Zusammenfassung
Im folgenden Beitrag wird deutlich werden, warum es notwendig ist, Wissenschaft auf YouTube mehr in den Fokus wissenschaftssoziologischer Forschung zu rücken und warum auch die Wissenschaftskommunikation sich ausführlich mit dem Thema auseinandersetzen sollte. YouTube ist derzeit die am zweithäufigsten besuchte Webseite nach Google und Marktführer unter den Videoportalen. Obwohl in den letzten Jahren auch Angebote zu wissenschaftlichen Themen zunehmen, gibt es bislang kaum empirische oder theoretische Forschungsarbeiten, die sich mit Wissenschaftskommunikation auf YouTube auseinandersetzen. Um aber zu verstehen, wie die Plattform möglicherweise das Bild von Wissenschaft vor allem in der jungen Generation prägt, ist es notwendig, genauer zu beleuchten, wie sich die ProduzentInnen und die Plattforminfrastrukturen gegenseitig beeinflussen. Erst dann wird ersichtlich, inwiefern das Videoportal Vermittlungskonzepte der Wissenschaftskommunikation beeinflusst. Der vorliegende Beitrag wird die Charakteristika des Videoportals den Entwicklungen der Wissenschaftskommunikation gegenüberstellen und davon ausgehend zeigen, dass sowohl die Wissenschaftskommunikation YouTube als auch YouTube die Wissenschaftskommunikation beeinflusst.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Similar content being viewed by others
Notes
- 1.
Stand am 15.06.2016.
- 2.
Stand am 15.06.2016.
- 3.
Video Abstracts sind das Videoäquivalent zu der geschriebenen Form des Abstracts und werden immer häufiger gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Artikel eingereicht. Journals, die Video Abstracts veröffentlichen sind z. B. ‚Cell Press‘ oder das ‚New Journal of Physics‘ (Berkowitz 2013).
- 4.
Ein YouTube-Kanal stellt den individuellen Bereich von Account-InhaberInnen dar. Darin werden eigene Videos, Playlists (Videosammlungen) und Informationen gesammelt und individuell dargestellt.
- 5.
Dies ist mithilfe zweier anklickbarer Buttons (Daumen hoch, Daumen runter) möglich.
- 6.
Als YouTuberInnen werden die ProduzentInnen eingestellter Videos bezeichnet. YouTube selbst verwendet häufig auch den Begriff der VideokünstlerInnen.
- 7.
Views stehen dafür, wie häufig ein Video abgespielt bzw. angesehen wurde. Nicht berücksichtigt wird dabei wie lange das Video angeschaut wurde.
- 8.
Im Vergleich zu den Views geht es hier darum, die NutzerInnen möglichst lange zu halten. Umso länger ein Video angeschaut wird, umso höher wird es gerankt.
- 9.
Lister et al. (2009) bezieht sich hier nicht auf die in der deutschen Wissenssoziologie mit dem Begriff Videografie assoziierte Beobachtungsmethode, sondern auf die Praxis, sich mit Videos (analog zum Medium Schrift) auszudrücken.
- 10.
Thumbnails sind Vorschaubilder der Videos, die über die Suchfunktion auf der Startseite oder in der rechten Spalte bei den empfohlenen Videos angezeigt werden. Nur als Mitglied des YouTube-Partnerprogramms ist es möglich, eigene Thumbnails zu gestalten.
- 11.
- 12.
Faulstich bezieht sich in seinem Aufsatz auf die Entstehung und den Zerfall einer bürgerlichen Öffentlichkeit wie Habermas (1962) sie im „Strukturwandel der Öffentlichkeit“ ausführlich beschreibt.
- 13.
- 14.
Verteilen von Videos über andere soziale Netzwerke wie z. B. Twitter oder Facebook.
- 15.
Bezeichnet im Folgenden die ProduzentInnen von Wissenschafts-Videos auf YouTube.
- 16.
- 17.
Digitale Methoden dienen der zielgerichteten, wissenschaftlichen Betrachtung von Online-Applikationen und Webseiten mithilfe speziell hierfür entwickelter Tools. Eine zentrale Initiative zur Entwicklung und Erforschung solcher Methoden zur sozial- und politikwissenschaftlichen Forschung ist die Digital Methods Initiative (https://wiki.digitalmethods.net/Dmi/WebHome).
- 18.
Bezeichnet im Folgenden die Kanäle von Wissenschafts-YouTuberInnen. Kanäle werden von YouTube-NutzerInnen (allgemein bezeichnet als „YouTuberInnen“) mit einem eigenen Account unterhalten und beinhalten einzelne Videos oder zu thematischen Playlists zusammengefasste Videosammlungen. Dabei entsprechen Kanäle dem Profil der YouTuberInnen – ähnlich den Profilen in anderen sozialen Netzwerken, wie Facebook oder Twitter – und beinhalten Informationen wie z. B. Kontaktinformationen oder das Gründungsdatum des Kanals.
- 19.
- 20.
Mager (2012) beschreibt diese Wechselwirkung ausführlich – allerdings ohne konkreten Bezug zu YouTube.
- 21.
Einen kritischen Kommentar zum Thema findet man z. B. hier: https://broadly.vice.com/de/article/die-deutsche-youtube-szene-ist-sexistischer-als-jede-mario-barth-show.
Literatur
Alexa. 2015. The top 500 sites on the web. http://www.alexa.com/topsites. Zugegriffen: 21. August 2016.
Allgaier, J. 2012. On the Shoulders of YouTube: Science in Music Videos. Science Communication 35 (2): 266–75. doi:10.1177/1075547012454949.
Allgaier, J. 2016. Wo Wissenschaft auf Populärkultur trifft. In Web Video Wissenschaft – Ohne Bewegtbild läuft nichts mehr im Netz: Wie Wissenschaftsvideos das Publikum erobern, hrsg. v. Körkel, Thilo und Hoppenhaus, Kerstin, 1–10. Spektrum der Wissenschaft.
Bader, A. und G. Fritz. 2011. Zur Entwicklung von Formaten und Kommunikationsformen in der digitalen Wissenschaftskommunikation – eine evolutionäre Betrachtungsweise. In Digitale Wissenschaftskommunikation – Formate und ihre Nutzung, hrsg. v. Gloning, Thomas und Fritz, Gerd, 55–86. Gießen: Gießen elektronische Bibliothek.
Bauer, M. W., Allum, N. und Miller, S. 2007. What can we learn from 25 years of PUS survey research? Liberating and expanding the agenda. Public Understanding of Science 16: 79–95.
Berkowitz, J. 2013. Video abstracts, the latest trend in scientific publishing: Will “publish or perish” soon include “video or vanish”?. http://www.universityaffairs.ca/features/feature-article/video-abstracts-the-latest-trend-in-scientific-publishing/. Zugegriffen: 23. August 2016.
Bräutigam, Y. und Ettl-Huber, S. 2013. Potenziale von Social Media für die Medienarbeit in der externen Wissenschaftskommunikation. Social Media in der Organisationskommunikation, 147–66. doi:10.1007/978-3-658-02329-4_8.
Breuer, S. 2012. Über die Bedeutung von Authentizität und Inhalt für die Glaubwürdigkeit von Webvideo-Formaten in der Wissenschaftskommunikation. In Öffentliche Wissenschaft und Neue Medien: Die Rolle der Web 2.0-Kultur in der Wissenschaftsvermittlung, hrsg. v. Robertson-von Trotha, Caroline Y. und Morcillo, Jesús M, 101–12. Karlsruhe: KIT Scientific Publishing.
Bubela, T., Nisbet, C. M., Borchelt, R., Brunger, F., Critchley, C., Einsiedel, E., Geller, G. et al. 2009. Science communication reconsidered. Nature Biotechnology 27 (6): 514–18.
Bucchi, M. 2008. Of deficits, deviations and dialogues: Theories of public communication of science. In Handbook of Public Communication of Science and Technology // Handbook of public communication of science and technology, hrsg. v. Bucchi, Massimiano und Trench, Brian, 57–76. London, New York: Routledge.
Burri, R. V. 2008. Bilder als soziale Praxis: Grundlegungen einer Soziologie des Visuellen. Zeitschrift für Soziologie 37 (4): 342–58.
Daum, A. 1998. Popularisierung von Wissenschaft im 19. Jahrhundert. In Öffentliche wissenschaft, hrsg. v. Faulstich, Peter, 33–50. Bielefeld: Transcript.
Dernbach, B., Kleinert, C. und Münder, H. 2012. Einleitung: Die drei Ebenen der Wissenschaftskommunikation. In Handbuch Wissenschaftskommunikation, hrsg. v. Dernbach, Beatrice, 1–15. Wiesbaden: Springer VS.
Döring, N. 2014. Professionalisierung und Kommerzialisierung auf YouTube. merz. medien + erziehung 58 (4): 24–31.
Erviti, M. C. und Stengler, E. 2016. Online Video as a Science Communication Tool. 15th Annual STS Conference, Graz, 2016.
Faulstich, P. 2006. Öffentliche Wissenschaft. In Öffentliche Wissenschaft , hrsg. v. Faulstich, Peter, 11–32. Bielefeld: Transcript.
Google. 2015. I Want-to-Do Moments: From Home to Beauty. https://www.thinkwithgoogle.com/articles/i-want-to-do-micro-moments.html. Zugegriffen: 23. August 2016.
Google. 2016. YouTube Creator Playbook for Brands. https://www.thinkwithgoogle.com/playbooks/youtube.html. Zugegriffen: 21. August 2016.
Habermas, J. 1962. Strukturwandel der Öffentlichkeit. Neuwied: Luchterhand.
Hollmer, K. 2016. Wissenschaft – ein Hit auf YouTube. http://www.sueddeutsche.de/digital/science-channels-warum-wissenschaft-auf-youtube-so-gut-ankommt-1.3083267. Zugegriffen: 23. August 2016.
Hüfner, D. 2016. Gekaufte Youtube-Stars: Pewdiepie soll für positive Bewertungen bezahlt worden sein. http://t3n.de/news/gekaufte-youtube-stars-725216/?utm_content=buffer9c140&utm_medium=social&utm_source=facebook.com&utm_campaign=buffer. Zugegriffen: 23. August 2016.
Kim, J. 2012. The institutionalization of YouTube: From user-generated content to professionally generated content. Media, Culture & Society 34 (1): 53–67. doi:10.1177/0163443711427199.
Krachten, C. 2012. Bewegte Bilder im Wandel: Youtube bringt eine neue Generation Medienmacher. http://t3n.de/magazin/media-future-bewegte-bilder-wandel-228588/. Zugegriffen: 15. Juni 2016.
Lister, M.J., Dovey, S., Giddings, S., Grant, I. und Kelly, K. 2009. New media: A critical introduction. London: Routledge.
Lovell, J. 2015. YouTube’s Rock Stars of Science Make a Splash a VidCon. http://blogs.scientificamerican.com/guest-blog/youtube-s-rock-stars-of-science-make-a-splash-a-vidcon1/. Zugegriffen: 23. August 2016.
Mager, A. 2012. Algorithmic ideology. Information, Communication & Society 15 (5): 769–87. doi:10.1080/1369118X.2012.676056.
Marres, N. und Rogers, R. 2005. Recipe for Tracing the Fate of Issues and their Publics on the Web. 922–35. Zugegriffen: 26. August 2016.
Mitra, B., Lewin-Jones, J., Barrett, H. und Williamson, S. 2010. The use of video to enable deep learning. Research in Post-Compulsory Education 15 (4): 405–14. doi:10.1080/13596748.2010.526802.
Morain, M. und Swarts, J. 2012. YouTutorial: A Framework for Assessing Instructional Online Video // YouTutorial: A Framework for Assessing Instructional Online Video. Technical Communication Quarterly 21 (1): 6–24. doi:10.1080/10572252.2012.626690.
Morcillo, J.M., Czurda, K. und Robertson-von Trotha, C.Y. 2015. Typologies of the Popular Science Web Video. http://arxiv.org/abs/1506.06149. Zugegriffen: 15. Juni 2016.
Peters, H.P., Dunwoody, S., Allgaier, J., Lo, Y.Y. und Brossard, D. 2014. Public Communication of Science 2.0: Is the Communication of Science via the “New Media” Online a Genuine Transformation or Old Wine in New Bottles?. EMBO reports 15 (7): 749–53. doi:10.15252/embr.201438979.
Pöchhacker, N., Burkhardt, M., Geipel, A. und Passoth, J-H. 2017. Interventionen in die Produktion algorithmischer Öffentlichkeiten: Recommender Systeme als Herausforderung für Öffentlich-Rechtliche Sendeanstalten. Kommunikation@Gesellschaft 18: 25.
Rutherford, A. 2004. A “Visible Scientist”: B.F. Skinner’s Writings for the Popular Press. European Journal of Behavior Analysis 5 (2): 109–20.
Schäfer, M. S. 2014. Antrittsvorlesung Vom Elfenbeinturm in die Gesellschaft. Wissenschaftskommunikation im Wandel. http://www.ipmz.uzh.ch/Abteilungen/Wissenschaftskommunikation/News/antrittsvorlesung/Schaefer_Antrittsvorlesung.pdf. Zugriffen: 5. September 2016
Seyffarth, M. 2016. So funktioniert die Nachhilfe via Youtube. http://www.welt.de/wirtschaft/karriere/bildung/article155771556/So-funktioniert-die-Nachhilfe-via-Youtube.html. Zugegriffen: 23. August 2016.
Shapin, S. 1984. Pump and Circumstance: Robert Boyle’s Literary Technology. Social Studies of Science 14 (4): 481–520.
Shapin, S. 1991. A scholar and a gentleman: The problematic identity of the scientific practitioner in early modern England. History of Science 29: 279–327.
Soukup, P. A. 2014. Looking at, with and through YouTube. Communication Research Trends 33 (3): 3–34.
Traue, B. 2013. Bauformen audiovisueller Selbst-Diskurse. Zur Kuratierung und Zirkulation von Amateurbildern in Film, Fernsehen und Online-Video. In Visuelles Wissen und Bilder des Sozialen, hrsg. v. Lucht, Petra, Schmidt, Lisa-Marian und Tuma, René, 281–301. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
Tuma, R. und Schmidt, L.M. 2013. Soziologie des visuellen Wissens – Vorläufer, Relevanz und Perspektiven. In Visuelles Wissen und Bilder des Sozialen, hrsg. v. Lucht, Petra, Schmidt, Lisa-Marian und Tuma, René, 11–30. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden.
Venturini, T. und Latour, B. 2010. The social fabric: Digital traces and quali-quantitative methods. Proceedings of Future en Seine 2009, 87–101.
Volhard, J. 1903. Justus v. Liebig sein Leben und Wirken. Justus Liebigs Annalen der Chemie 328 (1): 1–40.
Weingart, P. 2005. Die Wissenschaft der Öffentlichkeit: Essays zum Verhältnis von Wissenschaft, Medien und Öffentlichkeit. 1. Aufl. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.
Welbourne, D. J. und Grant, W. J. 2015. Science Communication on YouTube: Factors That Affect Channel and Video Popularity. Public understanding of science (Bristol, England). doi:10.1177/0963662515572068.
Wissenschaft im Dialog. 2015. Wissenschaftsbarometer 2015.
YouTube. 2015. Statistik. http://www.youtube.com/yt/press/de/statistics.html. Zugegriffen: 15. Juni 2015.
YouTube. 2016. Creator Academy. https://youtube.com/creatoracademy/page/education?tab=all&hl=de. Zugegriffen: 21. August 2016
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2018 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Geipel, A. (2018). Wissenschaft@YouTube. In: Lettkemann, E., Wilke, R., Knoblauch, H. (eds) Knowledge in Action. Wissen, Kommunikation und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18337-0_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-18337-0_6
Published:
Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-18336-3
Online ISBN: 978-3-658-18337-0
eBook Packages: Social Science and Law (German Language)