Zusammenfassung
Die Erkenntnis, dass sich die menschliche Persönlichkeit gerade nicht durch Abkapselung und Vereinzelung (Individualisierung), sondern nur durch Annäherung und im permanenten Austausch mit den Subjekten und Objekten seiner natürlichen und sozialen Umwelt zu denjenigen Graden mehr oder weniger ausgeprägter Einzigartigkeit entwickelt, die wir Persönlichkeit nennen, ist uralt; so alt wie die Philosophie, die sich mit dem Sinn des Lebens und der Stellung des Menschen in der Welt beschäftigt.
„Eigentlich bin ich ganz anders,
ich komme nur so selten dazu.“
Ödön Horvat, österreichisch-ungarischer Schriftsteller
(1901–1937)
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Notes
- 1.
Mit „Sozialisanden“ und „Sozialisationsagenten“ bezeichnet die Sozialisationsforschung die sich gegenseitig beeinflussenden, innerhalb des Sozialisationsgeschehens wechselweise als Objekte und Subjekte in Aktion tretende Personen oder Personengruppen. Unter „Sozialisation“ wird die Gesamtheit aller im kommunikativen Austausch mit der sozialen und materialen Umwelt durchlaufenen Lern- und Erfahrungsaneignungsprozesse verstanden, aufgrund deren sich der Menschen zur mehr oder weniger originären und selbstbestimmungsfähigen Persönlichkeit entwickeln (Hurrelmann 2002). Sozialisation unterscheidet sich von „Erziehung“, die als eine zielmittel-kontrollierte Beeinflussung von mehr oder weniger Abhängigen bezeichnet werden kann, vor allem dadurch, dass in ihr indirektes und zufälliges Lernen eine hervorstechende Rolle spielen, um das sich im Lebenslauf unterschiedliche Systeme („Sozialisationsinstanzen“) im gesellschaftlichen Auftrag oder mit gesellschaftlicher Billigung kümmern. Ihre tatsächlichen oder vermeintlichen Effekte sind Gegenstand vielfältiger öffentlicher (politischer, wissenschaftlicher) Diskurse, aber eine systematische Ergebniskontrolle ihrer zumeist offenen Resultate findet aus den unterschiedlichsten, meist handwerklich-methodischen oder politisch-ideologischen Gründen kaum statt.
- 2.
Er unterscheidet eine „physiologische“ von einer „pragmatischen“ Anthropologie, die untersucht, was der Mensch „als frei handelndes Wesen, aus sich selber macht, oder machen kann und soll“ (Kant 1964 [1789], S. 400).
- 3.
Natürlich sind alle Menschen theoretisch und vor dem Naturrecht frei. Manche meinen, sogar „frei geboren“ zu sein, obwohl sie niemand gefragt hat, ob sie geboren werden wollen. Auch ist denjenigen, die den Kritikern der Freiheits- und Gleichheitsverhältnisse in vergangenen und gegenwärtigen Gesellschaften in legitimatorischer Absicht entgegenhalten und immer schon entgegengehalten haben, dass jeder Mensch immer die Wahl habe, was aus ihm wird und sich immer frei entscheiden könne, prinzipiell zuzustimmen. In punkto Glücks-Schmiede-Problematik sollte es dann wohl präziser heißen, 1) dass die Ungleichverteilung des Schmiedewissens die freien Entscheidungen vieler erheblich limitiert, 2) dass das Sich-Entscheiden-Können häufig erst gegen Widerstand erlernt werden muss und 3) – vielleicht das größte Hindernis von allen – auch die Vorteile und Risiken freien Entscheidens gesellschaftlich ungleich verteilt sind.
- 4.
Aus Sichtweise der Gesundheitsforschung ist der Hinweis auf das aus der positivistischen Erkenntnislehre (Popper 1975) stammende Prinzip zur Überprüfung der Angemessenheit empirisch generierter Daten wichtig, weil es nicht nur außerhalb, sondern auch innerhalb der Gesundheitswissenschaften Vertreterinnen und Vertreter gibt, die meinen, dass sich Gesundheit als rein subjektives Phänomen dem Falsifikationsprozedere grundsätzlich entzöge und es deshalb empirisch geradezu notwendig sei, sich allein auf das objektive Vorhandensein oder Fehlen von Krankheit zu konzentrieren, um den Gesundheitszustand der Menschen zu bestimmen.
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Schnabel, PE. (2022). „Homo Oecologicus“ – eine Perspektive, die Natur, Biographie und Gesellschaft zusammenbringt. In: Soziopsychosomatische Gesundheit, robuste Demokratie, Suffizienzökonomie und das „glückliche“ Leben. Gesundheit und Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17810-9_1
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