es sollte geprüft werden, inwiefern eine einzelbetriebliche THG-Bilanzierung auch im Rahmen von AUKM genutzt und mit einer Anreizkomponente für klimaschützendes Verhalten gekoppelt werden kann. Auf diese Weise könnte die Klimaschutzwirkung vieler Natur- und Umweltschutzmaßnahmen mit bewertet und honoriert werden.