Zusammenfassung
Wenn wir gewillt sind, Handlungen auszulösen beim Kunden, dann werden uns die Automatismen interessieren: Jene Handlungsmuster, die als Anlage in uns schlummern und bloß angeklickt zu werden brauchen, damit sie in offenes Verhalten übertreten. Der Neurobiologe Benjamin Libet hat sie in seinem Modell geortet: Sie machen sich bemerkbar, bevor Bewusstsein ins Spiel kommt. Sie werden wachgerufen durch äußere Stimuli und bahnen das Verhalten an. Einmal in Fahrt gekommen, hat das betroffene Individuum nur noch eine geringe Chance, die Handlungsneigung zu stoppen. Kaum mehr möglich, sie in eine andere Bahn zu lenken. Das Bewusstsein könnte das allenfalls noch bewerkstelligen – es ist hingegen träge und langsam. Es rafft sich nur in kritischen Fällen auf, um zu intervenieren und gegebenenfalls noch sein „Veto“ einzulegen. Für uns Marketers sind die Handlungsautomatismen interessant. Denn es bedarf nur eines geringen Anstoßes, um sie zu aktivieren. In Kenntnis dieser Mechanismen können wir Reize gezielt ansetzen, mit minimalster Dosis, und ein offenes Verhalten tritt zutage, das wir dann lenken können auf die von uns vorgesehene Prozessbahn.
This is a preview of subscription content, log in via an institution.
Buying options
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Learn about institutional subscriptionsNotes
- 1.
Einen hervorragenden Überblick vermittelt der Verhaltensbiologe Eibl-Eibesfeldt in seinem Standardwerk (2004).
- 2.
Die folgenden Ausführungen halten sich an die Darstellung von Rutschmann (2013, S. 156 ff.).
- 3.
Der Text beruht auf einem Aufsatz, den der Autor für www.edge.org verfasst hat.
- 4.
Wie ein aufschlussreiches Experiment von Stephen Worchel belegt, dargestellt in Cialdini (2013, S. 314 ff.).
- 5.
Der Ursprung dieser Metapher ist dabei irrelevant. Dass sie auf das 18. Jahrhundert zurückgeht und aus der französischen Nationalversammlung hervorgegangen ist, wo links die revolutionäre und oppositionelle Seite Platz nahm und rechts das Bürgertum, ist für die Wirkung dieser Metapher unerheblich.
- 6.
Die Wirkung von Frames auf die menschliche Motorik wird deshalb auch „Florida-Effekt“ genannt. Ihre Entdecker sind: Bargh et al. (1996, S. 230–244).
- 7.
Eco sagt dazu: „Vielleicht um ein Phantom auszutreiben, das sie von nahem bedrängt, hat die deutsche Kultur mit Eifer ein Stichwort für dieses Phänomen gebildet und in eine Kategorie gefasst, die des Kitsches, die so genau ist, dass der Terminus, der sich als unübersetzbar erwies, wörtlich in andere Sprachen verpflanzt wurde!“; in: Eco (1984, S. 60).
- 8.
Nur dann nicht, wenn die Creative Director s der Werbung Interviews in den Medien geben.
- 9.
Aus einer Pressemitteilung von Nestlé Schweiz 21.04.2006.
- 10.
Das Beispiel ist aufgeführt in: Cialdini (2013, S. 222). Dort sind weitere Untersuchungen angeführt, welche die äußerliche Attraktivität als Wirkfaktor belegen.
- 11.
Cialdini (2013, S. 237–240) und die dort dargestellten Quellen.
- 12.
Ein Experiment von Bornstein, Leone and Galley, dargestellt in: Cialdini (2013, S. 230).
Literatur
Aronson, E., Wilson, T., Akert, R.: Sozialpsychologie, 4. Aufl. Pearson Studium, München (2004)
Bandura, A.: Social learning Theory. General Learning Press, New York (1977)
Bargh, J.A., Chen, M., Burrows, L.: Automaticity of social behavior: Direct effects of trait construct and stereotype activation on action. J. Pers. Soc. Psychol. 71(2), 230 (1996)
Berns, G.S., et al.: Neurobiological correlates of social conformity and independence during mental rotation. Biol Psychiatry 58(3), 245–253 (2005)
Campell, J.: Mythologie der Urvölker, Die Masken Gottes, Bd. 1. Sphinx, Basel (1991)
Eco, U.: Apokalyptiker und Integrierte, Zur kritischen Kritik der Massenkultur, 2. Aufl. Fischer, Frankfurt a. M. (1984)
Eibl-Eibesfeldt, I.: Die Biologie des menschlichen Verhaltens, Grundriss der Humanethologie, 5. Aufl. Piper, München (2004)
Ekman, P.: Gesichtsausdruck und Gefühl. Junfermann-Verlag, Paderborn (1988)
Friedmann, M.: There is no such Thing as a Free Lunch. Open Court Publishing Company, Chicago (1975)
Cialdini, R.B.: Die Psychologie des Überzeugens, Wie Sie sich selbst und Ihren Mitmenschen auf die Schliche kommen, 7. Aufl. Huber, Bern (2013)
Kroeber-Riel, W., Esch, F.R.: Strategie und Technik der Werbung, Verhaltenswissenschaftliche Ansätze (6. überarbeitete und erweiterte Aufl.). Kohlhammer GmbH, Stuttgart (2004)
Kroeber-Riel, W., Weinberg, P., Gröppel-Klein, A.: Konsumentenverhalten (9. überarbeitete, aktualisierte und ergänzte Aufl.). Vahlen, München (2009)
Greenspoon, J.: The reinforcing effect of two spoken sounds on the frequency of two responses. Am. J. Psychol. 68(3), 409–416 (1995)
Griskevicius, V., Durante, K.M.: Evolution and consumer behavior. In: Norton, M., Rucker, D., Lamberton, C. (Hrsg.) The Cambridge Handbook of Consumer Psychology, S. 122–155. Cambridge University Press, New York (2015)
Griskevicius, V., Redden, J.P., Ackerman, J.M.: The fundamental motives for why we buy. In: Preston, D., Stephanie, D., Kringelbach, M.L., Knutson, B. (Hrsg.) The Interdisciplinary Science of Consumption. Massachusetts Institute of Technology/The MIT Press, Cambridge (2014)
Hebb, D.O.: A Textbook of Psychology, 3. Aufl. Saunders, Philadelphia (1972)
Kahneman, D.: Schnelles Denken, langsames Denken. Siedler, München (2012)
Martin, S.J. et al.: Überzeugen mit einfachen Kniffen. Huber (2015)
Moriarty, T.: Crime, commitment, and the responsive bystander. J. Pers. Soc Psychol. 31(2), 370–376 (1975)
Morris, D.: Der nackte Affe. Droemer Knaur, München (1968)
Nestlé Schweiz: betrifft eine Mitteilung aus der Nestlé-Medienabteilung, eben 21.04.2006
Pöppel, E., Wagner, B.: Je älter desto besser, Überraschende Erkenntnisse aus der Hirnforschung, 4. Aufl. Gräfe und Unzer, München (2012)
Regans, D.: Effects of a fyvor and liking on compliance. J. Exp. Soc. Psychol. 7, 627–639 (1971)
Rizzolatti, G., Fogassi, L., Gallese, V.: Motor and congitive functions of the ventral premotor cortex. Current opinion in neurobiology Bd. 12, Nummer 2, April 2002. Bertelsmann, München (2002)
Rutschmann, M.: Abschied vom Branding, 2. Aufl. Springer Gabler, Wiesbaden (2013)
Strauß, B.: Allein mit allen. Hanser, München (2014)
Tooby, J.: Im Kollektiv sind wir dümmer. Der Koalitionsinstinkt ist ein Faktor in der Erfolgsgeschichte unserer Spezies – aber er hat auch Schattenseiten. In: Neue Zürcher Zeitung 17.02.2017 (2017)
Tversky, A., Kahneman, D.: Choices, values and frames. Am. Psychol. 39(4), 341–350 (1984)
Wehling, E.: Politisches Framing, Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht. Halem, Köln (2016)
Zajonc, R.: Attitudinal effects of mere exposure. J. Pers. Soc. Psychol. 9,1–27 (1968)
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
Copyright information
© 2018 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
About this chapter
Cite this chapter
Rutschmann, M. (2018). Handlungen, die ganz leicht abzurufen sind: sogenannte Automatismen . In: Kaufprozessorientiertes Marketing: Stop Branding, Start Selling!. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-14057-1_9
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-14057-1_9
Published:
Publisher Name: Springer Gabler, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-658-14056-4
Online ISBN: 978-3-658-14057-1
eBook Packages: Business and Economics (German Language)