Zusammenfassung
Der Beitrag verfolgt ein doppeltes Ziel. Es soll zunächst gezeigt werden, dass die Begriffe „Liebe“ und „Tugend“ abhängig sind von dem jeweils vorausgesetzten Begriff einer menschlichen Natur. Im Rückgriff auf Thomas von Aquin entwickelt Josef Pieper sowohl den Tugendbegriff wie den Begriff der Liebe als Fortsetzung und Weiterführung einer naturhaft (von Schöpfungs wegen) vorgegebenen Verwirklichungsdynamik in der Entgegensetzung zur neuzeitlichen Konzeption naturhafter Selbstbezüglichkeit. Tugenden werden so als Tugendpflichten (miss-) verstanden, weil die naturhafte Selbstliebe ethisch nicht anschlussfähig ist. Vor diesem Hintergrund werden dann Piepers inhaltliche Unterscheidungen am Phänomen „Liebe“ dargelegt mit dem Ziel, den Horizont der Ethik auf die mit der caritas-Liebe verbundene Wahrnehmung des Einzelnen zu weiten. Liebe bedeutet immer Gutheißung, welche nicht zuerst die Eigenschaften, sondern die Existenz des Anderen meint. Ihre Wirkung sieht Pieper in der Öffnung des Daseinsraums, die den Liebenden über sich selbst hinausführt und in der Teilhabe am Sein des Anderen glücklich macht. Erst durch die Liebe tritt der Andere als Subjekt in Erscheinung. Das Fehlen der Perspektive der Liebe ist der entscheidende Mangel in den neuzeitlichen Ethiktheorien.
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Wald, B. (2018). Caritas als Vollendung der Liebe. In: Rohr, W. (eds) Liebe – eine Tugend?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17874-1_3
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