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Ausgeblendet. ‚Okkulte‘ Wissens- und Erfahrungsbestände in der DDR

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Zusammenfassung

Der Beitrag setzt sich am Beispiel der Parapsychologie und verwandter Gebiete (Astrologie, Wunderheilung, Wünschelruten und so weiter) mit außergewöhnlichen Wissensbeständen, Erfahrungen und Alltagspraxen auseinander, die in der offiziellen DDR-Kultur unter dem Stichwort ‚Aberglauben‘ verhandelt und fast durchgehend scharf kritisiert wurden. Im Einklang mit ihrer vehementen Zurückweisung stand dabei die optimistische Idee, dass solche Ideen und Praxen sich im Rahmen der entwickelten sozialistischen Gesellschaft von selbst erledigen und schnell dem Vergessen anheimfallen würden. Tatsächlich haben sich allerdings entsprechende Deutungskonzepte und individuelle Interessenlagen die ganze DDR über gehalten. Dies führt zu der Frage, was eigentlich mit jenen Erinnerungen geschieht, die schon zu DDR-Zeiten allzu offensichtlich mit der offiziellen Gedächtniskultur in Konflikt gerieten und auch im wiedervereinigten Deutschland höchst informell verhandelt werden.

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Notes

  1. 1.

    Dr. Menze (stellvertretender Kreisarzt) an das Deutsche Hygiene-Museum in Dresden am 25.06.1957. Quelle: Deutsches Hygienemuseum (Kopie vorhanden).

  2. 2.

    Alle Interviews, aus denen in den folgenden Textabschnitten zitiert wird, wurden im Rahmen des Projekts Im Schatten des Szientismus von Andreas Anton geführt.

  3. 3.

    Im übertragenen Sinn ist hermetisch ein Synonym für Alchemie, okkult-esoterische Geheimlehren und magisch arbeitende Gruppen wie der Hermetic Order of the Golden Dawn, der im 19. Jahrhundert bestand und dessen wohl bekanntestes Mitglied Aleister Crowley war. Auch heute existieren religiöse Gruppen, die unmittelbarer in dieser magisch-esoterischen Tradition stehen.

  4. 4.

    Zur Situation von Parapsychologie und Okkultismus in der UdSSR vgl. Menzel et al. (2012); zu den Unterschieden zwischen DDR und UdSSR siehe Schneider und Anton (2014).

  5. 5.

    Eintrag vom 18.08.1978. Es handelt sich hierbei um eine personenbezogene MfS-Akte aus der BStU, die nicht öffentlich einsehbar ist, uns aber von der betroffenen Person freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde.

  6. 6.

    Eine alternative Möglichkeit ist die Entstehung von „Schattenzonen des Wissens“, in denen entsprechende Erfahrungen in einem eng begrenzten Kreis von Wissenden bewahrt und weitergegeben werden können; diese Wissensbestände bleiben jedoch vom generellen kulturellen Austausch ausgeschlossen (vgl. Schetsche 2012).

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Anton, A., Schmied-Knittel, I., Schetsche, M. (2017). Ausgeblendet. ‚Okkulte‘ Wissens- und Erfahrungsbestände in der DDR. In: Haag, H., Heß, P., Leonhard, N. (eds) Volkseigenes Erinnern. Soziales Gedächtnis, Erinnern und Vergessen – Memory Studies. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17548-1_9

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