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„Da war plötzlich alles nicht mehr gut, was mal gut war.“ Die DDR und ostdeutscher Rechtsradikalismus zwischen Diskurs und Familiengedächtnis

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Volkseigenes Erinnern

Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht das komplexe Verhältnis von familialen Gedächtnissen zu öffentlichen Diskursen in Bezug auf die Thematisierung der DDR und fragt, welche Formen der Übersetzung, des Einbaus oder auch der Ablehnung der diskursiven Inhalte beziehungsweise der expliziten Gegenpositionen sich im empirischen Material aus den von uns untersuchten Familien finden. Das geschieht anhand von Ausschnitten aus narrativen Interviews und Gruppendiskussionen in ostdeutschen Familien, die im Rahmen des Forschungsprojektes „Soziale Erinnerungen in differenzierten Gesellschaften“ zwischen 2006 und 2010 geführt und ausgewertet wurden. Als thematische Sonde für das Verhältnis Diskurs und Familiengedächtnis nehmen wir die Thematisierung des gegenwärtigen Rechtsradikalismus in Ostdeutschland. Insgesamt tritt eine deutliche Diskrepanz auf zwischen den diskursiv verhandelten Ursachenzuschreibungen und den von den ostdeutschen Interviewpartner(inne)n vollzogenen Bestandsaufnahmen hinsichtlich Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit in der Gegenwartsgesellschaft. Durchgängig zeigt sich eine intensive Auseinandersetzungen mit den generell als abwertend empfundenen Diskursen zur DDR.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. Schubarth (1993) für eine kurze, aber differenzierte Diskussion der Kontinuitäten der rechtsextremen Jugendmilieus , aber auch der transformationsbedingten anomischen Zustände und dem damit verbundenen Zulauf zu den Rechten.

  2. 2.

    Vgl. für eine ausführliche Darstellung der empirischen Grundlagen des Projektes Sebald et al. (2011, S. 217 ff.).

  3. 3.

    In seinem Interview finden sich auch längere Passagen zum Dopingdiskurs im DDR-Sport.

  4. 4.

    Die Erzählaufforderung lautete für die erste Generation : „Ich möchte Sie bitten, mir Ihr Leben und das Ihrer Familie in der Zeit des Nationalsozialismus zu erzählen, all die Erlebnisse, die für Sie und Ihre Familie persönlich wichtig waren und vielleicht auch noch sind. Sie können sich so viel Zeit nehmen, wie Sie möchten. Ich werde Sie erstmal auch nicht unterbrechen, mir nur einige Notizen zu Fragen machen, auf die ich dann später noch eingehen werde. Und am Ende des Interviews kommen dann noch ein paar Fragen, die wir allen Personen stellen, die wir interviewen.“ Für die zweite Generation wurde der erste Satz durch diese beiden Sätze ersetzt: „Ich möchte Sie bitten, mir das Leben Ihrer Familie, ihrer Eltern/Großeltern in der Zeit des Nationalsozialismus zu erzählen, soweit es Ihnen bekannt ist. All die Erlebnisse, die für Ihre Familie wichtig waren und die in der Familie erzählt wurden und werden.“

  5. 5.

    Vgl. zur keineswegs unproblematischen Situation der Vertragsarbeiter in der DDR etwa Kuck (2003).

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Sebald, G., Lehmann, R. (2017). „Da war plötzlich alles nicht mehr gut, was mal gut war.“ Die DDR und ostdeutscher Rechtsradikalismus zwischen Diskurs und Familiengedächtnis. In: Haag, H., Heß, P., Leonhard, N. (eds) Volkseigenes Erinnern. Soziales Gedächtnis, Erinnern und Vergessen – Memory Studies. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-17548-1_4

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