FormalPara Eingangsmotivation

Während die Haftung für den Einkauf im Gesetz recht positiv verankert ist, stellt für den Verkauf vor allem die unbeschränkte Höhe von Schadenersatzforderungen ein Problem dar. Die allermeisten Vertragsklauseln versuchen also, die Haftung zu reduzieren und einzuschränken. Es ist notwendig, diese Klauseln zu verstehen, um beurteilen zu können, ob die verbleibende Haftung des Lieferanten noch ausreichend gegeben ist.

Wie in Kap. 10 gezeigt, ist die Gewährleistung für den Käufer oder Besteller durchaus positiv im Gesetz geregelt. Daher sehen die meisten Vertragsklauseln, die sich mit der Gewährleistung beschäftigen, keine Verschärfung oder Weiterung der Haftung vor, sondern vielmehr eine Begrenzung.

Grundsätzlich ist aufgrund der Gewährleistung Schadensersatz in unbegrenzter Höhe zu leisten, soweit ein Schaden entsteht. Gerade die Lieferanten sehr geringwertiger Leistungen, die jedoch für ein Gesamtprodukt entscheidend sind oder bei deren Versagen hohe Schadenssummen entstehen können, haben ein nachvollziehbares Interesse, ihr Risiko aus dem Vertrag zu begrenzen.

Ob der Einkauf dieses Interesse würdigt, hängt vom Einzelfall ab, denn im Ergebnis ist es für den Einkauf entscheidend, jeden Schaden ersetzt zu bekommen, egal wie teuer die Komponente war, die ihn verursacht hat.

FormalPara Beispiel

Ein Hersteller von gummierten Stahlwalzen liefert seine Produkte an einen Anlagenbauer. Jede Walze hat einen Stückpreis von 100,00 €. Ist jedoch eine der Walzen mangelhaft und kann deswegen nicht eingebaut werden, bleibt die Gesamtanlage stehen. Hierdurch entsteht pro Tag ein Schaden in Höhe von 1 Mio. €. Der Lieferant müsste sehr viele Stahlwalzen verkaufen, bevor er den Ausfall der Anlage für einen Tag kompensiert hätte. Natürlich ist es daher in seinem Interesse, entweder die Haftungsrisiken aus dem Vertrag zu reduzieren und zu begrenzen, oder er müsste für sein Produkt einen sehr viel höheren Preis verlangen.

1 Modelle der Haftungsbegrenzung

Haftungsbegrenzungsklauseln folgen dabei drei grundsätzlichen Modellen.

1.1 Voraussetzungen der Haftung

Zum Ersten kann eine Haftungsbegrenzungsklausel versuchen, die Voraussetzungen der Haftung zu verschärfen. Dies geschieht am häufigsten dadurch, dass ein Schadensersatzanspruch nur dann vertraglich entstehen kann, wenn der Verkäufer mit grober Fahrlässigkeit gehandelt hat. Während normal gesetzlich vorgesehen ist, dass schon gewöhnliche Fahrlässigkeit ausreicht, also eine normale Sorgfaltswidrigkeit (§ 276 Abs. 2 BGB), um schadensersatzpflichtig zu werden, kann eine Vertragsklausel bestimmen, dass nur ein grob unsorgfältiges Verhalten zur Haftung führt.

Musterklausel

„Der Lieferant haftet nur für grobe Fahrlässigkeit. Bei gewöhnlicher Fahrlässigkeit besteht keine Haftung.“

In gleicher Weise kann auch die Zahl der Nacherfüllungsversuche erhöht werden oder bestimmte Mindestfristen für die Fristsetzung vorgesehen werden.

1.2 Folgen der Haftung

Der zweite Typus der Haftungsbegrenzungsklauseln versucht sodann auch noch die Folgen der Haftung zu begrenzen, wenn die Voraussetzungen schon einmal gegeben sind. Während per Gesetz die Haftung in unbegrenzter Höhe besteht, versuchen diese Klauseln die Haftung auf eine bestimmte Summe zu begrenzen. Dies kann entweder eine absolute Zahl sein oder es wird eine Begrenzung auf den Auftragswert oder eine bestimmte Versicherungssumme festgelegt.

Musterklausel

„Die Haftung des Lieferanten aus diesem Vertrag ist insgesamt begrenzt auf den Auftragswert. Sofern dieser die abgeschlossene Betriebshaftpflicht-Versicherungssumme von 8 Mio. € übersteigt, ist die gesamte Haftung aus dem Vertragsverhältnis auf diesen Betrag reduziert.“

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, die Haftungshöchstgrenze nach Mangel- und Mangelfolgeschäden unterschiedlich zu begrenzen.

Musterklausel

„Für Mangelschäden haftet der Auftragnehmer in jeder Höhe. Für Mangelfolgeschäden und entgangenen Gewinn jedoch nur in Höhe des Auftragswertes.“

1.3 Dauer der Haftung

Der dritte und letzte Typus der Haftungsbegrenzungsklauseln schließlich versucht, die Dauer der Haftung einzuschränken. Gerade bei Produkten, die einer schnellen Abnutzung unterliegen, kann es für den Lieferanten sehr vorteilhaft sein, die Verjährungsfrist für Mangelansprüche herabzusetzen.

Gesetzlich vorgesehen ist bei neuen beweglichen Sachen eine Frist von zwei Jahren (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Wenn im Vertrag vereinbart wird, dass die Verjährungsfrist jedoch nur ein Jahr beträgt, bedeutet dies, dass ein Mangel, der im zweiten Jahr nach der Übergabe auftritt, nicht mehr zu Haftungsansprüchen führt, auch wenn unzweifelhaft bewiesen werden kann, dass es sich um einen Mangel handelt, für den der Lieferant verantwortlich ist.

Musterklausel

„Die Verjährung für Mängelansprüche endet ein Jahr nach der Übergabe.“

2 Haftungserweiterungsklauseln

In der Praxis sind Klauseln sehr selten zu finden, die die Haftung des Lieferanten erweitern. Die gesetzliche Gewährleistung ist für den Käufer oder Besteller einer Leistung sehr positiv ausgestaltet, sodass im Prinzip nur eine Verlängerung der Verjährungsfrist durch Hinausschieben des Beginns der Verjährungsfrist und durch eine vorsichtige Verlängerung auf drei, nicht mehr jedoch als fünf Jahre vorgenommen wird. Wie in Kap. 9.1.2 ausgeführt, kann es auch möglich sein, die Verjährungsfrist von einer bloß zeitlichen Begrenzung auf bestimmte Betriebsstunden oder äquivalente Betriebsstunden (rechnerische Einheit um besonders belastende Betriebsprofile höher zu gewichten) zu begrenzen.