Zusammenfassung
Zeit scheint in modernen Gesellschaften zu einem raren Gut geworden zu sein. Viele Menschen empfinden eine tiefe Sehnsucht nach Zeit und möglicherweise auch nach Aufmerksamkeit. Der Beitrag wirft einen Blick auf dieses Empfinden, verankert es in den Dynamiken moderner Gesellschaften und ordnet es in den Kontext der touristischen Reise ein. Es wird erörtert, in welcher Beziehung die touristische Reise zu den Sehnsüchten nach Zeit und Aufmerksamkeit steht, inwiefern sich die Reiselust daraus nährt und ob der Tourismus diese Sehnsüchte befriedigen kann. Der Essay bietet keine finalen Antworten, sondern präsentiert sieben Thesen, welche das Spannungsfeld zwischen Gesellschaft und touristischer Reise rund um diese Sehnsüchte nach Zeit und Aufmerksamkeit festhalten sollen. Zudem werden praktische Implikationen für die Touristik diskutiert.
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Notes
- 1.
Binswanger (2006).
- 2.
Burisch (2014).
- 3.
Noch präziser zu beschreiben wäre diese Entwicklung wohl als sich immer mehr öffnende Schere zwischen denen, die in immer weniger Zeit immer mehr arbeiten und jenen, die überhaupt keiner erwerbsmäßigen Arbeit nachgehen (können).
- 4.
- 5.
- 6.
Veblen (1973 [1899]).
- 7.
Liessmann (2011, S. 4).
- 8.
Vergleiche dazu Adornos Bemerkung von Kunst bzw. Schönheit als Versprechen von Glück (Adorno 1974).
- 9.
Kano et al. (1984).
- 10.
Siehe dazu auch Spode in diesem Band.
- 11.
Goethe schreibt an Caroline Herder (1788; n. Rieger 2011).
- 12.
Der Touring Club Italiano (TCI) ist ein nicht gewinnorientierter Verein zur Förderung des Tourismus.
- 13.
Buzzati (2012 [1948], S. 12), Übersetzung der Verfasser.
- 14.
- 15.
Vgl. dazu Müller (2011); die verschiedenen Ansätze unterscheiden sich vor allem in ihren Annahmen über die Antriebskräfte des Strebens nach Gegenwelten.
- 16.
- 17.
Vgl. Dreyer (2012), basierend auf der Reisenanalyse von 2011.
- 18.
FUR (2014).
- 19.
- 20.
- 21.
Knebel (1960).
- 22.
Sightseeing stellt für Enzensberger (1958) ein Grundelement der Reise dar.
- 23.
- 24.
Wagner (1970, S. 24).
- 25.
Wagner (1970, S. 24).
- 26.
Diese Aspekte ergänzen die schon vorher genannten Zeitbezüge, die daneben weiterbestehen.
- 27.
- 28.
- 29.
- 30.
Eriksen (2001, S. 242).
- 31.
- 32.
Wittmann (2012).
- 33.
- 34.
- 35.
Opportunitätskosten bezeichnen den entgangenen Nutzen der nicht wahrgenommenen Optionen.
- 36.
Vgl. Franck (1998).
- 37.
Diskussionsbeitrag von W. Schmid im Rahmen der Veranstaltung vigilius sensus 2013.
- 38.
Vgl. auch Schmid (2014).
- 39.
Vgl. z. B. Schwartz (2004).
- 40.
Binswanger (2006).
- 41.
Vgl. Schwartz (2004).
- 42.
Wagner (1970).
- 43.
Schirrmacher (2009).
- 44.
Enzensberger (1958).
- 45.
Das besagt die sogenannte Kongruenz- oder Generalisationshypothese (Müller 2011).
- 46.
Wir verdanken einer Diskussion mit Hasso Spode den Gedanken, dass möglicherweise Welt bzw. Alltag und Gegenwelt letztendlich Teil eines gemeinsamen Systems im Sinne Luhmanns sind, welches beide Teilsysteme umfasst.
- 47.
- 48.
- 49.
Volgger et al. (2013).
- 50.
Scheppe und Steinfeld (2012, S. 21).
- 51.
Scheppe (2012).
- 52.
Diskussionsbeitrag von W. Schmid im Rahmen der Veranstaltung vigilius sensus 2013.
- 53.
- 54.
Siehe dazu auch Pechlaner und Raich (2007).
- 55.
Houellebecq (2003 [2001], S. 20 f.).
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Volgger, M., Pechlaner, H. (2017). Sehnsucht nach Zeit: Aufmerksamkeit als Reisemotiv?. In: Pechlaner, H., Volgger, M. (eds) Die Gesellschaft auf Reisen – Eine Reise in die Gesellschaft. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14114-1_5
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