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Die Identitäre Bewegung oder die Konstruktion eines Mythos europäischer Ursprünge

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Part of the book series: Europa – Politik – Gesellschaft ((EPG))

Zusammenfassung

Der Begriff „identitär“, der heute im politischen Wortschatz Frankreichs vollkommen geläufig ist, hat sich erst im Laufe der letzten Jahre allmählich durchgesetzt. Mit ihm wird jene Mischung aus Ethnozentrismus, Ablehnung der Immigration und Zurückweisung des politischen Islam gekennzeichnet, deren wichtigster Träger der Front National ist, zusammen mit einigen Essayisten, die auf der Grenze zwischen der extremen Rechten und der konservativen Rechten stehen. Der Bloc Identitaire (BI), der 2003 gegründet wurde, war zwar nur eine marginale Gruppierung, die keine Wählerbasis hatte, spielte aber eine bedeutende Rolle bei der Verbreitung des Konzepts und des Begriffs „identitär“, im Verhältnis zu den nationalpopulistischen Parteien mit Wahlauftrag spielte er die Rolle einer ideologischen Avantgarde in der Tradition der Nationalrevolutionäre. Er hat das Konzept mit einem gewissen Medienerfolg insbesondere in die deutschsprachigen Länder (Deutschland und Österreich) exportiert. Allerdings ist die identitäre Familie eine breite Strömung von Ideen, die nicht allein vom BI gespeist wird. Sie entstand in den 1990er Jahren geboren, in einer Zeit als die Neue Rechte sich auf den metapolitischen Bereich zurückgezogen hatte. Die Konzepte eines Ethno-Differenzialismus und einer auf dem indoeuropäischen Erbe basierenden Kultur wurden von Ideologielieferanten bereitgestellt (Guillaume Faye, Pierre Vial), die junge Aktivisten ausbildeten, welche weder der enge französische Nationalismus des FN noch seine offizielle Ideologie der Assimilation nichteuropäischer Ausländer befriedigte.

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Notes

  1. 1.

    A. d. Ü.: „Patrie charnelle“, wörtlich „fleischliches Vaterland“, wird von den Identitären als Gegenbegriff zum Begriff der Nation gesetzt. Unterstrichen werden soll die „natürliche“ regionale Zugehörigkeit durch Abstammung.

  2. 2.

    Geleitet von Richard Roudier in Montpellier, der den Bloc Identitaire verlassen hat, nachdem er zuvor dessen Außenstelle im Languedoc-Roussillon, die Ligue du Midi, ins Leben gerufen hatte.

  3. 3.

    Eine von Pierre Vial gegründete und geführte Bewegung, die mit dem Thule-Seminar von Pierre Krebs zusammenarbeitet.

  4. 4.

    Jugendbewegung vom Typus Wandervogel, die mit dem Freibund in Göttingen in Verbindung steht.

  5. 5.

    Die Formulierung „Völker mit dem längsten Gedächtnis“, die in der identitären Bewegung sehr verbreitet ist, geht auf einen Satz von Nietzsche zurück: „Die Zukunft gehört den Menschen, die das längste Gedächtnis haben.“

  6. 6.

    Einer der seltenen Fälle, in denen der Begriff vor dem Jahr 2000 in der akademischen Welt auftauchte, ist der Titel des Buches von Jean-François Bayart: L’illusion identitaire, Fayard 1996. Unter den Publikationen, die ein Medienecho ausgelöst haben, sind vor allem die folgenden zu nennen: Joseph Macé-Scaron: La panique identitaire, Grasset 2014; Ivan Rioufol: La fracture identitaire, Fayard 2010; Eric Dupin: L’hystérie identitaire, Le Cherche Midi 2004; Daniel Sibony: Le »racisme«, une haine identitaire, Seuil 2001.

  7. 7.

    Vgl. Pierre-André Taguieff, Sur la Nouvelle Droite. Jalons d’une analyse critique, Descartes et Cie 1994.

  8. 8.

    Marine le Pen bestätigt dies: „Die Assimilation bildet nun aber den Schutzwall gegen den Kommunitarismus, der einer der Nährböden für den islamistischen Fundamentalismus ist. Die Antike hat die Regel für den gesunden Menschenverstand in ihrer Weisheit folgendermaßen auf den Punkt gebracht: ‚Wenn Du in Rom bist, verhalte Dich wie die Römer!‘“ (Rede an der Universität Oxford, 5. Februar 2015 ). In einem Gespräch mit dem Verfasser (am 1. Juni 2016) erklärte Marine Le Pen: „Wir können den Muslimen sagen: Sehen Sie das Schloss von Versailles? Gut, es gehört Ihnen. Aber nur unter der Bedingung, dass Sie Franzosen werden.“

  9. 9.

    In Terre et Peuple Nr. 28, Sommer 2006, kündigt Pierre Vial „den Schlüssel zum Kampf der Kulturen“ an: Es ist „der ethnische Krieg, der wichtigste Aspekt im Duell zwischen Nord und Süd.“ Guillaume Faye, der jetzt an runden Tischen des Bloc Identitaire teilnimmt, schreibt: „Der ethnische Bürgerkrieg befindet sich, wie eine kleine Giftschlange, die die Schale ihres Eis zerbricht, erst in seinen sehr bescheidenen Anfängen.“ Vgl. sein Blog mit dem Titel J’ai tout compris [Ich habe alles verstanden]: http://www.gfaye.com/la-guerre-civile-ethnique-est-elle-evitable-probablement-pas/ (04.10.2016).

  10. 10.

    Renaud Camus: Le Grand Remplacement, Éditions David Reinharc 2011.

  11. 11.

    In seiner Fassung von 2015 gibt das „politische Programm“ des Front National an: „Was die legale Einwanderung betrifft, so besteht das Ziel darin, in unserem Land einen Saldo von 10.000 Ausländern pro Jahr zu erreichen.“ Es wird hinzugefügt, dass Migrant/innen, die einen legalen Status haben, aber straffällig oder arbeitslos geworden sind, aufgefordert werden können, das Land zu verlassen.

  12. 12.

    Der Bloc Identitaire hat am 15. November 2014 in Paris ein Tribunal zur Rückwanderung veranstaltet. Das Mouvement pour la Remigration ist eine weitere identitäre Gruppe, die in diesem Bereich tätig ist.

  13. 13.

    Guillaume Faye: L’Archéofuturisme, L'Æncre 1998; ders.: La colonisation de l’Europe, L'Æncre 2000 und vor allem ders.: Pourquoi nous combattons. Manifeste de la Résistance européenne, L'Æncre 2001.

  14. 14.

    Vgl. seinen Blog mit dem Titel J’ai tout compris [Ich habe alles verstanden]: http://www.gfaye.com/la-guerre-civile-ethnique-est-elle-evitable-probablement-pas/ (01.11.2016).

  15. 15.

    Vial war Regionalrat des Front National, danach war er bis 2004 beim Mouvement national républicain [MNR].

  16. 16.

    Christian Bouchet, eine Schlüsselfigur der nationalrevolutionären Strömung seit den 1980er Jahren, hat sich nach der Auflösung der Unité Radicale zunehmend dem Front National angenähert, bis er dessen Sekretär für das Departement Loire-Atlantique wurde.

  17. 17.

    Jean-Yves Camus: Une avant-garde populiste: peuple et nation dans le discours de Nouvelle Résistance. In: Mots, Nr. 55, Juni 1998.

  18. 18.

    Als ehemaliger Kader der Nouvelle Résistance und ehemaliger Mitarbeiter des Bürgermeisters von Orange, Jacques Bompard, ist Beck heute Kabinettsdirektor von Robert Ménard.

  19. 19.

    Nachdem er 2014 zum stellvertretenden Leiter für Kommunikation des FN-Bürgermeisters Julien Sanchez ernannt wurde, scheint er diesen Posten inzwischen verlassen zu haben.

  20. 20.

    Rassemblement Bleu Marine ist eine politische Koalition aus Front National (FN), Souverainité, Identité et Libertés (SIEL), Patrie et Citoyenneté (PeC) und anderen kleineren FN nahen Gruppen.

  21. 21.

    Gespräch mit Fabrice Robert, Paris, Juni 2014.

  22. 22.

    Im Januar 2003 wurde ein Sympathisant von Unité radicale, der 30jährige J.F.T., vorübergehend festgenommen, weil er beabsichtigt haben soll, vor einer Pariser Moschee ein Selbstmordattentat zu begehen.

  23. 23.

    Selbstdarstellung auf der eigenen Website: https://www.generation-identitaire.com/generation-identitaire-2/ (04.10.2016).

  24. 24.

    Vgl. http://www.bloc-identitaire.com/bloc-identitaire/ligne-politique (04.10.2016).

  25. 25.

    Vgl. http://www.bloc-identitaire.com/actualite/2904/hommage-dominique-venner (04.10.2016).

  26. 26.

    Interview in der Zeitschrift der Association des Amis de Jean Mabire, Nr. 38, April 2013.

  27. 27.

    Sein Abschiedsbrief, der als Vermächtnis dient, kann auf einer der wichtigsten Seiten der identitären Strömung eingesehen werden: http://fr.novopress.info/137842/dominique-venner-nous-a-quitte-son-message-dadieu/ (04.10.2016). A. d. Ü.: Eine deutsche Übersetzung des Briefes erschien am 22. Mai 2013 in Junge Freiheit.

  28. 28.

    Vgl. http://www.bloc-identitaire.com/actualite/2904/hommage-dominique-venner (01.11.2016).

  29. 29.

    „Printemps français“ (Französischer Frühling) nennt sich die politische Bewegung, die aus der radikalen Rechten wie auch dem fundamentalistischen katholischen Lager hervorgegangen ist und gegen das Gesetz zur Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare mobilisierte, das am 17. Mai 2013 verabschiedet wurde.

  30. 30.

    Bei dem Ilias Institut handelt es sich um einen neuheidnischen und identitären Verein, der seit dem Tod von Dominique Venner dessen Ideen über das indo-europäische Erbe Europas verbeitet. Das Ilias Institut steht dem von Pierre Krebs geleiteten Thule-Seminar in Deutschland nahe.

  31. 31.

    Vgl. dazu Fabian Virchow, The „Identitarian Movement‟: What Kind of Identity? Is it really a Movement? In: Particia A. Simpson und Hekga Druxes (Hrsg.), Digital Media Strategies of the Far Right in Europe and the United States. Lexington Books 2015, S. 177–190.

  32. 32.

    Die wichtigsten sind: http://fr.novopress.info/ (04.10.2016), vorgestellt als eine „Waffe der Reinformation“, und http://www.fdesouche.com (04.10.2016).

  33. 33.

    Zum Beispiel Malfoutu, Nr. 1, April/Mai 2010, das die Pariser Sektion namens Projet Apache veröffentlicht hat.

  34. 34.

    So die Bestandsaufnahme bei unserem Besuch am 28. August 2015, den wir der Mitwirkung von Philippe Vardon zu verdanken hatten.

  35. 35.

    https://iboesterreich.at/ und http://identitaere-bewegung.de/ (04.10.2016).

  36. 36.

    http://www.arktos.com/books.html (04.10.2016). Arktos scheint bisher der wichtigste Verlag für diejenigen zu sein, die sich auf identitäre und nationalrevolutionäre Strömungen berufen, und auch bei deren Verbreitung im Netz scheint er eine große Rolle zu spielen.

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Camus, JY. (2017). Die Identitäre Bewegung oder die Konstruktion eines Mythos europäischer Ursprünge. In: Hentges, G., Nottbohm, K., Platzer, HW. (eds) Europäische Identität in der Krise?. Europa – Politik – Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14951-2_10

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-14950-5

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